Ein Tscheche fürs Grobe

Dass dieser Truck für härteste Einsätze konzipiert ist, zeigt bereits das massive Stahlschild, das sich über der Kabine spannt. Dieses soll verhindern, dass Fahrerhaus oder gar Fahrer durch herunterrieselndes Gestein beschädigt werden, sollte die Baggerschaufel beim Beladen mal "kleckern". Die weiteren Attribute des Tatra Phoenix mit der korrekten, sperrigen Bezeichnung "T 158-8P6R56.261 10x10.2": Fünf Achsen, davon bei Bedarf alle angetrieben - und selbstredend quer und längs sperrbar. Außerdem 510 PS, erzeugt vom 12,9 Liter großen Paccar MX-13-Reihensechszylinder. Den "leiht", wie auch die Kabine, DAF den Tschechen aus. Sortiert werden die 2500 Newtonmeter Drehmoment von einem Allison-Wandler-Automatikgetriebe mit sieben Gängen und integriertem Retarder. Ein grobschlächtiger Kerl also? Nur äußerlich! Beim Fahren gibt sich der Phoenix überaus komfortabel und soft, selbst auf holperigsten Pisten. Der Hauptgrund dafür liegt im Zentralrohrrahmen, für den der tschechische Hersteller seit jeher Spezialist ist. Anstatt eines normalen Rahmens mit zwei Längsträgern baut der Phoenix auf einem zentralen Rohr auf, an dem die in Halbachsen aufgehängten Räder montiert sind. Vorteil: Die Räder verfügen so über größere Federwege, was Bodenhaftung und die Traktion im Gelände erheblich verbessert. Und es erhöht nebenbei den Fahrkomfort. Der Tatra schwebt auch über große Schlaglöcher einfach hinweg. Daher kann der Phoenix selbst auf schlechtesten Pisten leer wie beladen Geschwindigkeiten realisieren, bei denen man in konventionell gefederten Kippern vom Sitz geschleudert zu werden droht. Traumhaft: 37,5 Tonnen Nutzlast Zugelassen ist der Bolide für nicht weniger als 60 Tonnen Gesamtgewicht, weshalb Tatra dem Testfahrzeug 37.500 Kilogramm Nutzlast bescheinigt. Damit birgt das Fahrgestell genügend Reserven, um die 23,5 Kubik fassende Hinterkippmulde aus Hardox-450-Stahl vom slowakischen Hersteller VS-Mont in legalem Rahmen füllen zu dürfen. Ein wirtschaftlicher Einsatz wäre bei uns also nur auf abgesperrtem Gelände, beispielsweise in einem Steinbruch, möglich. Dort ist der Phoenix laut Tatra eine kostengünstige und schnelle Alternative zu ausgewachsenen Dumpern. Für solche Einsätze ist das 4700er-Wandlergetriebe von Allison mit sieben Fahrstufen die goldrichtige Wahl. Warum? Weil es in jedem Lastzustand, auf jedem Untergrund und in jeder Topografie butterweiches und kupplungsschonendes Anfahren garantiert. Der Tatra ist auf unbefestigtem Untergrund voll beladen an einem steilen Berg zum Stehen gekommen? Kein Problem! Einfach beherzt das Gaspedal treten, vorher gegebenenfalls die Achssperren aktivieren, und der Koloss kommt sanft in Fahrt. Bergab sorgt der ins Getriebe integrierte Retarder für ähnliche Souveränität. Einmal in Fahrt, offenbart die Allison-Schaltbox dagegen ihre Nachteile, auch wenn die Gangwechsel konkurrenzlos schnell und unmerklich passieren. Zu unentschlossen wechselt der Automat des Öfteren zwischen zwei Schaltstufen hin und her, zu unnötig setzt die Getriebeelektronik auf hohe Drehzahlen. Wer seinen Tatra - dann natürlich mit niedrigerem zulässigen Gesamtgewicht - über längere Strecken auf öffentlichen Straßen einzusetzen gedenkt, fährt mit der ebenfalls lieferbaren AS-Tronic von ZF auf jeden Fall besser. Dafür ist der Phoenix 10x10.2 aber nicht gemacht. Vor diesem Hintergrund ist das Gesamtkonzept des Tatra also durchaus stimmig - inklusive ungeahntem Komfort für das Fahrpersonal. Alle Tests und Fahrberichte für Abonnenten www.verkehrsrundschau-plus.de In Kürze Die Marke Tatra gehört ohne Frage zu den Exoten in Deutschland. Dabei bietet der Zentralrohrrahmen des Phoenix spürbare Vorteile im Gelände. Welche das sind, offenbart der Fahrbericht.

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