Brüssel. Mit 499 Ja- gegen 107-Neinstimmen bei neun Enthaltungen hat das Plenum des Europaparlaments in Straßburg neue CO2-Grenzwerte für PKW beschlossen. Demnach muss die PKW-Flotte eines Herstellers im Jahr 2021 einen Durchschnittswert von 95 Gramm CO2 pro Kilometer aufweisen. 2020 müssen 95 Prozent der Flotte den 95-Gramm-Wert erreichen.
Die Bundesregierung hatte im Sommer einen ehrgeizigeren Fahrplan verhindert. Der im Juni zwischen Parlament und irischer Ratspräsidentschaft ausgehandelter Kompromiss, der den 95 Gramm-Wert schon für 2020 vorsah, wurde durch ein Veto der Bundesregierung verhindert. In den darauffolgenden Verhandlungen wurde das 100-prozentige Erreichen des 95-Gramm-Zielwerts um ein Jahr verschoben.
Die Verwendung so genannten Supercredits wurde ebenfalls geändert. Für die Anrechnung von Fahrzeugen mit einem besonders niedrigen CO2-Ausstoß, wie zum Beispiel Elektrofahrzeuge, gibt es zwischen 2020 und 2022 die Möglichkeit, insgesamt maximal 7,5 Gramm zusätzlich geltend zu machen. Dies soll flexibel über den Dreijahreszeitraum verteilt werden können. Ab 2020 soll dabei ein Anrechnungs-Faktor von zwei gelten, danach von 1,67 im Jahr 2021 über 1,33 im darauffolgenden Jahr auf den Faktor eins, der ab 2023 gilt. Der dadurch erzielbare maximale „CO2-Rabatt” soll bei 2,5 Gramm pro Jahr und Hersteller liegen. Diesen Supercredit von 2,5 Gramm pro Jahr hatte der ursprüngliche Kompromiss vorgesehen. Außerdem soll der derzeitige NEFZ-Testzyklus 2017 durch den neuen WLPT-Standard zur Ermittlung des Durchschnittsverbrauchs eines PKW ersetzt werden. Der WLPT-Standard wird derzeit von einem UN-Gremium erarbeitet.
Connie Hedegaard: „Ende gut, alles gut”
„Nach hartem Ringen haben wir faire Standards erreicht, die anspruchsvoll bleiben, aber mittelfristig den PKW-Nutzern und den Herstellern zugutekommen. Die Fahrzeuge werden nochmal erheblich sparsamer und die europäischen Hersteller bleiben weltweit führend bei umweltschonenden Fahrzeugen“, zeigte sich der Berichterstatter des Europaparlaments, Thomas Ulmer (CDU), zufrieden nach der Abstimmung.
„Ende gut, alles gut”, kommentierte ihrerseits EU-Klima-Kommissarin Connie Hedegaard bewusst in deutscher Sprache das Abstimmungsergebnis - in Anspielung auf das Sommer-Veto der Bundesregierung.
Deutlicher wiederholte Matthias Groote als umweltpolitischer Sprecher der SPD noch einmal seine Kritik: „Frau Merkels Vorgehen war befremdlich. Dass ihr Autolobby-Vorstoß von minimalem Erfolg gekrönt war, ist nicht nur gut für das Klima. Es wird sich letztlich zeigen, dass die neuen CO2-Normen auch für die deutsche Autoindustrie eine Chance bedeuten, ihre technologische Stärke weiter voranzutreiben und mehr Autos mit klimaschonenden Motoren auf den Weltmarkt zu bringen.”
Der Umweltverband Transport & Environment rechnet vor, dass die leichten Veränderungen auf Druck der Bundesregierung dem durchschnittlichen PKW-Fahrer Kraftstoffmehrkosten von 775 Euro auf die Lebenszeit des Autos bescheren. Ausgedrückt in anderen Zahlen: 50 Millionen Tonnen mehr CO2 oder eine importierte Ölmenge im Wert von 25 Milliarden Euro. (kw)
Peter Müller