"Etwas Geld pro Kilometer verdienen"

In Österreich haben Sie für DAF LKW verkauft, jetzt vermieten Sie welche für Pac-Lease-Deutschland. Was macht mehr Spaß? Ich war Geschäftsführer von DAF Austria und habe in dieser Rolle nie selber verkauft. Wir als Niederlassung des Produzenten haben die Händler betreut, die ihrerseits die Fahrzeuge verkauft haben. Für die war ich ein erster Ansprechpartner, Coach, Mentor, damit die DAF-Vertragshändler ihre Kunden entsprechend bedienen konnten. Jetzt sind Sie näher am Gewerbe. Was die Finanzkraft angeht, haben Sie die Branche als schwierig beschrieben. Ab dem Moment, in dem man unmittelbar mit dem Kunden aus dem Transportgewerbe arbeitet, bekommt man einen anderen Blickwinkel. Wir sehen, dass sich die Ausschreibungszeiten für Logistikdienstleistungen dramatisch verkürzt haben. Das trifft vor allem Dienstleister, die die Internetverkäufe ausliefern. Das macht die Kalkulation für den Transporteur schwieriger, weil er nicht auf Dauer mit einer festen Auslastung rechnen kann. Für diese Unternehmen sind wir Servicepartner und versuchen, die Knackpunkte des Geschäfts zu verstehen. Und, wo liegen die Knackpunkte? Wir fragen uns, wie hoch ist seine fixe Auslastung? Nutzt er Vermieter nur für Spitzen oder ist es ein grundsätzliches Geschäftsgebaren, wo er sagt, ich leiste mir nur so viele Fahrzeuge wie unbedingt nötig und alles andere möchte ich flexibel abdecken. Dadurch haben wir ein anderes Verständnis von der Branche. Daher müssen wir umdenken und unsere Produkte neu definieren. Wollen Unternehmer wirklich immer All-inclusive-Angebote oder sind vielmehr flexible Dienstleistungspakete gefragt, die dem Transporteur helfen, seine jeweilige Aufgabe zu bewältigen? Welche Mehrleistung können wir bieten, aber auch, wo entsteht Komplexität, auf die der Unternehmer als solcher gar nicht vorbereitet ist? Wie ist denn Ihre Kundenstruktur? Relativ ausgewogen. Allerdings hat sich die Struktur des Marktes geändert. Vor der Wirtschaftskrise haben sich im Großen und Ganzen die motorisierten und die gezogenen Einheiten in etwa die Waage gehalten. Dann wurden vor allem motorisierte Einheiten abgebaut, weil die unausgelastet zu teurer waren. Heute haben wir in Europa einen Stand, bei dem es nicht so viele motorisierte wie gezogene Einheiten gibt. Das Ladevolumen wäre vorhanden, die Transportkapazität ist nicht in vollem Umfang vorhanden. Irgendjemand muss dieses Ladevolumen von A nach B bringen. Das sind die motorisierten Einheiten. Kommt 2014 der erwartete Aufschwung, denken wir, dass die Zulassung von neuen Nutzfahrzeugen in diesem Jahr in Deutschland und in Europa insgesamt wächst. Genügend Hänger, die noch nicht ausgelastet sind, gibt es noch. Dann müssten nur noch die Preise nach oben gehen. Es gibt auch Preise, die nach unten gehen sollten. Der Transporteur darf sich heute darüber freuen, dass er im Vergleich zum Vorjahr marginal weniger für den Liter Diesel bezahlt. Wenn er es in den Kundenverhandlungen geschafft hat, seinen Preis zu halten, sollte er jetzt ein wenig Geld pro Kilometer verdienen. Sehr wenig, aber ein bisschen. Das hängt davon ab, wie der Dieselpreis, fix oder variabel, in die Angebotskalkulation eingeflossen ist. Also Luft für Investitionen? Wegen der Unsicherheit um die Maut-Zukunft von Euro 6 haben sich viele Transporteure mit ihren Investitionen zurückgehalten. Der Mehrpreis für einen Euro 6 gegenüber Euro 5 ist noch immer zu groß. Der Markt bezahlt für den Kilometer, der mit dem Euro 6 gefahren wurde, nicht mehr als für den mit Euro 5. Das heißt, die Investition würde heute auf den Schultern des Transporteurs hängen bleiben. Das geben die Margen nicht her. Damit bleibt der Investitionsstau. 