Eine Frage des Glaubens

Personal, Maut, Diesel, Werkstatt - das sind die Posten, die für graue Haare bei Fuhrparkverantwortlichen sorgen. Wie sich diese Kosten in den Griff kriegen lassen, diskutierten die Teilnehmer der Fachkonferenz "LKW und Fuhrpark" im April in Mainz. Referenten von Unternehmen und Verbänden erklärten auf der Veranstaltung, die die VerkehrsRundschau jedes Jahr zusammen mit dem Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL) - unterstützt durch den TÜV Süd - ausrichtet, wie gutes Fuhrparkmanagement funktioniert. Für Andreas Ott, Logistik-Leiter bei Pfleiderer, steht am Anfang aller Überlegungen eine "Glaubensfrage": Eigenfuhrpark oder Fremdvergabe? Eine Faustregel gebe es nicht, jedes Unternehmen müsse für sich das richtige Maß finden, sagte Ott. Der Holzwerkstoffehersteller mit Unternehmenssitz in Neumarkt in der Oberpfalz beschäftigt rund 3400 Mitarbeiter. Eine reine Fremdvergabe sei schwierig, so Ott. 16 Prozent des Transportaufkommens werden daher von Jura, einem integrierten Dienstleister, bewegt, der Rest über Subunternehmer. 58 ziehende und 86 gezogene Einheiten beherbergt der Fuhrpark. Das Know-how bleibt im Unternehmen "Wir bewegen Schüttgut, aber auch Spanplatten unterschiedlicher Formate. Systemverkehre kommen für uns also nicht infrage", sagte der Logistiker. Denn es brauche Spezialequipment wie Schubbodenauflieger mit Seitentüren und auch die Ladungssicherung der Spanplatten sei kompliziert. Dieses Know-how und die Ausrüstung im Unternehmen zu halten, sieht er als großen Vorteil. Ein eigener Fuhrpark birgt aber auch Risiken. "Es gibt nichts Schlimmeres, als aus dem Fenster zu schauen und die eigenen Fahrzeuge stehen auf dem Hof", erklärte Ott. Bei einer schwankenden Auftragslage und vom Kunden festgelegten Lieferzeiten kann das schnell passieren, wenn es bei der Kalkulation oder der Disposition hakt. Automatische Tourenplanungssysteme versprechen Abhilfe. Moderne Dispositionssoftware verknüpft Stammdaten wie das Tourennetz und Auftragsanforderungen mit Parametern wie Lenk- und Ruhezeiten und rechnet sogar die Dynamik des Verkehrs, also die durchschnittliche Verkehrslage zur Lieferzeit auf der Tour, ein. "Unsere Kunden sparen durch eine bessere Auslastung zwischen 7 und 15 Prozent der Kosten ein", versprach Frank Felten vom Softwarehersteller PTV-Group in Bezug auf das Tourenoptimierungstool Smartour. Katastrophal ist es, wenn der LKW trotz guter Auftragslage und Disposition still steht, weil er mit Motor- oder Achsschaden liegen geblieben ist. Große, ungeplante Reparaturen sind kostspielig und können die gesamte Logistik durcheinanderbringen. Dieter Roth vom TÜV Süd rät Fuhrparkmanagern daher, die Fahrzeuge regelmäßig zu warten. Damit lassen sich ihre Lebensdauer verlängern und ungeplante Ausfälle reduzieren. "Reparieren Sie die Fahrzeuge vorbeugend. Dann können Sie planen, wann sie still stehen", empfahl der Mängelexperte. Größere Reparaturen können dann in die Zeit gelegt werden, wenn die Auftragsbücher ohnehin leer sind. Um frühzeitig zu erkennen, wenn was mit den Fahrzeugen nicht stimmt, riet Roth den Konferenzteilnehmern, stets den Profilabrieb der Reifen im Blick zu haben. "Das ist das beste Anzeigegerät. Ungleicher Verschleiß ist das erste Warnsignal dafür, dass etwas faul ist". Daher gilt es, die LKW gut zu beobachten. Und wer könnte das besser als der, der sie täglich nutzt: der Fahrer. Roth empfiehlt, das Personal zu sensibilisieren. "Das sind Managementprozesse", sagte er. "Nur wenn geregelt ist, welche Checks der Fahrer regelmäßig durchführen soll, kann er das bestmöglich machen". Sparen mit moderner Flotte Wer einen modernen Fuhrpark unterhält, spart sich zudem Ausfälle. Denn mit zunehmendem Alter steigt laut Roth die Mängelquote. Ein weiterer Vorteil: Fahrzeuge mit neuer Euro-Schadstoffklasse zahlen sich bei den Maut-Gebühren aus. Das zeigte der gemeinsame Vortrag von BWVL-Geschäftsführer Christian Labrot und Klaus Hartmann, Fuhrparkleiter der Nobilia-Werke. Hochaktuell beschäftigten sie sich mit dem Wegekostengutachten und rechneten vor, wie sich die Ausweitung der LKW-Maut auf die Fahrzeugkalkulation auswirkt. Was aber, wenn