Fleischwerk Edeka Nord

Fleischwerk Edeka Nord Wie gut Gutfleisch ist Edeka gewährt einen umfassenden Einblick in die Logistik im Fleischwerk Edeka Nord, wo unter anderem die Eigenmarke „Gutfleisch“ entsteht. Dahinter steckt eine extrem ausgefeilte Logistik. Rolf Heidenberger, Geschäftsführer des Fleischwerkes Edeka Nord in Lüttow-Valluhn, gehört zu den Typen, die geradeheraus sagen, was sie denken und mit ihrer Meinung nicht hinterm Berg halten. Das beginnt schon bei der Entstehung des Werkes, das alle Edeka-Filialen in Hamburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern sowie im nördlichen Brandenburg und Niedersachsen versorgt. Ursprünglich war das Werk in Schleswig- Holstein geplant, wo sich bald eine Bürgerbewegung gegen das Vorhaben formierte. „Die waren gut, das muss man ihnen lassen“, zollt er der Bewegung Respekt. „Unsere Planung war also ohnehin schon im Verzug – tja – und dann wurde der Moorfrosch gefunden“, erklärt Heidenberger den endgültigen Abbruch des Vorhabens im nördlichsten Bundesland. Also ging man nach Mecklenburg-Vorpommern, wo man im Gewerbegebiet Lüttow-Valluhn an der A 24 sogar noch flexibel auf Extraanfragen Heidenbergers reagieren konnte. Dazu gehört eine eigene Autobahnauffahrt, denn die nächstgelegene Abfahrt Zarrentin erforderte immer einen Umweg von rund 5 Kilometern. „Allein durch die Abfahrt sparen wir rund 250.000 Euro Sprit und Maut im Jahr. Und wenn die Auffahrt in Richtung Hamburg erst fertiggestellt ist, kommt noch mal die gleiche Summe dazu“, freut sich der Edeka-Chef. Bei 310 Touren pro Tag sind zehn Kilometer Umweg aufs Jahr gerechnet viel. Aber auch dieser Standort hatte Forderungen: „Wir durften die Gebäude nachts nur schwach anstrahlen, damit sich die Libellen nicht verirren“, erinnert sich Heidenberger, der darauf gern einging – bis man feststellte, dass nachts gar keine Libellen fliegen … Außerdem mussten 100 Arbeits- und zehn Ausbildungsplätze entstehen. Seit der Eröffnung des Werkes am 3. Oktober 2006 schuf man über 300 Arbeits- und aktuell 49 Ausbildungsplätze, sodass aktuell rund 430 Personen bei Edeka arbeiten. Mittlerweile habe sich der „Mega-park“ zum Arbeitsmagneten entwickelt und neues Personal sei schwer zu finden. Wie von Geisterhand gesteuert Innen beherrscht Hightech das Bild. Das „logistische Herz“ der Fleischfabrik ist ein chaotisch organisiertes Hochregallager mit 36.000 Stellplätzen, das zurzeit der Erbauung das modernste Europas war. Das erfordert kundige Techniker: „Was wir früher an Lagerpersonal hatten, haben wir jetzt Techniker“, scherzt Heidenberger. Acht von ihnen sind allein fürs Hochregallager zuständig, acht weitere für die übrigen technischen Einrichtungen. Einer der Produktionsleiter ist Martin Loose und als solcher ist er bestens mit dem Hochregallager vertraut, das rund um die Uhr sieben Tage die Woche sowohl E1- und E2-Kisten als auch Kartons bewegen kann. Falls ein Meatmover ausfällt, gibt es in jeder Gasse einen „Ersatzkollegen“, der dann einspringen kann. Sollte denen der Strom fehlen, kann man sie notfalls im Handbetrieb bewegen. Das Hochregallager spuckt permanent rote Boxen aus, die ein ABB-Roboter nach Tour aufeinandertürmt. Er ist dabei ebenso weiß „gekleidet“ wie sein Kollege aus Fleisch und Blut, der den Stapel zur richtigen Rampe verfährt. Dort warten die nach Entladestellen sortierten Türme dann auf ihre Verladung. Aber nicht jede Filiale benötigt einen Komplettzug: Neben dem großen Lager gibt es ein Pickregallager, wo ein einzelner Mensch per Hand kleine Kisten für kleine Filialen packt. Er tut das via „Pick by light“ und „signiert“ per Scannerpistole, was er in die einzelnen Boxen packt. Eine Herausforderung am Standort ist hier die große Divergenz zwischen dem Ballungszentrum Hamburg mit wenigen