2010, kurz nach der Krise, saßen wir hier mit Ihrem Vorgänger, Ronald Hahn. Wir sprachen über Paccar, die Mutter von Pac-Lease. Es hieß, durch die Krise hätte sich alles verzögert, aber in drei bis fünf Jahren sollten die Ergebnisse so sein, wie sie schon früher sein sollten. Was sagt die Mutter 2014? Paccar bekennt sich klar zu Pac-Lease sowohl in Deutschland als auch über die Grenzen hinaus. Das ist schon mal ein wichtiges Signal. In den USA hatte niemand erwartet, dass die Krise so lange dauern wird. Es steht ein gutes Jahr 2011 gegen einen gewissen Nachholbedarf. 2012, 2013 ist das Bruttoinlandsprodukt weniger gewachsen als angenommen. Daher müssen wir uns in Geduld üben. Im Konzern war man nicht unzufrieden mit den Ergebnissen 2012 und 2013. 2011 war aufgrund des Zwischenhochs ein durchaus gutes Jahr. Für 2014 sind wir jedenfalls gut gestimmt. Die Jahre haben wir genutzt, um entsprechende Strukturen zu schaffen, damit wir den Aufschwung der Wirtschaft in vollem Umfang nutzen können. Welche Strukturen haben Sie verändert? Wir haben eine - da bin ich meinem Vorgänger sehr dankbar - sehr junge Flotte. Aufgrund dieser jungen Flotte hatten wir die Möglichkeit, sehr genau zu schauen, in welchen Bereichen wir uns besser positionieren wollen. Aber auch, welche Bereiche wir etwas reduzieren wollen, um unseren Gewinn zu optimieren. Wir haben unsere internen Strukturen darauf ausgerichtet, dass wir in Zukunft nicht nur ein deutsches Unternehmen sind, sondern ein europäisches sein werden. Den Auftrag gibt es, seit Paccar das Unternehmen übernommen hat. Es geht nicht um Pac-Lease Germany, es geht um Pac-Lease Europe. Wir haben bereits einige Initiativen vorbereitet und auch umgesetzt, um 2014 mindestens in einem, wenn nicht in zwei Ländern in Europa tätig zu werden. Welche Länder haben Sie im Visier? Das möchte ich noch nicht sagen. Sie sprachen auch von Reduzierungen. Wir haben verschiedene Segmente in unserem Produktportfolio reduziert. Im Baubereich zum Beispiel. Da haben wir gesagt, der Kostenaufwand, die Auslastung des Fahrzeugs und die Mietpreise sind nicht attraktiv. Man hat dann zwei Möglichkeiten, man baut die Flotte riesengroß auf und hat die entsprechenden Kunden dafür oder man konzentriert sich auf das Kerngeschäft - Sattelzugmaschinen. Pac-Lease ist mit seinem Produktportfolio spezialisiert für das Kerngeschäft. Da haben wir Stärken. DAF hat die Reputation als Fernverkehrsfahrzeug, das der Fahrer durchaus liebt. Aber warum dann neben dem XF noch CF in der Flotte? Die passen sehr gut in die Flotte, weil wir unseren neuen CF auch mit einem neuen Motor ausgestattet haben. Wir fahren eine etwas geänderte Marketingstrategie. XF heißt bei Pac-Lease große Kabine und großer 13-Liter-Motor, CF heißt mittlere Kabine und 11-Liter-Motor. So hat der CF im Optimalfall einen Gewichtsvorteil von mehr als 400 Kilogramm. Für unsere Kunden bedeutet das entweder mehr Nutzlast oder weniger Spritverbrauch. Und bei innerdeutschen Verkehren ist es nicht notwendig, XF zu fahren. Der CF hat heute noch nicht die Reputation, die der XF hat. Insofern ist es ein Instrument, um am Markt auch verstärkt in diesem Segment präsent zu werden. Dass eine zweite Schiene durchaus bei unseren Wettbewerbern erfolgreich am Markt durchgesetzt wird, ist ein Zeichen dafür, dass es gebraucht wird. Wie viele Fahrzeuge kaufen Sie 2014? Wir wollen die Flotte um 100 bis 150 ziehende Einheiten vergrößern. Aufgrund der jungen Flotte können wir ein wenig spielen. Deswegen macht es keinen Sinn, genaue