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Umfragen sind Glückssache: Zwischen Befragung und Veröffentlichung finden manchmal Ereignisse statt, welche die Ergebnisse auf den Kopf stellen können. Dies muss jetzt der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) erfahren. Große Verlader haben vorgesorgt Über 200 Verlader und Speditionen befragte der Verband zu ihren Plänen für den Kombinierten Verkehr (KV). 60 Prozent der Verlader und sogar 85 Prozent der Dienstleister wollen demnach ihr KV-Engagement ausbauen. Das sind deutlich höhere Werte als in früheren Umfragen. Allerdings fand die diesjährige Fragerunde vor den Lokführer-Streiks in Oktober und November statt. "Heute würden diese Zahlen deutlich niedriger ausfallen", schwant es Gunnar Gburek, Bereichsleiter Logistik des BME. "Viele Unternehmen sehen ihr Vertrauen in den Verkehrträger Schiene erschüttert." Jetzt will der Verband nochmals nachfassen, ob die Befragten bei ihren Aussagen vom September bleiben. Gbureks Sorgen scheinen gerechtfertigt. Auch wenn Teile der Wirtschaft mit dem 75-stündigen Streik der Gewerkschaft der Lokomotivführer (GdL) Anfang November einigermaßen gut fertig geworden sind. Weil vor allem die großen Verlader in den letzten Jahren ihr Risk Management weiterentwickelt haben, sind gravierende Produktionsausfälle nicht bekannt geworden. Auch Branchen, die während des letzten, "nur" 60-stündigen Streiks am dritten Oktoberwochenende nicht jeden Standort ausreichend beliefern konnten, waren jetzt offenbar besser gerüstet. So reservierte die Mineralölindustrie zusätzliche LKW-Kapazitäten für die Distribution. "Unsere Mitgliedsunternehmen haben dieses Mal ihr Ziel erreicht, deutschlandweit alle Tankstellen mit Benzin und Diesel zu versorgen", versichert Alexander von Gersdorff, Sprecher des Mineralölwirtschaftsverbands. Nach Aussagen von Deutsche Bahn Schenker Rail (DBSR), Kombiverkehr und von DB-Konzerntöchtern funktionierten beim bislang längsten Bahnstreik die Notfahrpläne weitgehend reibungslos, sodass unterm Strich zwei von drei Zügen fahren konnten. Weil jedoch die GDL-Lokomotivführer erstmals über mehrere Werktage hinweg streikten, wurden wesentlich mehr Verlader und Spediteure in Mitleidenschaft gezogen als noch im Oktober und mussten sich auf spätere Ankunftszeiten einstellen. "Die Stahlindustrie hat während des Bahnstreiks beim Versand und bei der Leerwagenzufuhr schwere Beeinträchtigungen hinnehmen müssen," sagte Hans-Joachim Welsch, Vorsitzender des Verkehrsausschusses der Wirtschaftsvereinigung Stahl. Gravierende Produktionsausfälle und Schäden an Produktionsanlagen konnten zwar vermieden werden. Den Schaden für die Stahlindustrie und ihre Kunden schätzte Welsch dennoch in zweistelliger Millionenhöhe. Zu allem Überfluss heizte GDL-Chef Claus Weselsky mit Bemerkungen über die gut gefüllte Streikkasse Spekulationen an, dass der Ausstand über die angekündigten viereinhalb Tage hinaus noch länger dauern könne. Manchen Bahnkunden war das dann doch zuviel. Sie verlagerten Verkehre auf die Straße auch dann, wenn mit den Notfahrplänen ein Transport auf der Schiene durchaus möglich gewesen wäre. Paneuropa Rösch verliert vier Kunden Das wachsende Misstrauen im Markt bekam auch Hellmann zu spüren. Der Branchenriese, der für sein Schienenprodukt Hellmann Rail Solutions ausschließlich DBSR als Traktionär engagiert hat, musste zwar keinen Zug absagen. Trotzdem bestanden viele Kunden darauf, dass ihre Verkehre auf die Straße verlagert werden. Weit weniger glimpflich verlief der Streik für andere KV-Speditionen wie für Löblein Transporte (siehe Kasten unten) oder Paneuropa-Rösch, beides Großkunden von Kombiverkehr. "Wir haben vier Kunden verloren", berichtet Carsten Hemme, Geschäftsführer von Paneuropa-Rösch. Weil das Vechtaer Unternehmen mit seinen 50 ziehenden Einheiten kein adäquates Angebot auf der Straße machen konnte, suchen diese Verlader jetzt nach Alternativen auf dem freien Markt. Hemme deutet an, dass diese vier Kunden, die unter anderem aus der Lebensmittelbranche kommen, bereits in der Vergangenheit mit Verspätungen zu kämpfen hatten. Genau hier liegt hier das Problem für DBSR und Kombiverkehr, an der die DB zu 50 Prozent beteiligt ist. Für Versender, welche sich bereits über fehlende Pünktlichkeit oder andere Unzulänglichkeiten