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Fahrerproteste gegen russische Lkw-Maut werden zum Politikum

30.11.2015 11:32 Uhr
Fahrerproteste gegen russische Lkw-Maut werden zum Politikum
Seit dem 15. November gilt in Russland eine Mautpflicht für Lkw. Das sorgt für harte Proteste
© Foto: Picture Alliance/dpa/Korotayev Artyom

Aus 17 verschiedenen Regionen Russlands haben sich Fernfahrer auf den Weg nach Moskau gemacht, um dort gegen das am 15. November eingeführte Fernstraßenmaut-System zu demonstrieren.

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Moskau. Die Proteste gegen die Lkw-Maut auf russischen Straßen reißen nicht ab. Spediteure aus zahlreichen Regionen drohen eine Blockade der Ringautobahn an. Die Polizei bemüht sich unter allerlei Vorwänden, die Protestierenden aufzuhalten.

Aus 17 verschiedenen Regionen Russlands haben sich Fernfahrer auf den Weg nach Moskau gemacht, um dort gegen das am 15. November eingeführte Fernstraßenmaut-System „Platon“ zu demonstrieren, berichtet die Nachrichtenseite RBK.ru. Ursprünglich war eine Blockade der Moskauer Ringautobahn schon für Montag angekündigt worden. Jetzt wollen die Protestierenden bis Freitag abwarten, ob die Staatsführung die umstrittene Maut nicht doch noch aussetzt. Die Hoffnungen richten sich offenbar auf die für Donnerstag angesetzte jährliche programmatische Rede von Präsident Wladimir Putin vor beiden Parlamentskammern. Bei dieser Gelegenheit hat Putin schon mehrfach einschneidende Maßnahmen verkündet.

Die Behörden versuchen die Ringfahrt nach Moskau mit zahlreichen Schikanen zu unterbinden: So wurden bei Nischny Nowgorod mehrere Dutzend Lkw auf einem Parkplatz blockiert, um angeblich nach einer Bombe suchen zu können. An den zahlreichen Kontrollpunkten der Verkehrspolizei werden leere Lastwagen in Richtung Moskau aufgehalten. St. Petersburger Fernfahrer versuchen mittlerweile nach Partisanenart, in kleinen Gruppen über Nebenstraßen näher an die Hauptstadt zu gelangen.

Aktivisten der außerparlamentarischen Opposition schließen sich den Protesten an

Die Proteste von Spediteuren und Fernfahrern gegen das Mautsystem bekommen immer stärker politische Untertöne. Einerseits versuchen Aktivisten der außerparlamentarischen Opposition, sich den unkoordinierten Protesten anzuschließen oder diese sogar anzuführen. So wurde der St. Petersburger Koordinator der oppositionellen Autofahrer-Bewegung TIGR Alexander Rastorgujew bereits zweimal festgenommen – einmal, weil er einen vor einem halben Jahr erteilten Strafzettel über 500 Rubel (ca. 7 Euro) angeblich nicht bezahlt hat, ein anderes Mal, weil es sich angeblich beim Fahrzeugschein seines Pkw um eine Fälschung handeln könnte. „Das alles hat nur ein Ziel: zu verhindern, dass ich nach moskau gelange und an den Protesten teilnehme“, sagte er gegenüber der Webzeitung fontanka.ru.

Andererseits werden seitens der betroffenen Fuhrunternehmer zunehmend auch politische Forderungen laut – etwa die nach einem Rücktritt von Verkehrsminister Maxim Sokolow und Premierminister Dmitri Medwedew. Die Einführung des Mautsystems gilt Kritikern als Beweis für die allgegenwärtige Korruption und Vetternwirtschaft in Russland: Der selbst kein wirtschaftliches Risiko tragende Systembetreiber RTITS gehört der zum engeren Putin-Umfeld gerechneten Oligarchenfamilie Rotenberg.

Gleichzeitig ist eine Spaltung der Protestbewegung offensichtlich: In St. Petersburg traf sich am Wochenende der radikaler gestimmte Teil zu einer Versammlung im Gebäude der Kommunistischen Partei. Ihre Forderungen sind eine ersatzlose Streichung des Mautsystems und die „Bestrafung“ der Verantwortlichen. Eine konstruktiver gestimmte Gruppe drängt hingegen nur auf einen Aufschub des Systemstarts in Form einer kostenlosen Testphase und eine Senkung der Mauttarife und der als existenzgefährdend bezeichneten Strafsätze bei Mautverstößen. Abgesandte dieses Flügels wurden auch zu einem Treffen mit Verkehrsminister Sokolow eingeladen – konstatierten aber hinterher, man habe sie dabei kaum zu Wort kommen lassen und das Mautsystem als vollendete Tatsache dargestellt. Der Konflikt um Platon soll in Kürze von einer Arbeitsgruppe des vom Menschenrechtsbeirat des Präsidenten erörtert werden. Dies kündigte Beiratsvorsitzender Michail Fedotow am Montag an. (ld)

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