Eine Menge Schotter

Erst wollte Herbert Bärnreuther Feinwerktechniker werden, dann arbeitete er in der IT-Branche. Eine Tätigkeit im familieneigenen Unternehmen stand für den heutigen Chef von Bärnreuther + Deuerlein (B+D) jedenfalls erst mal nicht auf der Agenda. Auf Bitten seiner Eltern stieg er 1996 dann doch in den heimischen Betrieb ein und übernahm zwei Jahre später nach dem plötzlichen Tod seiner Mutter deren Aufgaben. "Nach und nach bin ich in die Rolle hineingewachsen", erinnert er sich. Mittlerweile ist er als einer von zwei Geschäftsführern von B+D für den kaufmännischen Bereich verantwortlich. Das Unternehmen, das der 53-Jährige gemeinsam mit Werner Steinbrecher leitet, bezeichnet sich auf seiner Webseite als "Rock City" - ein äußerst passender Name. Denn um Felsen und Steine dreht sich alles bei der Schotterwerke GmbH & Co. KG, die sieben Steinbrüche in der Metropolregion Nürnberg-Regensburg betreibt. Der Mittelständler produziert, vertreibt und transportiert Schotterprodukte aus Kalkstein und Dolomit. Die Historie kurz zusammengefasst: Ursprünglich als eigenständige Betriebe gegründet, fusionierten die Firmen Bärnreuther und Deuerlein 2010 zu einem Unternehmen. Im Stein-Business waren beide zuvor aber schon lange tätig: Bärnreuther seit 1933, Deuerlein seit 1948 (siehe Kasten unten). Zusammen geht es besser voran Für den Zusammenschluss vor zehn Jahren haben sich beide Firmen nicht aus der Not heraus entschieden, wie Herbert Bärnreuther beim Vor-Ort-Termin mit der VerkehrsRundschau betont. "Aber die Aufgaben, die wir als Steinbruch bewältigen müssen, werden immer komplizierter." Das betreffe Themen wie das Einhalten gesetzlicher Vorgaben und Sozialvorschriften oder das Beantragen von Genehmigungen zur Rohstoffsicherung. Auch das passende Personal zu finden und die Unternehmensnachfolge frühzeitig zu regeln, lasse sich gemeinsam besser angehen. "Will man nicht stehen bleiben, muss man sich vergrößern", ist Bärnreuther überzeugt. Kein großes Thema für das Unternehmen ist die Corona-Krise. "Für uns gab es bisher eigentlich keinen Unterschied, außer die Verunsicherung, wie man sich jetzt genau verhalten muss", so der Geschäftsführer. An der Auftragslage habe sich nichts geändert, denn die Baustellen, die B+D beliefert, seien normal weitergelaufen. Große Einbrüche erwartet er zwar auch für 2021 noch nicht, für die Zukunft geht er aber davon aus, dass der Staat und die Kommunen aufgrund der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie weniger in den Straßenbau investieren werden. Und die sind die mit Abstand größten Auftraggeber des Unternehmens. "Der Verkehr heutzutage ist ein Kampf" Dass die Aufträge bei ihrem Arbeitgeber gesichert sind, ist auch für die 88 Berufskraftfahrer, die für B+D tätig sind, wichtig. Ihnen zollt Bärnreuther großen Respekt: "Der Verkehr heutzutage ist ein Kampf. Diesen jeden Tag ohne Unfall durchzustehen, ist eine Meisterleistung." Sowieso ist es eine besondere Herausforderung, für die Schotterwerke zu fahren, denn gerade im Baustellenbereich gibt es viele Regeln zu beachten. Damit auch Fahrer ohne Steinbruch- oder Schüttgut-Erfahrung sich dort zurechtfinden, müssen sie zu Beginn ein spezielles internes Fahrertraining absolvieren. Das bedeutet, zunächst eine Woche bei einem erfahrenen Fahrer mitzufahren und danach im eigenen Fahrzeug im Konvoi. Dabei