Brüssel. Die europäische Eisenbahnagentur ERA soll künftig dafür zuständig sein, Lokomotiven und Anhänger zuzulassen, die im grenzüberschreitenden Verkehr zwischen EU-Mitgliedsstaaten zum Einsatz kommen. Für rollendes Material, das nur im nationalen Bahnverkehr eingesetzt wird, soll der Eigentümer entscheiden können, ob er weiter wie bisher die Zulassung bei nationalen Behörden beantragt, oder eine europäische Zulassung von der ERA möchte. Auf diese Beschlüsse haben sich die EU-Verkehrsminister auf ihrem Treffen in Luxemburg geeinigt.
Sie bleiben damit hinter den Vorstellungen der EU-Kommission zurück. Diese hatte vorgeschlagen, dass künftig das gesamte rollende Material des EU-Bahnverkehrs nur von ERA zugelassen werden soll. Dadurch hätten alle Loks und Anhänger künftig überall in der EU eingesetzt werden können, ohne beim Einsatz im Ausland immer die Zulassung der jeweils betroffenen nationalen Behörden in oft langwierigen und kostspieligen Prozeduren einholen zu müssen. ERA soll laut Kommission schon zwei Jahre nach Verabschiedung des Gesetzes erste Zertifikate ausstellen. Die Minister verlängerten die Zeit auf fünf Jahre.
Der Gesetzesvorschlag ist Teil des so genannten vierten Eisenbahnpakets, mit dem die Vereinheitlichung des europäischen Eisenbahnmarktes weiter vorangetrieben werden soll und das die EU-Kommission Anfang des Jahres vorgelegt hatte.
Der Europäische Eisenbahnverband CER kritisiert die Beschlüsse der Minister. Aus seiner Sicht hätte nur die vollständige Verlagerung der Zulassungskompetenz zu ERA eine entscheidende Erleichterung bei den bürokratischen und finanziellen Hindernissen gegeben, die zurzeit den grenzüberschreitenden Einsatz des rollenden Materials oft erschweren. CER hofft, dass sich das EU-Parlament den Kommissionsvorschlägen anschließen wird. Dann müsste ein Kompromiss mit den EU-Ministern gefunden werden.
Auch EU-Verkehrskommissar Siim Kallas ist mit dem Ergebnis nicht zufrieden. „Immerhin soll es jetzt erstmals ein europäisches Zulassungszertifikat geben“, versuchte er auf der Pressekonferenz am Ende des Ratstreffens den Beschlüssen Positives abzugewinnen.
Kallas hofft weiter, dass noch vor den anstehenden Europawahlen im Frühjahr 2014 das vierte Eisenbahnpaket verabschiedet werden kann. Dem hatte Saïd El Khadraoui, Sprecher der Sozialisten im Verkehrsausschuss des Europaparlaments, wenige Tage zuvor widersprochen. Der Zeitplan im Parlament sehe Abstimmungen im Plenum frühestens Anfang 2014 vor. Eventuelle Unstimmigkeiten mit dem Rat – sollten dort alle vier Gesetzesvorschläge dann schon bearbeitet sein – müssten danach erst geklärt werden. El Khadraoui sieht dafür vor den Wahlen schon jetzt keine Zeit mehr. (kw)