Güterverkehr nimmt weiter zu

Das Jahr 2016 hat nicht sehr gut begonnen für die Transportbranche. Die beiden ersten Umfragen zum Jahresauftakt von Prognos/ZEW und dem Ifo-Institut, die sich mit den Erwartungen der Transport- und Logistikbranche beschäftigten, kamen beide zum gleichen, wenig verheißungsvollen Ergebnis: Die Stimmung trübt sich zunehmend ein. Prognose für 2016: 1,9 Prozent Zuwachs Etwas zuversichtlicher zeigten sich hingegen die von der VerkehrsRundschau befragten Transportdienstleister und Verlader (siehe VR 12/2016, Seite 18): Sie sagten immerhin ein Mengenwachstum um 1,9 Prozent voraus bis zum ersten Quartal 2017. Das entspricht nahezu dem Zuwachs, welches die neue Mittelfristprognose für den Straßengüterverkehr in Deutschland prognostiziert. Nach Einschätzung von TCI Röhling, die die Untersuchung im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums gemacht hat, soll das Aufkommen im Güterverkehr 2016 um 1,7 Prozent steigen. Die jedoch interessantere und aussagekräftigere Größe ist die Verkehrsleistung, weil in diesem Wert auch berücksichtigt wird, über welche Strecke das Transportgut befördert wird. Die Gutachter kommen zu dem Ergebnis, dass 2016 die Güterverkehrsleistung in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr um immerhin 1,9 Prozent wächst. Das ist deutlich mehr als im gerade abgelaufenen Jahr (+ 1,2 Prozent nach vorläufigen Zahlen). Die Verkehrsexperten haben zudem noch einen Blick in den Zeitkorridor 2017 bis 2019 geworfen. Hier prognostizieren sie ein Abflauen des Wachstums der Verkehrsleistung auf jährlich 1,1 Prozent (siehe Grafik Seite 23). Aber immerhin, die Transportdienstleister können sich darauf einstellen, dass ihre Auftragsbücher in den kommenden Jahren voller werden. Sofern die Prognosen auch eintreten, was in bewegten Zeiten wie diesen nochmals unsicherer ist als bei Vorhersagen ohnehin schon. Denn nach wie vor sind die Schwankungen in der Wirtschaft hoch, und es gibt zahlreiche Entwicklungen, deren Ausgang unsicher sind: "Die unerwarteten Flüchtlingsströme, die damit einhergehende zunehmende Wohnungsnot, die fortschreitende Konsolidierung der chinesischen Wirtschaft, der Einbruch der Rohstoffpreise, die politischen Spannungen mit Russland und im Nahen Osten": Das sind laut den Autoren der Prognose "nur einige Faktoren, die eine Prognose der Verkehrsnachfrage erschweren". Das Wirtschaftswachstum gilt als eine der wichtigsten Einflussgrößen für die Entwicklung im Transportmarkt. Hier haben die Experten von TCI Röhling die Prognose des Bundeswirtschaftsministeriums aus dem Januar 2016 als Grundlage herangezogen. Danach soll in Deutschland das Bruttoinlandsprodukt 2016 um 1,7 Prozent klettern. 2017 bis 2019 schwächt sich das Wachstum auf 1,6 Prozent ab. Der private Konsum ist 2016 ein Treiber mit einer Zunahme von 1,9 Prozent, bedingt unter anderem durch einen kräftigen Anstieg des real verfügbaren Einkommens der privaten Haushalte und die niedrigen Energiepreise. Auch der Außenhandel wächst weiter, wenn auch 2016 mit 3,2 Prozent beim Export (2015: 5,4 Prozent) und mit 4,8 Prozent beim Import (2015: 5,7 Prozent) nicht mehr ganz so stark. Grund für die positive Entwicklung ist die gute Entwicklung im Welthandel. Auch wenn in China sich das Wachstum immer mehr abschwächt (2016 noch 6,3 Prozent nach 6,9 Prozent im Vorjahr; ab 2017 dann noch jährlich 6,0 Prozent), ist es immer noch deutlich positiv. Eine belebende Wirkung haben die niedrigen Ölpreise, direkt für die Transportbranche als Kostenfaktor, aber auch für die Wirtschaft und auf den privaten Konsum. 