Digital an Bord holen

Im Homeoffice arbeiten, weit weg vom Chef - für manche Mitarbeiter ist das eine verlockende Vorstellung. Schwierig gestaltet sich Situation aber für Angestellte eines Unternehmens, die mit den internen Strukturen, Prozessen und von ihnen erwarteten Aufgaben noch nicht vertraut sind. Während der Corona-Pandemie starten viele Arbeitnehmer direkt von zu Hause aus ihren neuen Job. Deshalb wird auch das Thema virtuelles Onboarding immer wichtiger, also die Einarbeitung von Mitarbeitern auf digitalem Weg. Allerdings scheitern viele Betriebe dabei noch an der praktischen Umsetzung, wie eine Ende 2020 veröffentlichte Umfrage des Software-Anbieters Haufe unter mehr als 550 HR-Verantwortlichen verschiedener Unternehmen zeigt. Demnach konnten 78 Prozent der Befragten während des ersten Lockdowns keine zusätzlichen, digitalen Onboarding-Maßnahmen ergreifen. Das hatte bei rund 40 Prozent der Firmen eine erschwerte Einarbeitung, fehlenden Austausch und mangelnde Vernetzungsmöglichkeiten mit den neuen Kollegen zur Folge. 77 Prozent der Personalverantwortlichen sehen laut Umfrage hohes Verbesserungspotenzial bei der Einarbeitung neuer Mitarbeiter während der Pandemie. Schwierigkeiten bei Logistikberufen Für die Transport- und Logistikbranche ist die Situation besonders herausfordernd, denn viele Jobs lassen sich dort nicht im Homeoffice erledigen. "Die Einarbeitung neuer Mitarbeiter hat sich aufgrund der Hygiene-Maßnahmen deutlich erschwert", berichtet Johannes Reuther, Geschäftsführer der Spedition Güttler Logistik. 21 Beschäftigte hat das mittelständische Unternehmen aus Hof an der Saale seit November vergangenen Jahres eingestellt, darunter zwölf Fahrer. Während neue Berufskraftfahrer früher vom Stammpersonal begleitet wurden, gibt es jetzt nur noch Einweisungen auf dem Betriebshof, außerdem wird intensiv telefonisch betreut. Bei den Lagermitarbeitern gestaltet sich der Onboarding-Prozess aufgrund der erforderlichen Schutzmaßnahmen ebenfalls schwieriger. Hier macht Reuther auch zu schaffen, dass aktuell keine Staplerkurse möglich sind, da keine Fahrschulen zur Qualifikation besucht werden können. Im kaufmännischen Bereich hat der Spediteur dort, wo es möglich ist, Homeoffice eingeführt - und ist von dem Resultat bisher positiv überrascht. "Mich wundert selbst, wie gut der Betrieb dabei aktuell funktioniert." 30 Prozent der kaufmännischen Beschäftigten von Güttler arbeiten derzeit von zu Hause aus. Laut dem Geschäftsführer könnte das Unternehmen den Anteil zumindest temporär auf 45 Prozent erhöhen. Klare Strukturierung ist das A und O Damit neue Mitarbeiter trotz Distanz richtig integriert werden, sollte der Einarbeitungsprozess gut strukturiert und langfristig geplant sein, weiß Jens Jahn, Partner und Personalexperte bei der Boston Consulting Group (BCG). "Was sich früher von selbst ergeben hat, muss beim digitalen Onboarding viel mehr gesteuert werden." Er empfiehlt, einen klaren Zeitplan und festgelegte Ansprechpartner zu bestimmen (s. auch Kasten unten). Grundsätzlich spiele die regelmäßige Kommunikation eine entscheidende Rolle. "Es ist wichtig, dass der neue Mitarbeiter nicht an irgendeinem Punkt vergessen wird", betont Jahn. Führungskräfte sollten bereits in der Anfangsphase das Feedback des Angestellten einholen, um mögliche Probleme und Unklarheiten frühzeitig zu klären. Auch informelle Gespräche mit den Kollegen sollten nicht zu kurz kommen, denn "die Vernetzung der Mitarbeiter untereinander ist wichtig, sie schafft Zusammenhalt und fördert die Unternehmenskultur", sagt der Experte. So könne man ungeplante, persönliche Begegnungen, wie gemeinsame Kaffeepausen, auch digital über Videokonferenz-Tools simulieren und Mitarbeiter miteinander matchen. Und noch einen Tipp hat er: "Bei gemeinsamen virtuellen Meetings sollten alle Teilnehmer die Kamera anlassen. Wo man sich sonst vor Ort sehen würde, sollte man sich auch über den digitalen Weg sehen." Persönliches Onboarding bevorzugt Auch Johannes Reuther versucht bei Güttler die regelmäßige Kommunikation mit seiner Belegschaft im Homeoffice aufrechtzuerhalten. "Die Abteilungsleiter führen dreimal pro Woche ein Gespräch mit ihren Angestellten - entweder über Microsoft Teams oder per Telefon", erzählt er. Trotzdem ist ihm vor allem bei neuen Mitarbeitern die Anwesenheit vor Ort lieber, die Einarbeitung auf Distanz hält der Spediteur auf Dauer für uneffektiv. Außerdem sei die Digitalisierung in bestimmten Bereich auch noch nicht so weit fortgeschritten: "Dokumente in Papierform wie Frachtbriefe oder Palettenscheine werden trotz Scannern und Apps auf den Fahrzeugen immer noch benötigt. Wenn so etwas nicht mehr persönlich bearbeitet werden kann, ist das womöglich der Anfang vom Ende", ist er der Ansicht. Mehr zum Thema unter #Unternehmensführung www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Auch in der aktuellen Corona-Krise stellen Unternehmen neue Mitarbeiter ein. Weil deren Einarbeitung oft nur auf Distanz möglich ist, sollten sich Führungskräfte in Bereichen, in denen es möglich ist, auch mit dem Thema virtuelles Onboarding beschäftigen. Fünf Tipps, wie Sie neue Mitarbeiter digital einarbeiten Den digitalen Einarbeitungsprozess intensiver strukturieren und langfristiger planen als bei einem Onboarding vor Ort Funktionierende Technik sicherstellen, damit neue Arbeitskräfte direkt einsatzfähig sind Angehende Mitarbeiter von Anfang an in alle relevanten Prozesse einbinden - mit festgelegten Gesprächsterminen und Ansprechpartnern Trotz Distanz regelmäßiges Feedback einholen, damit Probleme und Unklarheiten frühzeitig behoben werden können Das persönliche Onboarding, etwa durch digitale Kaffeepausen, nicht vergessen, damit der informelle Austausch und die Integration in das Team nicht zu kurz kommen

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