Für die letzte Meile der Zukunft

Per Zündschlüsseldreh den Verbrennungsmotor starten, den Transporter per Lenkrad und Schaltgetriebe durch das Verkehrschaos urbaner Zentren steuern, in zweiter Reihe parken, jedes Paket mühsam einzeln aus dem Laderaum hieven und über mehrere Etagen bis zum Endempfänger tragen: Zumindest für Mercedes hat dieses heute gängige Prozedere in Zukunft ausgedient. Stattdessen übernimmt der vom Warenverteilzentrum bis hin zum Empfänger digital vernetzte Transporter. Die Zustellung wird automatisiert Wie der aussehen könnte, haben die Stuttgarter nun in ihrer Studie "Vision-Van" auf die Räder gestellt, die auf der IAA in Hannover gezeigt wird. Die dürfte einerseits gewisse Ausblicke auf das Design des nächsten Sprinter gewähren, vor allem aber zeigt sie, wie sich Daimler in Zukunft sehen möchte: Weg vom reinen Transporterhersteller hin zu einem Anbieter von ganzheitlichen Systemlösungen. Dem Fahrer seinen Alltag zu erleichtern, die Auslieferzeit pro Paket zu optimieren und die Standzeit des Fahrzeugs am Bordstein zu reduzieren, standen dabei vorrangig im Pflichtenheft. Tatsächlich könnte sich bereits der Beladevorgang in Zukunft für den Fahrer deutlich bequemer gestalten: Anstatt die Pakete einzeln vom Fließband in den Laderaum zu wuchten, werden die Sendungen im Vorfeld automatisch kommissioniert und in spezielle Regalsysteme verladen. Diese Regale docken dann mittels einem fahrerlosen Förderfahrzeug an der Hecktür des Zukunfts-Sprinters an und werden komplett in den Laderaum verschoben. "One-Shot-Loading" nennt Daimler diese Methode. Den Weg zum Kunden absolviert der Vision-Van selbstredend elektrisch per 75 Kilowatt starkem E-Motor. Schließlich sieht auch Mercedes den Elektromotor als den Antrieb der Zukunft für die letzte Meile. Auch vor dem Hintergrund zu erwartender abendlicher Lärmbeschränkungen in Innenstädten, die der leise Van elegant umkurven würde ... Unterwegs errechnet die Navigation automatisch die beste Route zum Empfänger. Und zwar in Abhängigkeit zu der vom Kunden gewünschten Empfangszeit, was erfolglose Zustellversuche verringern soll. Joystick anstatt Lenkrad und Pedale Umdenken muss der KEP-Fahrer der Zukunft bei der Steuerung: Lenkrad, Schalthebel und Pedale gibt es hier nicht mehr. Stattdessen stand Steuerungstechnik aus dem Flugzeug Pate. Der Van wird mittels Drive-by-Wire-Steuerung per Joystick dirigiert. Der Armaturenträger wurde dadurch überflüssig, was zusätzliche Bewegungsfreiheit in der Kabine und mehr Platz für die Fracht schafft, weil der Fahrersitz weiter nach vorne rücken konnte. Lediglich ein Display versorgt den Fahrer mit für ihn in der jeweiligen Situation gerade wichtigen Informationen. Wie beispielsweise Geschwindigkeit, Daten zur Routenplanung oder Anzeigen zum Drohnenflug. Hilfreich im Stadtverkehr ist zudem die LED-Anzeige im Boden, die aufleuchtet, sobald sich Radfahrer oder Fußgänger dem Gefahrenbereich nähern. Im Gegenzug warnen außen LED-Displays vorn und hinten andere davor, dass beispielsweise der Zusteller gleich aussteigen wird oder eine Lieferdrohne startet. Von Letzteren hat der Vision-Van zwei auf dem Dach. Ihr Einsatz wird ebenfalls komplett autonom von der cloudbasierten Fahrzeugsoftware gesteuert. Mit einer Reichweite von 7,5 Kilometern nehmen sie dem Zusteller das Ausliefern aller bis zu zwei Kilogramm schweren Sendungen ab. Die Zustellung schwererer Pakete muss dagegen auch in Zukunft der Fahrer übernehmen - allerdings ohne das jeweilige Paket mühsam aus dem Laderaum holen zu müssen. Vielmehr braucht er nur in ergonomisch optimaler Position, wie Daimler es nennt, am Übergabefenster in der Trennwand zu warten, bis das intelligente Laderaummanagement und die fahrzeuginterne Paketausgabe ihm die jeweilige Sendung übergeben. Alle für die Übergabe relevanten Daten erhält der Zusteller von dem in die Trennwand integrierten Infoterminal. Den Weg zum Kunden muss er weiterhin selbst bewältigen. Und bleibt damit als Ansprechpartner des KEP-Dienstleisters erhalten. Irgendwie beruhigend. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier KEP www.verkehrsrundschau.de/dossiers

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