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Grüne und FDP lehnen chinesischen Einstieg bei Hamburger Hafenterminal ab

21.10.2022 11:40 Uhr | Lesezeit: 3 min
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Hintergrund des Streits ist eine 2021 geschlossene Vereinbarung zwischen dem Hamburger Hafenlogistiker HHLA und dem chinesischen Terminalbetreiber Cosco (Symbolbild)
© Foto: HHLA/Martin Elsen

Der geplante Einstieg eines chinesischen Konzerns bei einem Hamburger Containerterminal wird immer mehr zum Streitthema der Koalition: Grüne und FDP kritisieren das Vorhaben. Aus der SPD kommen leisere Töne.

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Der Streit in der Ampelkoalition über den geplanten Einstieg eines chinesischen Konzerns bei einem Containerterminal im Hamburger Hafen dauert an. Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann kritisierte das Festhalten des Kanzleramtes an dem Vorhaben.

„Was muss in der Welt eigentlich noch passieren, damit Deutschland in der Realität ankommt und nicht Männchen macht vor den Feinden der freien demokratischen Welt? Ein Verkauf von kritischer Infrastruktur an China ist ein krasser Fehler und gehört unterbunden“, sagte die Verteidigungspolitikerin der Deutschen Presse-Agentur. Sie sei froh, dass die beteiligten Bundesministerien gegen das Kanzleramt standhaft blieben.

35-prozentige Beteiligung an Tollerort

Hintergrund des Streits ist eine 2021 geschlossene Vereinbarung zwischen dem Hamburger Hafenlogistiker HHLA und dem chinesischen Terminalbetreiber Cosco Shipping Ports Limited über eine 35-prozentige Beteiligung der Chinesen am HHLA-Terminal Tollerort in der Hansestadt. Die Bundesregierung könnte den Einstieg untersagen.

Befürworter des Geschäfts wie der Hamburger Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) argumentieren, dass der Konzern keinen Zugriff auf die kritische Infrastruktur bekommt und der Grundbesitz bei der öffentlichen Hand bleibt.

Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) hat im Streit um die geplante Beteiligung des chinesischen Staatskonzerns Cosco an einem HHLA-Containerterminal im Hamburger Hafen Sachlichkeit angemahnt. „Dass in der aktuellen Lage Leute bei solchen (Minderheits-)Beteiligungen Fragen haben, ist mehr als verständlich“, twitterte er am 21. Oktober. Dass es sich um einen „#ChinaSellOut“ (Ausverkauf an China) handele, stimme nicht.

„Da sollten die vielen selbst ernannten Hafen-Experten quer durch die Republik mal bei den Fakten bleiben“, forderte Dressel. Er verwies auf eine Erklärung des städtischen Hafenlogistikers HHLA.

Darin hatte dieser betont, dass Cosco durch die geplante Beteiligung keinen Zugriff auf den Hamburger Hafen oder die HHLA und auch nicht auf strategisches Know-how erlange. Zudem bekomme Cosco an dem Terminal auch keine exklusiven Rechte. Insofern würden durch die Beteiligung auch keine einseitigen Abhängigkeiten geschaffen, sagte ein HHLA-Sprecher. „Im Gegenteil: Sie stärkt die Lieferketten, sichert Arbeitsplätze und fördert Wertschöpfung in Deutschland.“

Sprecher: Noch Abstimmung der Regierung zu China-Einstieg bei Hafen

Die Bundesregierung will sich intern noch abstimmen zu einer gemeinsamen Position über den chinesischen Einstieg. Das sagte ein Regierungssprecher am  21. Oktober in Berlin. Die Meinungsbildung in der Regierung sei noch nicht abgeschlossen.

Kanzler Olaf Scholz (SPD) habe sich bisher zu dieser Frage noch nicht mit den beteiligten Ministern ausgetauscht, so der Sprecher. Dies müsse abgewartet werden. Zu konkreten Fragen über den geplanten Einstieg selbst wollte sich der Sprecher nicht äußern.

