Gent. Für Gent, den zweitgrößten belgischen Seehafen, verbindet sich mit 2011 das bislang beste Umschlagergebnis seiner Geschichte. Wie die Hafenverwaltung am Dienstag bekannt gab, wurden im Berichtsjahr mit rund 50 Millionen Tonnen gut 4,4 Prozent mehr Güter über die Kaikanten bewegt als im Vorjahr. Dabei entfielen gut 27,2 Millionen Tonnen auf den Seeschiffs-Verkehr und weitere 22,8 Millionen Tonnen (plus 10,6 Prozent) auf den Binnenschiffs-Verkehr. Bei diesem erfolgreichen Ergebnis hat nach Einschätzung des Hafenmanagements einmal mehr die Universalhafen-Struktur Gents eine Rolle gespielt.
So groß die Freude über das Wachstum als solches ist; der Hafen beobachtet auch gewisse Trends mit Sorge, die sich mittel- und längerfristig auf die Wettbewerbsfähigkeit des flämischen Hafens auswirken. Dazu gehört vor allem, dass auch Gent die Folgen des weltweiten Einsatzes immer größerer Schiffe zu spüren bekommt. Konkret: 2011 stagnierte der Seegüterumschlag bei rund 27,2 Millionen Tonnen. Zugleich ging die Anzahl der Hochseefrachter im Berichtsjahr um 85 Schiffe auf 3351 Einheiten zurück. Bei den per Seeschiff transportierten Waren dominierten trockenes Massengut (Anteil: 63 Prozent) sowie Flüssiggüter (16 Prozent).
Dem langsamen Rückgang des Seeschiff-Anteils am Gesamtumschlag steht eine geradezu rasante Zunahme des Binnenschiffsverkehrs gegenüber. Mit diesem Verkehrsträger wurden im vergangenen Jahr rund 22,8 Millionen t transportiert. Im vergangenen Jahr zählt der Hafen insgesamt 16.236 Binnenschiffe, was einer Zunahme gegenüber 2010 von 1381 Schiffen entspricht.
Der Mengensprung in der Binnenschifffahrt hat in einem gewissen Umfang auch damit zu tun, dass sich der auf niederländischem Staatsgebiet befindliche Schleusenkomplex in Teurneuzen immer deutlicher als Engpass für den Schiffsverkehr von und nach Gent erweist. Dieser erfolgt über den Gent-Terneuzen-Kanal, der bereits 1827 eröffnet und in den Folgejahrzehnten immer weiter ausgebaut werden. Die 32 Kilometer lange, künstliche Wasserstraße stellt den Anschluss Gents an die offene See dar. Über drei Schleusen, davon zwei nur für den Binnenschiffsverkehr, wird das Schiffsaufkommen abgefertigt. Seit mehreren Jahren drängt Gent darauf, dass eine weitere, größere Seeschleuse gebaut wird, durch die auch Post-Panmax-Frachter fahren können. Zwischen den Niederlanden und Belgien besteht über die Notwendigkeit des Neubaus grundsätzlich Einvernehmen. Der große Knackpunkt stellt jedoch die Finanzierung dar. Das Projekt soll nach derzeitigem Planungsstand rund 800 Millionen Euro kosten – fast drei Mal soviel wie die neue Kaiserschleuse in Bremerhaven, die im April 2011 eröffnet wurde (Kosten: 233 Millionen Euro).
Das Genter Hafen-Management drängte jetzt nochmals auf einen raschen Baustart. Ursprünglich sollte die neue Schleuse im Jahr 2018 ans Netz gehen. Während der Anteil der Überseeschiffe 2010 erstmals zurückging, gewannen neben der Binnenschifffahrt auch die Küstenschifffahrt weiter an Bedeutung. (eha)