Paris. Bei einer von den Gewerkschaften initiierten Mitarbeiterumfrage zur geplanten Bahnreform hat SNCF-Chef Guillaume Pepy eine gewaltige Schlappe erlitten, deren Konsequenzen noch nicht annähernd absehbar sind. Die Eisenbahner schmetterten den Gesetzentwurf mit 94,97 Prozent der abgegebenen Stimmen ab. Beteiligt an der Umfrage hatten sich 61,15 Prozent des Personals.
Beobachter bezeichneten das Ergebnis als nahe denen, die bei Wahlen im Kommunismus erzielt wurden. Andere sehen darin einen neuen Beleg dafür, dass quasi der gesamte öffentliche Dienst in Frankreich noch immer mehrheitlich einer sozialistischen Ideologie und Erwartung an den Staat anhängt. Ob das Ergebnis in dieser Höhe exakt ist oder ob es bei der Abstimmung nicht doch zu Mehrfachvoten gekommen ist, wie Pepy nicht ausschließen wollte, ist derzeit noch offen.
Pepys Tage an der SNCF-Spitze dürften gezählt sein
Der Senat, die Zweite Kammer des Parlaments, debattiert seit dem 29. Mai über den Gesetzentwurf zur Schaffung eines „nouveau pacte ferroviaire“ und wird am 5. Juni darüber abstimmen. Derzeit liegen ihm schon fast 170 Änderungsanträge vor. In Paris wird erwartet, dass die Senatoren den Entwurf an einigen Punkten entschärfen werden, um eine Bresche in die bisherige Einheitsfront der Bahngewerkschaften zu schlagen.
Ferner dürfte es der Regierung schwerfallen, Guillaume Pepy weiter an der Spitze der Staatsbahn zu belassen. Sein Nimbus hat durch diverse Negativereignisse der letzten Jahre und ebenso kommentierte Beschlüsse nicht nur bei den Gewerkschaften an Strahlkraft eingebüßt. Er gilt inzwischen als ausgelaugt und überfordert. (jb)