geärgert haben, könnte der GDL-Streik der letzte Anlass sein, der Schiene endgültig den Rücken zu kehren. Zumal während des Ausstands viele Kundenwünsche ignoriert werden mussten. DBSR fuhr keine Sonderzüge und musste auf einigen Auslandslinien starke Rückstände in Kauf nehmen. Kombiverkehr sagte täglich bis zu zwei Dutzend Züge vor allem zu den Nord- und Ostseehäfen, aber auch zu süd- und osteuropäischen Zielen ab. Ansonsten mussten Sondervereinbarungen mit Großkunden, welche - wie BMW - den Einsatz von verbeamteten Lokomotivführern ausgehandelt hatten, erfüllt werden, was zulasten anderer Auftraggeber ging. "Wer mittelgroße und kleine Aufkommen transportiert, musste fürchten, im wahrsten Sinne des Wortes auf der Strecke zu bleiben", bilanziert Gburek. "Solche Verlader werden ihr Engagement auf der Schiene im Zweifelsfall zurückfahren." Ohnehin konnte nicht jeder ausreichend Ersatzverkehre akquirieren. Standorte an Verkehrsknotenpunkten taten sich hier offenbar leichter, wie der Fall Ford zeigt. Das Werk Köln konnte 1000 PKW, die mit der Bahn transportiert werden sollten, per LKW und Binnenschiff befördern. Das Werk Saarlouis hingegen verlagerte nur 250 Autos auf den LKW. 500 weitere Fahrzeuge mussten bis Streikende zwischengelagert werden. "Der GDL-Streik war letzten Endes eine Werbung für den privaten Schienenverkehr", bilanziert Ferdinand Kloiber. Weil in den Kloiber-Standorten Augsburg und München bis zu 70 Prozent der KV-Linien von Privatbahnen gefahren werden, musste der KV-Spediteur laut eigener Aussage "nur eine handvoll Container nach Hamburg" auf LKW verlagern. Die privaten Operateure sind jedoch weit davon entfernt, sich als Streikgewinner zu fühlen. "Die DB wird alles tun, um verlorene Auftraggeber wieder zurückzugewinnen", sagt Jörg Ullrich, Geschäftsführer von European Cargo Logistics (ECL) in Lübeck. "Wir erwarten für die kommenden Ausschreibungen harte Preiskämpfe." Die Folgen des Streiks: Route Nürnberg-Verona fünf Tage nicht bedient Spedition Löblein kostete der GDL-Streik 250.000 Euro Werner Löblein ist sauer. Und zwar so richtig. Auf die Gewerkschaft der Lokführer (GDL) und auf die Deutsche Bahn. Kein Wunder, hat sein Unternehmen in nur wenigen Tagen eine viertel Million Euro an Umsatz verloren. Da kann einem schon mal der Kragen platzen."Fünf Tage lang ist die Strecke Nürnberg-Verona nicht bedient worden", empört sich der Inhaber der Löblein Transport GmbH in Schillingsfürst, "fünf Tage - obwohl die Gewerkschaft nur drei Tage gestreikt hat." Allein auf dieser Route bringt das Unternehmen täglich acht bis zwölf Container auf den Zug. Europaweit hält Löblein aber an 21 weiteren Terminals eigenes Spezialequipment für Vor- und Nachläufe vor. Insgesamt waren 120 Container durch den Lokführer-Streik blockiert. Diese Container konnte er nicht auf den Weg bringen, weshalb seine Fahrer an den Terminals (allein in Italien sind es 50 Fahrer) beschäftigungslos waren. Deshalb hat er 250.000 Euro Umsatz eingebüßt.Bei den Kunden hat man laut Löblein zwar Verständnis gezeigt für die Nicht-Lieferung. Aber gerade wenn es auf den kürzeren Strecken wie Nürnberg-Verona nicht läuft, verursacht ihm das besondere Kopfschmerzen: Hier ist die Konkurrenz durch den LKW nämlich besonders hart, weil auf diesen Entfernungen der LKW in einer Tagesschicht fahren kann und damit die Bahn in unmittelbarem Wettbewerb steht. "Wenn die Kunden merken, dass es hier auf der Schiene nicht klappt, dann sagen sie: 'Kein Problem, gebe ich die Sendung dem LKW.'" Dass die Strecke Nürnberg-Verona besonders stark vom Streik betroffen war, führt Löblein auch auf fehlende Konkurrenz zurück. "Ich würde mir hier mehr Wettbewerb durch Privatbahnen wünschen wie auf der Route durch die Schweiz", sagt er. Diese Forderung ist bemerkenswert, weil Löblein im Verwaltungsrat des Operateurs Kombiverkehr sitzt, an der wiederum die Staatsbahn DB Schenker Rail zu 50 Prozent beteiligt ist. Löblein kritisiert generell die Pünktlichkeit der Staatsbahnen. Um Verspätungen auszugleichen, hat sein Unternehmen mehr Container, als es eigentlich braucht. "Wenn die Bahn normal fährt - Klammer auf: also unpünktlich ist, Klammer zu - dann kommen wir genau mit unseren 600 Containern hin. Ansonsten haben wir 100 zu viel", sagt Löblein. cd

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