Boppard/Berlin. Die Ansage der Politik, der Bahnlärm werde bis 2020 halbiert, ist Fachleuten zufolge irreführend. „Eine Rechnung mit den entsprechenden Dezibel-Werten zeigt das sofort”, sagte der Berliner Experte Prof. Markus Hecht der Deutschen Presse-Agentur vor einem internationalen Bahnlärm-Kongress am Donnerstag in Boppard. Er erwarte nur eine geringe Lärmminderung bis 2020. „Es geht in die richtige Richtung, das ist zu begrüßen. Aber auch nach 2020 müssen kleinteilig noch viele weitere Schritte folgen.” Die angebliche Lärmhalbierung bis dahin sieht der Koalitionsvertrag im Bund vor.
Gemäß eines neuen Bundesgesetzes dürfen besonders laute Güterwaggons nach 2020 nicht mehr auf deutschen Schienen unterwegs sein. Ausnahmen sind nur noch erlaubt, wenn sie so langsam fahren, dass sie nicht lauter sind als moderne und leisere Wagen.
Durch das Welterbe Oberes Mittelrheintal verläuft die laut der Deutschen Bahn meistbefahrene Güterzugstrecke Europas von Genua nach Rotterdam. Etliche Anwohner sind weggezogen. Mit dem internationalen Bahnlärm-Kongress erinnert die Bürgerinitiative „Pro Rheintal” an ihr zehnjähriges Bestehen.
Diplom-Ingenieur Hecht, Leiter des Fachgebiets Schienenfahrzeuge am Institut für Land- und Seeverkehr der Technischen Universität Berlin, sagte: „Einzelne Waggons werden bis 2020 spürbar leiser sein.” Nicht hundertprozentig runde Räder anderer Wagen und Stöße an Weichen zum Beispiel dürften aber auch in den Folgejahren laut sein. „Das kann noch mehr stören als ein gleichmäßiges Grundrauschen”, erklärte der Experte. „Es gibt noch viel zu tun.” Gut seien die strengeren Schweizer Gesetze für Bahnlärm. „Daher kommen ja viele Waggons ins Rheintal. Das übt auch Druck auf Deutschland aus.” (dpa)