"Es braucht ein EU-Label"

Die IRU als Weltdachverband der Straßentransportwirtschaft hat zusammen mit Zertifizierungsgesellschaften einen EU-Standard für Lkw-Parkplätze entwickelt: SSTPA. Warum ist der notwendig? Derzeit stehen laut einer aktuellen Studie, die wir im Auftrag der EU-Kommission mit erarbeitet haben, in Europa bloß 300.000 Parkplätze zur Verfügung, obwohl die Gesamtnachfrage bei rund 400.000 Lkw-Stellplätzen pro Nacht liegt. Hinzu kommt, dass nur ein Bruchteil der vorhandenen Parkplätze eine Grundversorgung und ein Sicherheitsmindestniveau garantiert. Diese Zustände sind ein Grund für den zunehmenden Lkw-Fahrermangel. Bessere und unionsweit einheitliche Standards können dazu beitragen, dieses Problem zu lösen. Die IRU fordert von den EU-Institutionen nun politische Maßnahmen und Förderung, um den SSTPA-Standard unionsweit ausrollen. Was konnten Sie bisher erreichen? EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc hat im Mai zugesagt, das Thema im Rahmen der Förderung "Connecting Europe Facility" (CEF) zu priorisieren. Damit unterstützt die EU finanziell Vorhaben zum Ausbau der transeuropäischen Verkehrsnetze. Wir hoffen in diesem Zusammenhang auf zusätzliche Haushaltsmittel in dem neuen Finanzierungsrahmen der Europäischen Union für die Jahre 2021 bis 2027. Wie viel Geld wünschen Sie sich von der EU? Einen genauen Betrag konnte uns Frau Bulc nicht nennen. Sie hat versprochen, dass verfügbare Mittel aus dem aktuellen EU-Haushalt, die nicht im Rahmen der laufenden CEF-Förderperiode abgerufen worden sind, noch Ende dieses Jahres neu verteilt werden. Diese Gelder des EU-Finanzierungsrahmens 2014 bis 2020 sollen auch in die unionsweite Parkplatz-Infrastruktur fließen. Die Förderhöhe in Zukunft ist noch unklar. Es gibt kritische Stimmen aus Deutschland, die den SSTPA-Standard für überzogen halten. Sie sagen, er rechne sich für Lkw-Parkplatz-Anbieter nicht, weil ein Großteil der Fahrer die höheren Gebühren einfach nicht zahlen. Sicherheit und Komfort sind nicht verhandelbar, wenn uns über 80 Prozent der Lkw-Fahrer berichten, dass ihnen die Parkplatz-Standards in Europa nicht ausreichen. In der Praxis hat man eher den Eindruck, dass für 80 Prozent der Fahrer und deren Chefs schon heute die Parkplätze mit einer etwas besseren Ausstattung zu teuer sind. Sicherlich gibt es da Unterschiede. Nicht alle Frachtführer benötigen eingezäunte Stellflächen, etwa wenn die Ladung weniger wertvoll ist. Und manche Fahrer sparen den hart verdienten Lohn lieber, als ihn auf solchen Anlagen auszugeben. Die Parkplatzgebühr sollte ohnehin in der Fracht eingepreist sein. Wie optimistisch sind Sie trotzdem, dass sich der SSTPA-Standard durchsetzt? Laut unserer Studie erfüllen bisher gerade einmal 50 Lkw-Parkplätze in Europa den SSTPA-Standard. Wenn die EU ihre Förderung im Rahmen ihrer Agenda für 2019 bis 2024 daran koppelt, wird dieses Niveau hoffentlich sehr bald deutlich steigen. EU-Standard SSTPA für Lkw-Parkplätze geplant Europaweit fehlen gute und sichere Stellflächen. Das hat eine im Frühjahr erschienene Studie im Auftrag der EU-Kommission ergeben, an der die International Road Transport Union (IRU) mitgewirkt hat. Die IRU fordert von der EU und ihren Mitgliedstaaten, ein dichteres Netz sogenannter Safe and Secure Truck Parking Areas (SSTPA) zu schaffen und den selbst entwickelten Standard durchzusetzen. Dahinter steht ein Zertifizierungsmodell, das Mindestanforderungen an Sicherheit und Komfort auf vier unterschiedlichen Niveaus festlegt. Matthias Maedge Generaldelegierter des Weltdachverbandes der Straßentransportwirtschaft (International Road Transport Union, IRU) in Brüssel