2015 musste für ein Barrel Brent ein Durchschnittspreis von 53 US-Dollar gezahlt werden. Damit lag dieser Wert um 46 Prozent niedriger als 2014. Ursache war ein weltweites Überangebot. "Dies wird sich mit dem Eintritt des Irans in den weltweiten Ölmarkt noch verstärken", heißt es in der Prognose. Deshalb rechnet der Internationale Währungsfonds (IWF) laut der Mittelfristprognose damit, dass der Ölpreis 2016 noch mal um etwa 18 Prozent nachgibt. Dann ist die Talfahrt aber auch beendet. Für den Zeitraum zwischen 2017 und 2019 ist laut IWF-Vorhersage mit einem Anstieg von jährlich acht Prozent zu rechnen. Damit wäre Öl 2019 immer noch günstiger als 2014. Positiv auf die konjunkturelle Entwicklung und damit auf die Transportnachfrage wirkt sich auch das aktuelle Zinsniveau aus. Die Autoren der Prognose gehen davon aus, dass sich daran auf absehbare Zeit in Europa nichts ändern wird und dies somit die Finanzierung von Wohn- und Industriebauten, von Investitionen und privaten Konsumausgaben erleichtert. Vor allem die Bauindustrie profitiert davon, die wiederum eine große Bedeutung für die Transportbranche hat - beim Aufkommen sogar eine alles überragende. So sind 25 Prozent aller transportierten Güter laut Mittelfristprognose der Entwicklung im Güterbereich "Steine und Erden" zuzuordnen. Da allerdings Baumaterialien in der Regel nur über sehr kurze Entfernungen transportiert werden, schwindet die Bedeutung der Baubranche, wenn man die Verkehrsleistung als Maßstab heranzieht. Aufgrund der hohen Nachfrage wurde für das Baugewerbe ein Plus von jährlich zwei Prozent für 2016 und 2017 angenommen. Transportdienstleister, die in diesem Sektor tätig sind, können sich also auf eine hohe Nachfrage einstellen. Aber auch danach fallen die jährlichen Wachstumsraten mit 1,5 Prozent sehr ordentlich aus. Der Lkw bleibt das Maß aller Dinge Ebenfalls aufwärts geht es in den konsumnahen Branchen wie Nahrungsmittel, Getränke (+ 1 Prozent Wachstum) sowie in der Textilindustrie, Bekleidung (+ 2,0 Prozent 2016, danach + 1,0 Prozent). Eine Zunahme der Produktion in Höhe von ein Prozent wird auch der chemischen Industrie, der Automobilindustrie und dem Maschinenbau vorhergesagt. Nicht so gut läuft es hingegen in der Stahl- und metallerzeugenden Industrie: 2016 wird noch mit einem kleinen Plus (+ 0,6 Prozent) gerechnet. Ab 2017 muss sich die Branche und mit ihr deren Transportdienstleister auf eine Stagnation einstellen. Die spannende Frage ist jetzt, wie die jeweiligen Verkehrsträger vom Wachstum profitieren. Die von der Politik gewünschte Verlagerung gelingt nicht, der Lkw bleibt das Maß aller Dinge. Nicht nur, dass der Güterverkehr auf der Straße weiter zunimmt. Er wächst auch stärker als die beiden anderen Verkehrsträger. Das wird auch am Modal-Split der Landverkehrsträger deutlich (siehe Grafik unten): Der Lkw kann seinen Anteil von 72,4 Prozent (2013) bis 2019 weiter steigern auf 73,9 Prozent. Das geht zulasten der Binnenschifffahrt, die mehr als einen Prozentpunkt verliert und nur noch auf 8,4 Prozent (2019) kommt. Aber auch die Bahn kann sich nicht verbessern, im Gegenteil: Sie verliert Anteile, wenn auch mit 0,3 Prozentpunkte in sechs Jahren kaum fühlbar. