Berlin. Die große Koalition will die Folgen von Fahrverboten in Städten möglichst gering halten. Eine der wichtigsten Regelungen, die der Bundestag am Donnerstag, 14. März, in Berlin beschloss: Sperrungen für ältere Dieselfahrzeuge sollen in der Regel nur in Städten mit relativ deutlicher Überschreitung der Grenzwerte für gesundheitsschädliches Stickstoffdioxid (NO2) als verhältnismäßig gelten. Die Länder sollen dem Gesetzespaket bereits an diesem Freitag im Bundesrat zustimmen.
Umweltstaatssekretär Florian Pronold (SPD) betonte, der Grenzwert werde nicht verändert. „Fahrverbote sind ein hartes Mittel, und sie sind erst dann verhältnismäßig, wenn nicht mit anderen Mitteln abzusehen ist, dass sehr bald die Grenzwerte eingehalten werden können.“ Von der Opposition kam scharfe Kritik.
Hammelsprung im Bundestag notwendig
Im Bundestag war für die Änderung des Straßenverkehrsgesetzes ein sogenannter Hammelsprung nötig, da bei der normalen Abstimmung keine eindeutige Mehrheit der großen Koalition erkennbar war, wie Vizepräsident Wolfgang Kubicki feststellte. Bei dem Verfahren müssen die Abgeordneten durch drei Türen – für Zustimmung, Ablehnung und Enthaltung – in den Plenarsaal gehen. Dazu kam auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die an einer Sitzung des Koalitionsausschusses von Union und SPD teilnahm, zurück ins Plenum. Die Auszählung ergab eine Mehrheit von 51 Stimmen, die Kubicki mit „Noch mal gut gegangen“ kommentierte.
Die wichtigsten Punkte der beschlossenen Dieselgesetze:
- Fahrverbote sollen „in der Regel“ unverhältnismäßig sein, wenn die Belastung mit NO2 im Jahresmittel 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft nicht überschreitet. Der EU-Grenzwert liegt bei 40 Mikrogramm und ändert sich damit nicht – bei relativ geringer Überschreitung soll er aber mit anderen Mitteln erreicht werden, nicht über das Aussperren älterer Diesel.
- Wo es Fahrverbote gibt, sollen Euro 6-Diesel ebenso ausgenommen sein wie nachgerüstete Busse, schwere Kommunalfahrzeugen etwa von Müllabfuhr und Feuerwehr und von privaten Entsorgungsfirmen ab 3,5 Tonnen, sowie nachgerüstete Handwerker- und Lieferfahrzeuge zwischen 2,8 und 7,8 Tonnen.
- Auch ältere Diesel, die nach einer Verbesserung der Abgasreinigung weniger als 270 Milligramm Stickoxid pro Kilometer ausstoßen, sollen nicht von Fahrverboten betroffen sein.
- Überwacht werden sollen Fahrverbote anhand der Nummernschilder nur stichprobenartig und mit mobilen Kontrollgeräten. Heimliche Aufnahmen und Videos sind nicht erlaubt, die Daten müssen spätestens nach zwei Wochen wieder gelöscht werden.
- Zudem wird nochmals ausdrücklich bekräftigt, dass Kommunen weitere Ausnahmen zulassen können - besonders nach der bestehenden Regelung, wenn „unaufschiebbare und überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit dies erfordern“.
Fahrverbote in weiteren Städten drohen
In Hamburg und Stuttgart gibt es bereits Fahrverbote für ältere Dieselfahrzeuge. Weitere Fahrverbote könnten bald folgen. Neuere Daten der Landesumweltbehörden zeigen, dass in vielen Städten der Grenzwert noch immer deutlich überschritten ist, es laufen noch mehrere Gerichtsverfahren nach Klagen der Deutschen Umwelthilfe. (dpa)