Zahlen zu nennen. Ich habe einen Spielraum von etwa 200 Autos, die ich mehr verkaufen kann, und die kann ich dann mehr ordern. Oder ich behalte sie, wenn der Bedarf an Euro 5 so groß ist, dass ich sage, ich lasse sie länger laufen, bis der Zeitpunkt optimal ist, sie in den Wiederverkauf zu geben. Ziel ist eine maximale Auslastung und Gewinnoptimierung in der Vermietung und ein zusätzlicher Ertrag durch den Verkauf des Gebrauchtfahrzeugs. Wie sehen Ihre Investitionspläne für die gezogenen Einheiten aus? Zu unseren 1850 ziehenden Einheiten haben wir in etwa gleich viele gezogene Einheiten. Hier gibt es den Trend, dass wir uns anders als in der Vergangenheit mehr spezialisieren wollen. Kühlkoffer waren früher eher für Lebensmittel oder Blumen. Heute sind das Fahrzeuge auch für Medikamente und andere sensible Güter. Da entwickeln sich neue Szenarien. In diesem Segment ist Flexibilität gefragt und darauf müssen wir uns als Vermieter einstellen. Das heißt konkret? Die Summe der gezogenen Fahrzeuge wird gleich bleiben, denn die Stangenware der Vergangenheit, die Tautliner, gehen zurück. Die Preise, die für diese Massentransporte bezahlt werden, sind derart niedrig, dass man dort einfach das billigst Mögliche braucht. Zudem ist in diesem Segment das verfügbare Ladevolumen relativ groß. In der Krise abgestellte Hänger lassen sich noch immer nutzen. Die Spediteure bringen derzeit ihr geparktes Ladevolumen wieder in den Verkehr. Daher sehen wir dort nicht viel Bedarf. Derzeit verhandeln wir mit unseren beiden Hauptlieferanten, Krone und Schmitz, wo wir abbauen und wo wir zulegen. Was verstehen Sie unter Billigstschiene, aus der Sie sich verabschieden wollen? Der Massenverkehr mit der Plane und den Paletten, wo für den Kilometer de facto nichts mehr bezahlt wird. Wenn heute zentralosteuropäische Transportunternehmen Kilometerpreise aufrufen, die unter 95 Cent liegen - da tun wir uns schwer, das zu kalkulieren. Ich muss für den Anhänger einen Mietpreis verlangen. Bei 12.000 Kilometern, die im Monat möglich sind, geht der Kostenaufwand nicht wirklich aus. Ein günstiger Planenauflieger, der für 22.000 Euro, gekauft von einem Spediteur, auf zehn Jahre abgeschrieben werden kann, da haben sie einen anderen Kilometersatz als wir. Natürlich muss der auch Reifen, Steuern, Versicherung und Service einrechnen. Aber wir als Vermieter müssen darauf noch einen Mark-up erheben, das ist das Geld, das wir verdienen. Das heißt, Sie fokussieren temperaturgeführte Transporte? Ja, die Verkehre nehmen zu und es ist ein Segment, das einer gewissen Stabilität unterliegt, auch in Krisenzeiten. Welche Nachteile hat denn Kögel, die aus dem Fuhrpark geflogen sind? Das war die Frage, mit wie vielen Partnern man zusammenarbeiten möchte, wenn man eine bestimmte Flottengröße hat und in den drei Segmenten Koffer, Plane und Kühler aktiv ist. Es gab in unserem Haus auch andere Produzenten. Aber jetzt geht es um Standardisierung und Menge. Vom Preis-Leistungs-Verhältnis, vom Reparaturaufwand und von der Qualität über die Jahre gesehen sind unsere Kunden mit den Produkten Schmitz und Krone zufriedener gewesen als mit dem Produkt Kögel. Nachdem wir uns als Serviceprovider unserer Kunden verstehen, sind wir der Masse gefolgt. Das deckt sich mit unseren Zahlen, da wir unsere Einheiten selbst servicieren. Beobachten Sie vor diesen Hintergründen den Trend: weniger Service, dafür billiger? Es gibt solche Anfragen, es gibt nur keinen Weg drum herum. Am Ende des Tages wird der Mietvertrag über die gefahrenen Kilometer und die Vertragslaufzeit bestimmt. Die Fahrzeuge werden deutlich besser und der