Brüssel. Abgeordnete des Europaparlaments haben EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc dazu aufgerufen, die sozialen Rechte von Lkw-Fahrern in den für Ende Mai angekündigten „Initiativen für den Straßengüterverkehr” nicht zu schmälern. „Es ist für uns inakzeptabel, Unternehmen eher mehr als weniger Möglichkeiten zu geben, um Fahrer auszubeuten”, schreiben die Abgeordneten in einem Brief. Sie nehmen damit Bezug auf erste inoffizielle Meldungen zu den Inhalten der „Initiativen”.
Demnach plane die EU-Kommission, neue Möglichkeiten für die Handhabung der Lenk- und Ruhezeiten, Ausnahmen für den Straßengütertransport bei der Entsenderichtlinie und neue Kabotageregeln vorzuschlagen. Das hätten Gespräche mit Vertretern von Verbänden ergeben, die von den neuen Maßnahmen betroffen sein werden, schreiben die EU-Abgeordneten. Sie kritisieren das, was sie bislang gehört hätten:
- Durch die geplanten Änderungen bei der Lenk- und Ruhezeit könnte sich die Müdigkeit der Fahrer erhöhen, was die Sicherheit auf den Straßen gefährden würde. Fahrer würden noch öfter als heute schon dazu gedrängt, ihre Ruhezeiten in den Fahrerkabinen zu verbringen. Deshalb sei es besser, die Lenk- und Ruhezeiten so beizubehalten, wie zurzeit.
- Bezüglich der Entsenderichtlinie sehen die Unterzeichner das Lohngefälles in der EU als das größte Problem. Die EU-Kommission müsse sich bei ihren Vorschlägen deshalb vor allem darauf fokussieren und die Sozialstandards inklusive Bezahlung für international eingesetzte Fahrer regeln. Ein klarer Unterschied müsse gemacht werden zwischen Fahrern auf Kabotagefahrten und denjenigen Fahrern, die für längere Zeit in einem anderen Land als ihrem Heimatland arbeiten.
- Durch die neuen Kabotageregeln, die die Kommission anscheinend vorschlagen wolle, seien weitere Marktstörungen zu befürchten aufgrund der Erhöhung der zulässigen Kabotagefahrten und unklaren Vorschriften zur Entlohnung der Fahrer.
Die Europaabgeordneten erinnern Bulc daran, dass sie bei der Ankündigung der damals noch „Straßen-Pakets” genannten Vorschläge vor zwei Jahren das Ziel verfolgen wollte, „Sozialdumping zu bekämpfen und wieder ein Klima des fairen Wettbewerbs” im Straßengütertransport zu schaffen. Mit den kritisierten Vorschlägen werde die Kommissarin diesem Vorhaben nicht gerecht.
Die zehn Unterzeichner des Briefs gehören fünf Fraktionen des Europaparlaments an: jeweils drei den Sozialdemokraten und der konservativen EVP-Fraktion, zwei den Grünen und jeweils einer den Liberalen und den Linken. Als deutsche EU-Abgeordnete haben der verkehrspolitische Sprecher der Sozialdemokraten, Ismail Ertug, und der ehemalige Vorsitzende des Verkehrsausschusse, Michael Cramer, für die Grünen unterzeichnet. (kw)