lernen die Anfänger unter anderem, wie man sicher kippt, wie sie sich auf einer Baustelle verhalten sollen und welche Verhaltensregeln im Steinbruch gelten. Ein kleines Programm, das sich bisher bewährt habe, so der Firmenchef. Für das Personal sowie ebenfalls für Fuhrparkmanagement, Marketing und Öffentlichkeitsarbeit ist die 23-jährige Anna Bärnreuther verantwortlich. Recht jung für so viele Aufgabenbereiche, könnte man denken. Die Tochter des Geschäftsführers wirkt aber, als habe sie alles im Griff: Das Dienst-Smartphone ist stets zur Hand, um schnell auf Anfragen reagieren zu können, und die wichtigsten Firmendaten hat sie auch alle im Kopf. Seit Juli 2018 arbeitet die studierte Sozialwissenschaftlerin im Familienbetrieb mit, obwohl sie das ursprünglich - genau wie ihr Vater - gar nicht vorhatte. Ein dreimonatiges Praktikum bei B+D hat sie schließlich umgestimmt. Wie ihr Vater, der ebenfalls Radlader fahren kann, besitzt Anna inzwischen einen Lkw-Führerschein. "Mein Anspruch ist: Das, was der Mitarbeiter kann, muss ich als Chef prinzipiell auch können", erklärt Herbert Bärnreuther seine Philosophie. 2008 hat B+D den Transportbereich aus der Schotterwerke GmbH ausgegliedert und in eine selbstständige Gesellschaft überführt. Vor allem aus Gründen der Transparenz, stellt der Geschäftsführer klar. "Zwar haben wir da mittlerweile auch einen anderen Tarifvertrag, der ist dem alten gegenüber aber sehr ähnlich." Noch ein anderes Thema spielte bei der Entscheidung eine Rolle: "Wir haben im Steinbruch eine relativ hohe Gefährdung und zahlen somit auch hohe Versicherungsbeiträge. Im Transportgewerbe ist das Risiko niedriger, da kommt man in eine andere Berufsgenossenschaft." Die Tochterfirma konnte außerdem als Entsorgungsfachbetrieb zertifiziert werden, was für den Transport und die Entsorgung belasteter Böden notwendig ist. Die Produktion bei B+D erfolgt in der Regel just in time. Es wird also nur Material gesprengt, wenn es auch benötigt wird. Etwa 10.000 bis 15.000 Tonnen werden täglich in den Steinbrüchen abgetragen. Davon liefert das Unternehmen 70 Prozent selbst, den Rest holen die Kunden ab. Dabei hat der Betrieb aktuell keine Probleme, die Mengen zu transportieren, denn Fahrermangel ist - im Gegensatz zu den Vorjahren - momentan kein Thema. Viele würden sich wegen der Corona-Krise jetzt wohl im näheren Umfeld orientieren und lieber nicht über die Grenzen fahren, vermutet Anna Bärnreuther. "17 Fahrer haben wir eingestellt, 14 davon sind noch da. Und wir bekommen auch wirklich gute Bewerbungen", berichtet die Personal-Verantwortliche. Auch das Thema Nachwuchsförderung spielt eine wichtige Rolle im Unternehmen. Derzeit wird zum ersten Mal ein Berufskraftfahrer-Azubi ausgebildet. Der Lehrling wurde im zweiten Ausbildungsjahr von einer anderen Firma übernommen und hat im September 2020 bei B+D angefangen. Insgesamt bildet der Betrieb aktuell sechs Auszubildende in vier Berufen aus. Ganz leicht ist es allerdings nicht, den Nachwuchs für die Arbeit bei den Schotterwerken zu begeistern. "Viele denken, dass es in einem Steinbruch hauptsächlich laut, dreckig und verstaubt zugeht", schildert die Bärnreuther-Tochter das Image-Problem. Damit sich das ändert, hat sie eine Social-Media-Offensive gestartet: Facebook, Instagram, You-Tube - überall ist das Unternehmen mit einem eigenen Account