Serviceaufwand wird geringer. Wir werden in Zukunft mehr in das Thema Fahrertraining investieren, weil das eine große Komponente für die Effizienz ist. Der Fahrer beeinflusst Wartung und Spritverbrauch. Ich würde mir also wünschen, dass wir in absehbarer Zeit eine Kilometerrate als Mietrate anbieten können. Vielleicht kommen wir zu Verträgen, wo wir den Kunden einen Bonus zukommen lassen können, weil weniger Servicekosten angefallen sind. Über unsere Telematik lassen sich die dazu nötigen Informationen abrufen. Für so eine Bonus-Regelung müssen Sie die Telematikdaten der Kunden einsehen. Wir müssen dem Kunden erlauben, auf unser Fahrzeug zuzugreifen. Wenn es um Servicekosten geht, dann geht es um das Fahrverhalten. Uns interessiert nicht der Fahrer und die Fahrerkarte. Uns interessieren Bremsenverschleiß, Ölverbrauch oder ob es eine übermäßige Temperaturentwicklung gegeben hat, ist der Fahrer länger über eine bestimmte Drehzahl gefahren und hat so den Motor extrem belastet. All das hat Auswirkungen auf die Motorbelastung und den Service. Wir arbeiten an Konzepten, die an die PKW-Industrie angelehnt sind. Ein Service soll nicht mehr nach festen Kilometerständen erfolgen, sondern wenn das Fahrzeug meldet, das es notwendig ist. Sie sprachen von neuen Produkten. Was kommt denn zur IAA? Wir haben uns in der Vergangenheit sehr als All-inclusive-Anbieter dargestellt. Wir sehen Tendenzen im Markt, dass unsere Kunden gerne selektiver wählen. Bestehende Grundpakete wollen wir nicht aufdröseln, aber neue Serviceaspekte hinzufügen. Eine komplett offene Telematik ist so ein Thema. Das ist die Basis für die angesprochene Bonus-Malus-Regelung. Den Launch planen wir für die Wintersaison 2014. Wie würden Sie denn den Mietmarkt im Moment charakterisieren? Vermietung ist für die Captive-Vermieter ein Finanzierungsprodukt. Ich glaube, dass Vermietung ein wachsender Markt ist, da die Transportausschreibungen immer kürzer werden. Zudem können so kurzfristig Aufträge angenommen werden, die spezielles und nicht vorhandenes Equipment erfordern. Ich kann mir vorstellen, dass das Gesamtvolumen der Vermietung eine Größenordnung von 15 bis 20 Prozent erreichen kann. Im Moment sind wir in Deutschland noch bei unter zehn Prozent. Vita Michael Schäffner Der gebürtige Wiener, Jahrgang 1963, ist seit dem 1. Januar 2012 als Geschäftsführer der Paccar Leasing GmbH angestellt. Bis zum Weggang seines Vorgängers, Ronald Hahn, im April 2013 hat er im Hintergrund gearbeitet. Der offizielle Wechsel fand zum 1. Mai 2013 statt. Die Stelle bei Pac-Lease ist seine fünfte Anstellung als Geschäftsführer. Zuvor war er von 2005 bis 2012 ebenfalls für den US-amerikanischen Paccar-Konzern tätig. Damals als Geschäftsführer des LKW-Bauers DAF in Österreich. Der Ingenieur verfügt über einen Executive MBA. Schäffners erster Job führte ihn als Servicetechniker zu Minolta. Der Familienvater von fünf Kindern ist sportbegeistert und informiert sich gerne in allen Bereichen des Sports. sv Unternehmen Pac-Lease Der Nutzfahrzeug-Vermieter Pac-Lease firmiert unter Paccar Leasing GmbH im hessischen Dieburg. Der Firmennamen macht es deutlich: Pac-Lease ist eine Tochter des US-amerikanischen Paccar-Konzerns, zu dem unter anderem die Nutzfahrzeugbauer DAF und Kenworth gehören. Pac-Lease zählt damit zu den herstellerabhängigen Vermietern und hat als motorisierte Einheiten nur DAF-Fahrzeuge im Angebot. Die gezogenen Einheiten kommen von Krone und Schmitz Cargobull. Der Vermieter unterhält 37 Stützpunkte in Deutschland und betreibt eine Flotte von 3700 Fahrzeugen, je hälftig als motorisierte und gezogene Einheiten. sv