Brüssel. Das Europaparlament hat heute gegen die Stimmen der meisten deutschen Abgeordneten entschieden, dass an größeren europäischen Flughäfen mindestens drei statt bislang zwei Unternehmen die Bodendienstleistungen Gepäck- und Frachtabfertigung, Vorfeld- und Betankungsdienste anbieten müssen. Betroffen von der Änderung sind lediglich größere Flughäfen mit einem Passagieraufkommen von jährlich 15 Millionen Reisenden oder einem Frachtaufkommen von über 200.000 Tonnen. Laut EU-Angaben erfüllten 21 Flughäfen in 2011 diese Voraussetzungen, in Deutschland Frankfurt am Main, München, Düsseldorf und Berlin-Tegel.
Die EU-Kommission, die den Gesetzesvorschlag auf Druck von Fluggesellschaften gemacht hatte, erhofft sich dadurch eine bessere und schnellere Abfertigung der Flugzeuge am Boden, wodurch Verspätungen im Luftverkehr verringert werden könnten. Die EU-Mitgliedsstaaten dürfen schon heute mehr als zwei Anbieter von Bodendienstleistungen zulassen, was in den meisten Staaten auch geschieht. In den Flughäfen in Deutschland und Österreich gibt es bislang nur zwei Anbieter der betroffenen Dienste.
„Ich bedaure die Zwangsmaßnahmen zur Öffnung eines funktionierenden Flugverkehrsmarktes ohne Gewähr für einen Mehrwert. Im Gegenteil: durch die Zunahme von Schnittstellen zwischen den Funktionsbereichen wächst die Gefahr von Reibungsverlusten. Qualität und Sicherheit können auf diese Weise nicht weiter verbessert werden“, bedauerte der CDU-Europaabgeordnete Dieter-Lebrecht Koch (CDU) die Mehrheitsabstimmung seiner Kollegen. Er erwartet Klagen gegen das Gesetz vor dem Europäischen Gerichtshof.
„Das ist ein Musterbeispiel sinnloser Gesetzgebung, weil sie nur auf fünf europäischen Flughäfen Anwendung finden wird und darüber hinaus die nötigen Arbeitnehmerrechte nicht garantiert“, poltert Kochs Kollege Michael Cramer (Grüne). Außer den vier genannten deutschen Flughäfen wäre auch noch Wien betroffen.
Der Vorschlag wurde mit 455 Ja- gegen 239 Nein-Stimmen und bei 18 Enthaltungen angenommen. Ein erster Gesetzesvorschlag war im Dezember noch von der Mehrheit des Plenums abgelehnt und in die Fachausschüsse zurückverwiesen worden. Jetzt muss mit den EU-Mitgliedsländern über einen abschließenden Text verhandelt werden. (kw)
Nahverkehrskutscher