Brüssel. EU-Ratspräsident Charles Michel hat den britischen Premier Boris Johnson aufgefordert, sich im Brexit-Streit zu bewegen. „Die EU hätte lieber einen Deal, aber nicht zu jedem Preis“, schrieb Michel am Mittwoch nach einem Telefonat mit Johnson. „Es ist Zeit für Großbritannien, die Karten auf den Tisch zu legen.“
Beide Seiten verhandeln über einen Handelspakt für die Zeit ab 2021, der nach einem Ultimatum Johnsons bereits am 15. Oktober fertig sein soll. Doch lag man zuletzt bei entscheidenden Fragen weiter über Kreuz. Knackpunkte sind die EU-Fischerei in britischen Gewässern, der Schutz vor Dumping bei Sozial-, Umwelt- und Beihilfestandards sowie die Schlichtungsregeln bei Verstößen gegen das Abkommen.
Auch Johnson betonte nach Mitteilung eines Sprechers, er wolle einen Deal. Sollte der nicht zustande kommen, sei Großbritannien aber auch bereit, die Brexit-Übergangsphase Ende des Jahres mit einer Beziehung wie zu Australien zu beenden – also ohne Vertrag und mit Zöllen. „Die Chefunterhändler sollten in den nächsten Tagen weiter intensiv arbeiten, um die Lücken möglichst zu überbrücken“, hieß es weiter.
Der britische Chef-Unterhändler David Frost bestätigte im EU-Ausschuss des Oberhauses, man sei „noch ein Stück entfernt“ von einem Deal. „Aber immerhin haben wir eine anständige Diskussion darüber, was möglich ist und was nicht.“ Selbst wenn kein Handelspakt mehr zustande käme, werde Großbritanniens „Tür nie geschlossen sein“. Man könne auch nach Oktober noch über praktische Fragen reden. (dpa/ja)