Gleicher Lohn für gleiche Arbeit

Das Bundeskabinett hat sich am 11. Januar auf den "Entwurf eines Gesetzes für mehr Lohngerechtigkeit zwischen Frauen und Männern" geeinigt. Er soll die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen verkleinern. Die sind in kaum einem anderen EU-Land so groß wie in Deutschland. Frauen verdienen hier nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Schnitt 21 Prozent weniger als Männer. Das liegt zum einen an ihrer Berufswahl und langen Teilzeitphasen. Zum anderen aber auch an einer Ungleichbehandlung der Geschlechter. Vergleicht man Arbeitnehmer, die im gleichen Beruf gleich viel arbeiten und ähnlich qualifiziert sind, beträgt die Lohnlücke immer noch sieben Prozent. Um den Gesetzentwurf wurde lange gerungen. Bereits im Koalitionsvertrag von 2013 haben CDU/CSU und SPD vereinbart, für mehr Transparenz bei Löhnen zu sorgen. Dann steckte das Vorhaben im Kanzleramt fest. Die Union hatte bemängelt, der Entwurf gehe über die Verabredungen im Koalitionsvertrag hinaus. Er sei zu bürokratisch, bringe "Unfrieden in die Betriebe" und sorge für "ein Klima des Misstrauens und Ausforschens", kritisierten Arbeitgeberverbände. Der Bundesrat hat sich bereits am 10. Februar mit dem Gesetzentwurf befasst. Er wird nun an den Bundestag weitergeleitet. Geplant ist, dass das Gesetz im Frühsommer in Kraft tritt. Es wird nach Angaben des Bundesfamilienministeriums mehr als 14 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer betreffen. Das ist knapp die Hälfte aller Beschäftigten in Deutschland. Schwesig plant drei Instrumente Ministerin Manuela Schwesig (SPD) sieht drei Instrumente für Lohngleichheit vor: - die Einführung eines individuellen Auskunftsanspruchs für Mitarbeiter, - die Verpflichtung der Unternehmen, zu prüfen, ob sie gerecht entlohnen, - sowie eine Berichtspflicht für Kapitalgesellschaften. Vor allem der Kern des Gesetzes, die Offenlegung von Gehaltsstrukturen, liegt vielen Arbeitgebern schwer im Magen. Sie befürchten, dass nun jeder Mitarbeiter erfährt, was der andere verdient. Doch das ist nicht der Fall. Denn das Gesetz soll nur in Betrieben mit mehr als 200 Mitarbeitern gelten. Im Transport- und Logistiksektor dürfte daher das Gros der Unternehmen nicht von den neuen Regelungen betroffen sein: Von den rund 119.000 Unternehmen der Branche haben nach Angaben des Statistischen Bundesamtes fast 100.000 lediglich einen bis neun Beschäftigte. Ursprünglich wollte Schwesig den Auskunftsanspruch auch für kleine Betriebe ab sechs Beschäftigen einführen. Das scheiterte jedoch am heftigen Widerstand von CDU und CSU. In Betrieben mit mehr als 200 Mitarbeitern sollen Arbeitnehmer einen individuellen Auskunftsanspruch erhalten. "Sie können dann sowohl Informationen über die Kriterien und Verfahren zur Entgeltfindung verlangen als auch die Angabe eines Vergleichsentgelts", erklärt die Münchner Rechtsanwältin Astrid Bendiks. Der Anspruch besteht aber nur, wenn mindestens sechs Beschäftigte die gleiche oder eine vergleichbare Arbeit machen. Zum Einkommen zählen auch "alle sonstigen Vergütungen", egal, ob sie in bar oder in Sachleistungen bezahlt werden. "Daher zählen zum Beispiel auch Gratifikationen mit", betont die Anwältin. PÖ Kein Mitarbeiter erfährt, was der Kollege konkret verdient. "Der Arbeitnehmer kann nur Auskunft darüber verlangen, was für eine gleiche oder gleichwertige Tätigkeit im Durchschnitt gezahlt wird", weiß die Juristin. Gerade hier sieht Bendiks aber Spielraum für Arbeitgeber. Schon eine Zusatzausbildung könnte den Ausschlag dafür geben, unterschiedlich zu entlohnen. Auch Männer dürfen nachfragen Können auch Männer den Auskunftsanspruch geltend machen? "Ja", sagt Anwältin Bendiks, "sie können sich aber nur mit fünf Frauen vergleichen lassen." Ein Lagerist kann nicht überprüfen lassen, ob er weniger verdient als männliche Kollegen. Der Entwurf unterscheidet beim Auskunftsanspruch zwischen Betrieben mit und ohne Tarifbindung. In Betrieben, die nach Tarif bezahlen, sollen Arbeitnehmer ihren Auskunftsanspruch nur über den Betriebsrat geltend machen können. Arbeitgeber können aber auch entscheiden, dass sie die Betroffenen direkt informieren. In Betrieben ohne Betriebsrat und ohne Tarifvertrag sollen Mitarbeiter sich direkt an den Arbeitgeber wenden dürfen. Gibt es keinen Betriebsrat, aber einen Tarifvertrag, wenden sich die Arbeitnehmer grundsätzlich an den Arbeitgeber. Das zweite Instrument zur Herstellung der Entgeltgleichheit, die Prüfpflicht, soll erst in Betrieben mit in der Regel mehr als 500 Beschäftigten gelten. Hier sind Arbeitgeber aufgefordert, mithilfe betrieblicher Prüfverfahren ihre Entgeltregelungen mindestens alle fünf Jahre auf die Einhaltung des Entgeltgleichheitsgebots zu überprüfen. Dabei werden das Grundentgelt, Stufensteigerungen, Leistungsvergütungen, Überstundenvergütungen und Erschwerniszuschläge auf die Geschlechtergerechtigkeit hin überprüft. Arbeitgeber können selbst entscheiden, wie sie prüfen. Berichtspflicht erst ab 500 Mitarbeitern Das dritte Instrument, die Berichtspflicht, betrifft Kapitalgesellschaften ab 500 Mitarbeitern. Sind sie tarifgebunden, müssen sie alle fünf Jahre berichten, ob und wie sie Frauen fördern und wie sie Lohngerechtigkeit herstellen. Nichttarifgebundene Betriebe müssen das alle drei Jahre tun. Ob das Gesetz allerdings exakt mit diesen Regelungen in Kraft treten wird, ist noch ungewiss. So ist zu erwarten, dass die Union ihren Widerstand aufrechterhalten und nachverhandeln wird. Mehr zum Thema in dem Dossier "Personalwesen" www.verkehrsrundschau.de/dossiers

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