Kilometern und vielen Abladestellen und der dünn besiedelten Region Mecklenburg-Vorpommern. Den Bogen von der Vergangenheit in die Jetztzeit schlägt die Ware für Hiddensee. Sie wird zuerst zur Kommissionierung nach Malchow gebracht. Dort übernahm Edeka die einst größte Teppichfabrik der DDR und baute sie zum 33.300 Quadratmeter großen Lager aus. Eine Spedition bringt die Ware von da nach Rügen, bevor die per Schiff nach Hiddensee übersetzt. Dort wird die Fracht per Pferdewagen zum Händler gebracht, da auf Hiddensee Kraftfahrzeuge tabu sind. „Das sind zwar nur 300 Kilometer, aber von der Bestellung bis zur Lieferung vergehen trotz der ausgeklügelten Logistik 24 Stunden“, erklärt Heidenberger. Für die Waren erhebt Edeka einen Grundpreis, der für alle Abnehmer gleich ist. Dazu kommt dann ein Logistikaufschlag, der bei Großabnehmern geringer ausfällt als bei den kleinsten Läden, die aber auch minimal zweimal wöchentlich beliefert werden. Dabei arbeitet man eng mit den Sortimentsbetreibern zusammen und liefert Cargofresh und Sortiment getrennt: In den Cargofresh-Behältern, die man 2006 mit der Übernahme von Spar einführte, fasst man Obst, Gemüse-, Molkerei- und Fleischprodukte zusammen. Wer bis 13.00 Uhr ordert, wird in der Regel bis sechs Uhr am nächsten Morgen beliefert. Nachbestellen soll künftig über das sogenannte Luna-System erfolgen: Dabei muss an der Kasse aber jeder unterschiedliche Artikel einzeln gescannt werden – auch wenn Himbeer- und Erdbeerjoghurt gleich kosten. Das Scannen bucht die Waren aus und bei Bedarf wird automatisch nachgeordert, was am Ende den Einzelhändler entlasten soll. Aber auch das Fahrpersonal, das momentan 67 eigene Fahrer umfasst, will Heidenberger entlasten. Zumal die Polizei sie schon von der Raststätte Gudow aus per Fernglas ausspäht. Insofern müssen die Fahrerkarten sauber sein, was Edeka über Shuttleverkehre löst: Während einige Züge direkt zu den Entladestellen fahren (eine bis drei beim Trockensortiment, bis zu zehn beim Fleisch), steuern andere das nächste Kommissionierlager an, wo die Ware in kleinere Fahrzeugeinheiten um- respektive feinverteilt wird. Eigenes Perso nal sei laut Heidenberger zuverlässiger und bei Problemen hätte man den direkten Zugriff. Trotzdem sind rund zehn Prozent der Transportleistung outgesourct und auch vorübergehende Engpässe überbrückt man mit Speditionen. ❙❚■ Gregor Soller Startklar zur Auslieferung in die Filialen: Die Edeka-Züge vor dem Nordfrische-Center Zarrentin Handarbeit für kleine Filialen: Regallager, wo nach dem „Pick-to-Light“-Verfahren gepackt wird Exakteste Rückverfolgung bis zum einzelnen Tier Fleischwerk Edeka Nord Grundstücksgröße: 119.000m2 Grundfläche: 69.827m2 Kühlfläche: 14.930 m2 Tiefkühlfläche: 4460 m2 Artikelanzahl: Trockensortiment: ca. 14.000 Tiefkühlsortiment: ca. 1000 Feinkost- Molkereiprodukte: ca. 2600 Obst/Gemüse: ca. 800 Frischfleisch/Wurstsorten: ca. 2600 (davon 1500 Wurst- und 1100 Fleischsorten) Absatz Kolli p. a. ca. 141 Mio. Rollbehälter p. a. ca. 5 Mio. Fuhrpark EHG: 160 Sattelauflieger und Hängerzüge Fuhrpark NFC: 32 Motorwagen und Sattelauflieger Fuhrpark Bäckerei: 12 Motorwagen Einsatzzeit LKW pro Tag: 19 Stunden Durchschnittliche Touren pro Tag: 310 Durchschnitts-km pro Tour: 220 Fleischwerk Produktions- und Lagerkapazität: Absatz gesamt 2010: 54.000 t 350 t/täglich 500 t Rindfleisch im Reifelager 500 t Fleisch im TK-Lager 10 t Convenience-Fleisch 40 t Brühwurst 10 t Rohwurst 10 t Kochschinken 10 t SB-Fleisch (50.000 Packungen) Rinder: 24.000 Stück (8500 t) Schweine: 250.000 Stück (22.000 t) Bio-Kälber: 1400 Stück (230 t) Bio-Lämmer: 9200 Stück (230 t) Bio-Rinder: 2500 Stück (880 t) Geflügel (diverse): 2800 t Zerlegung: 2200 halbe Schweine täglich 100 halbe Bioschweine 5-mal wöchentlich