Zwischen dem Bundeskanzleramt und mehreren Ministerien gibt es nach Medieninformationen Streit um die Genehmigung des Einstiegs. Die Bundesregierung könnte diesen untersagen.

FDP und Grüne warnen vor Abhängigkeit

FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte der „Rheinischen Post“ am 21. Oktober: „Ich halte es für falsch, dass ein autoritäres Regime Einfluss auf unsere kritische Infrastruktur nimmt.“ Das gelte auch für den Hamburger Hafen. Man dürfe nicht alles auf eine Karte setzen und sich zu abhängig machen. „Aus den Fehlern der Vergangenheit sollten wir lernen - und Wege finden, Handel zu betreiben ohne sich erpressbar zu machen.“

Ähnlich äußerte sich ebenfalls zuvor der Grünen-Parteichef Omid Nouripour. Es gehe überhaupt nicht, einem Land wie China die Kontrolle über kritische Infrastruktur in Deutschland zu überlassen, sagte er am 21. Oktober im Deutschlandfunk.

Nouripour warnte zudem vor dem Einfluss Chinas auf die Unternehmen. Die mögliche Beteiligung an dem Terminal bedeute, dass man Informationen und Einsicht in alle Unterlagen habe. Das Terminal betreffe das China-Geschäft und das gesamte Asien-Geschäft des Hamburger Hafens. Das bedeute, dass die Firma Einfluss darauf hätte, ob Frachter aus Taiwan dort andocken könnten.

SPD findet genaue Prüfung wichtig

SPD-Fraktionsvizechef Detlef Müller warnte vor Abhängigkeiten von China. „Es ist richtig und wichtig, dass die mögliche 35-Prozent-Minderheitsbeteiligung der chinesischen Rederei Cosco an der Betreibergesellschaft des Hamburger Containerterminals Tollerort sehr genau geprüft wird, um Abhängigkeiten von China auszuschließen“, sagte er der dpa.

Die Hafeninfrastruktur müsse in öffentlicher Hand bleiben. Dies wäre auch bei einer Minderheitsbeteiligung an der Betreibergesellschaft des Terminals der Fall, weil diese die Terminalflächen von der Hansestadt anmiete.

„Es muss aber sichergestellt sein, dass die IT-Infrastruktur samt Daten vor chinesischem Zugriff gesichert ist und das Terminal für andere Kunden zugänglich bleibt“, sagte Müller. Klar sei auch, dass der Hamburger Hafen in Konkurrenz zu anderen Häfen wie Rotterdam und Antwerpen stehe und daher Standortnachteile verhindern wolle.

Chinas Pläne einer maritimen Seidenstraße

Für China, die größte Handelsnation der Welt, sind die Beteiligungen an Häfen ein wichtiger Teil seiner Infrastruktur-Initiative der „Neuen Seidenstraße“ (Belt and Road, BRI). Dieses 2013 von Staats- und Parteichef Xi Jinping gestartete gigantische Projekt mit Milliarden-Investitionen soll nicht nur Handelskorridore über Land schaffen, sondern auch über See - also eine „maritime Seidenstraße“ (MSR) mit Beteiligungen an einer Reihe wichtiger Häfen entlang der Schiffsrouten für den Handel von und nach China.

Aktivitäten in anderen Häfen

Nach offiziell unbestätigten Medienberichten gibt es weltweit chinesische Investitionen in rund 100 Häfen in rund 60 Ländern. Vor allem die staatlichen Unternehmen Cosco (China Ocean Shipping Company) und China Merchants Group sowie die private Hongkonger CK Hutchinson mit engen Beziehungen zu China sind dabei aktiv. In China selbst gibt es sieben der weltweit zehn wichtigsten Häfen.

Die Kontrolle über Häfen zählt aus Sicht von Militärstrategen seit jeher zu den wichtigsten Säulen einer Seemacht. In Europa halten chinesische Unternehmen Beteiligungen an rund einem Dutzend Häfen, darunter Le Havre und Dünkirchen in Frankreich, Antwerpen und Brügge in Belgien sowie in Spanien, Italien, der Türkei und Griechenland. (mwi/dpa)

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