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass der Bedarf am Transport von Massengütern wie Kohle, Erze und landwirtschaftliche Produkte in den kommenden Jahren abnimmt. Hingegen werden immer mehr Stückgüter, Container oder auch Bauprodukte befördert: eine Domäne des Lkw. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Konjunktur www.verkehrsrundschau.de/dossiers Strassengüterverkehr Bedingt positive Entwicklung Der Straßengüterverkehr nimmt bis 2019 weiter zu. 2016 ist er der einzige Landverkehrsträger, der beim Wachstum über die Zwei-Prozent-Hürde (+ 2,1 Prozent) hüpft. Dieses Tempo kann der Lkw allerdings nicht halten. Zwischen 2017 und 2019 halbiert sich die Wachstumsrate und erreicht 1,1 Prozent.Die Unternehmen im Straßengüterverkehr profitieren von der guten Konjunktur. Vor allem der Aufschwung in der Bauwirtschaft, aber auch die positive Entwicklung in der Chemie- und Autoindustrie spielt ihnen in die Karten. Hinzu kommt, dass der zumindest 2016 weiterhin niedrige Dieselpreis dazu führt, dass der Lkw auch preislich gegenüber der Bahn und dem Binnenschiff wettbewerbsfähig ist.Doch zumindest für die hiesigen Lkw-Transportunternehmer ist diese Vorhersage nicht so positiv, wie sie auf den ersten Blick scheint. Denn nach wie vor gewinnen ausländische Lkw Marktanteile. 2016 wächst die Güterverkehrsleistung deutscher Fahrzeuge mit 1,9 Prozent zwar stärker als im Vorjahr (1,6 Prozent). Aber die ausländischen Lkw sollen in diesem Jahr um 2,4 Prozent zulegen. Allerdings: 2015 waren es sogar 3,2 Prozent, sodass der Abstand bei den Wachstumsraten 2016 schrumpft.Ab 2017 geht die Wachstumsrate deutscher Lkw jedoch auf 0,8 Prozent zurück. Ausländische Fahrzeuge können um 1,7 Prozent zulegen. Bedenklicher als der wieder zunehmende Abstand zwischen deutschen und ausländischen Lkw ist die Wachstumsrate ab 2017: 0,8 Prozent pro Jahr, das ist nicht viel und könnte so manchem Unternehmen Probleme bereiten. cd Schienengüterverkehr Kombinierter Verkehr als Wachstumstreiber Auch im Schienengüterverkehr geht es 2016 bergauf. Nach einem schwierigen Jahr 2015, als der Lokführerstreik bei der Deutschen Bahn zu einem Rückgang beim Aufkommen (- 1,0 Prozent) führte, aber dennoch ein Plus bei der Verkehrsleistung (1,4 Prozent) erreicht wurde, soll die Verkehrsleistung 2016 um 1,5 Prozent zulegen. Aufgrund einer sich leicht abschwächenden wirtschaftlichen Entwicklung nimmt die Bahn bis 2019 nur noch um 1,0 Prozent zu. Ein Wachstumstreiber bleibt der Kombinierte Verkehr, der deutlich besser abschneidet.2016 wird hier eine Zunahme von 3,0 Prozent erwartet. Auch in den Jahren 2017 bis 2019 soll ein überdurchschnittliches Plus erzielt werden mit 2,6 Prozent jährlich. Als Grund für den Boom werden die weiterhin hohen Wachstumsraten im Außenhandel und die damit einhergehenden Zunahmen im Seehafenhinterlandverkehr genannt. cd

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