der Fuhrpark gepflegt ist, die Fahrzeuge rollen können, die Fließbänder aber stillstehen? Pfleiderer Holzwerkstoffe produziert viele Spezialanfertigungen. Die Lieferung erfolgt dann nicht vom Lager aus, wo die Waren auf Abholung warten, sondern direkt vom Werk aus. Wenn es zu Produktionsausfällen kommt, muss die Logistik flexibel reagieren können. "Diese Flexibilität kaufen wir uns mit der eigenen Flotte", sagte Pfleiderer-Logistikchef Ott. Gegen den eigenen Fuhrpark sprechen die hohen Fixkosten für Anschaffung, Wartung und vor allem: das Personal. Polnische Fahrer als Alternative? Zum guten Fuhrparkmanagement gehört daher, die Kosten für das Personal flexibel an die Auftragslage anpassen zu können. Leiharbeiter einzusetzen sei keine neue Lösung, sagte Marc Possekel, Geschäftsführer der Einkaufs- und Vertriebskooperation für mittelständische Speditionen Log Coop. Viele denken dabei allerdings nur an die heimischen Firmen. "In der Log Coop beschäftigen derzeit vier Unternehmen rund 35 Fahrer über eine polnische Zeitarbeitsfirma", sagte der Geschäftsführer. Dies sei kein Plädoyer für Billiglöhner aus Nachbarstaaten. Die polnischen Fahrer seien nicht nur günstiger, sondern vor allem auch wegen des Fahrermangels in Deutschland eine gute Alternative. "Das ist ein guter Weg, um ein Stück Druck, beispielsweise in den Wochen vor Weihnachten, rauszunehmen", empfahl Possekel. Bei Log Coop habe man mit den polnischen Fahrern gute Erfahrungen gemacht. Wer gute Fahrer hat, beim Verbrauch der LKW aber noch nachhelfen will, kann auf technische Finessen zurückgreifen. Gerhard Grünig, LKW-Tester der VerkehrsRundschau, empfiehlt dafür den GPS-Tempomaten. Bis zu sieben Prozent Kraftstoff konnten gegenüber dem Durchschnittsverbrauch auf der Teststrecke eingespart werden. "Dieser Wert ist extrem", gab Grünig zu, "drei Prozent sind aber drin". Das System von Scania kostet 485 Euro, das von Mercedes Benz 1650 Euro. "Binnen eines Jahres amortisieren sie sich", sagte der Experte. Die intelligenten Tempomaten koppeln GPS-Informationen und 3D-Straßenkarten mit Fahrzeuginformationen und optimieren dadurch die Fahrweise. So nimmt der LKW vor einer Steigung Schwung, vermeidet es, bergauf zu schalten und nutzt eine lange Rollphase in der Senke. "Genau wie es der Fahrer in der Fahrerschulung lernt", erklärte der Tester. Selbst Grünig als erfahrener Fahrer gibt zu: "Bei schlechter Sicht schlagen mich die Systeme". Ein guter Lenker könne mithalten, wenn er die Strecke kennt, im Gegensatz zum Menschen werde der elektronische Assistent allerdings nie müde. Diese Tipps helfen, die Kosten für den Fuhrpark im Griff zu haben. Nicht alle Faktoren hat allerdings der Unternehmer in der Hand. Vor allem, wenn die Politik die Finger im Spiel hat. Bei den Maßen und Gewichten von LKW ist das zum Beispiel der Fall. "Den Energieverbrauch über die Straße könnten wir mit einem einfachen Trick verbessern", sagte Karlheinz Schmidt vom Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL). "Indem man den LKW eineinhalb Meter länger macht, nicht um mehr Aerodynamik anzubauen, sondern um Platz für zwei Paletten mehr zu haben," so der BGL-Hauptgeschäftsführer. Damit könne der LKW 15 Prozent mehr Ladung aufnehmen. Das gleiche Transportvolumen kann dann mit weniger Fahrten bewegt werden. Das spart Sprit, Fahrzeugkapazitäten und Personal. Seminar NFZ-Beschaffung und -Wartung Kaufen, mieten oder leasen Im Rahmen der Fachkonferenz "LKW und Fuhrpark" wurde in einem speziellen Workshop das Thema Beschaffung und Wartung von Nutzfahrzeugen vertieft. Unter Leitung des Einkaufsberaters Johann Hiltmair diskutierten die 25 Teilnehmer über die unterschiedlichen Finanzierungs- und Wartungskonzepte. Sven Heiligentag von der Gefa Gesellschaft für Absatzfinanzierung lieferte einen umfassenden Vergleich der am Markt verbreiteten Finanzierungsformen Kreditkauf, Mietkauf und Leasing. Die unterschiedlichen Optionen bei Wartungsverträgen erläuterte stellvertretend für alle NFZ-Hersteller Francesco Romano, Leiter des Iveco-Kundendienstes. Ein Video zum Thema finden Sie unter: www.verkehrsrundschau.de/videos. ak

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