vertreten. Dort sind unter dem Motto "Get ready to rock" vor allem kurze Imagefilme über die verschiedenen Berufe und Impressionen aus den Steinbrüchen zu finden. "Das zieht auch bei den jungen Leuten. Das haben wir bei den Angestellten in unserer Werkstatt gemerkt, die finden das schon cool", stellt ihr Vater fest. Er steht dem Ganzen offen gegenüber. Der Generationenwechsel ist ein Thema Wie es in den Steinbrüchen des Betriebs tatsächlich aussieht, davon können sich potenzielle Lehrlinge direkt selbst überzeugen. B+D bietet Schulklassen vor Ort die Möglichkeit, einen Blick ins Unternehmen zu werfen. "Ich sag immer, wenn die da sind: Jetzt werden Arbeitsverträge unterschrieben!", erzählt der Chef scherzhaft. Neben dem Finden geeigneter Nachwuchskräfte ist auch der Generationenwechsel ein Thema, das ihn beschäftigt. Herbert Bärnreuther ist zwar erst 53, seine beiden Brüder, die jeweils zwei Steinbrüche leiten, sowie der zweite Geschäftsführer Werner Steinbrecher gehen aber alle auf die 60 zu oder haben sie bereits erreicht. Wichtig ist Bärnreuther, auch künftig den persönlichen Charakter des Unternehmens zu bewahren. "Ich bin der Meinung, dass die Gesellschafter hier auch mitarbeiten und nicht nur einmal im Jahr die Kohle kassieren sollten." Die Chefs von morgen könnten dabei direkt aus der eigenen Familie kommen. Oder besser gesagt Chefinnen, denn die nachfolgende Generation ist ausschließlich weiblich. Ob sich Anna Bärnreuther vorstellen könnte, mal in die Rolle ihres Vaters zu schlüpfen? Da ist die 23-Jährige noch zögerlich. "Das Thema steht ja nicht unmittelbar bevor, bis dahin habe ich zum Glück noch Zeit, mich zu entfalten." Ausschließen würde sie es aber nicht. Mehr zum Thema unter #Unternehmensführung www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Bei Bärnreuther + Deuerlein dreht sich alles um Felsen und Steine, denn das Unternehmen betreibt sieben Steinbrüche in der Metropolregion Nürnberg-Regensburg. Nachwuchsförderung und Unternehmensnachfolge sind nur zwei der Themen, die Geschäftsführer Herbert Bärnreuther beschäftigen. Gemeinsam über 155 Jahre Geschichte 1933 stellt Bärnreuther am Dillberg zum ersten Mal Schotter für das Nürnberger Umland her und legt damit den Grundstein für das Unternehmen. 1948 steigt Deuerlein mit einem gebrauchten Militär-Lkw von Ford ins Schottergeschäft ein. 1987 übernimmt dort Werner Steinbrecher die Geschäftsführung mit seiner Frau Monika. Bei Bärnreuther fällt diese Aufgabe ab 1998 Herbert Bärnreuther zu. 2008 wird bei Bärnreuther der Transportbereich in eine selbstständige Gesellschaft überführt. Zwei Jahre später schließen sich die Firmen Bärnreuther und Deuerlein zu Bärnreuther + Deuerlein Schotterwerke GmbH & Co. KG zusammen. Das Unternehmen wird von Herbert Bärnreuther und Werner Steinbrecher gemeinsam geführt. Heute sind dort 175 Mitarbeiter beschäftigt, davon 88 Fahrer, einer in Ausbildung. Der Umsatz der Schotterwerke GmbH beläuft sich 2020 voraussichtlich auf etwa 32 Millionen Euro, bei der Transport GmbH auf etwa 13 Millionen Euro. Zum Fuhrpark gehören 86 Lkw, je zur Hälfte von den Herstellern MAN und Mercedes, sowie 90 Auflieger. Alle Fahrzeuge sind Kipper für den Schüttgutverkehr und durchschnittlich fünf Jahre alt. Das Transportvolumen beträgt etwa zwei Millionen Tonnen im Jahr.

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