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Ein Jahr Streit um die Pkw-Maut

30.10.2015 16:34 Uhr
Ein Jahr Streit um die Pkw-Maut
Seit einem Jahr dauert der Streit um die Pkw-Maut schon an
© Foto: Picture Alliance/dpa/ Bildagentur-online

Vor einem Jahr kochte der Streit um die Pkw-Maut hoch, als Dobrindt seinen Entwurf vorlegte. Ob die Infrastrukturabgabe noch kommt, steht in den Sternen.

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Berlin. Still ist es geworden. Nach allem Krach um diesen Dauerbrenner mit eingebauter Aufregungs-Garantie sogar sehr still. Die Pkw-Maut, das Prestigeprojekt der CSU in der großen Koalition, ist politisch tiefgefroren. Dabei ist es jetzt ein Jahr her, dass die heiße Phase anlief und Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) seinen Entwurf vorstellte. Schon seit Juni steht die Gebühr für Autobahnen und Bundesstraßen im Gesetzblatt, die alle zahlen sollen, aber nur Fahrer aus dem Ausland zusätzlich belastet. Doch der Start ist nach wie vor ungewiss - und liegt nicht mehr in deutscher Hand.

„Dass es ruhig um die Pkw-Maut wurde, heißt nicht, dass das Thema an Brisanz verloren hätte“, sagt Linke-Verkehrsexperte Herbert Behrens. Denn wie Kritiker es vorausgesagt hatten, schaltete sich im Sommer die EU-Kommission ein und brummte Deutschland ein Verfahren auf - wegen verbotener Benachteiligung von Ausländern. Das Modell führe dazu, dass Deutsche - und nur sie - de facto von der Maut befreit würden, bekräftigt ein Sprecher von EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc. Tatsächlich sollen inländische Autobesitzer bei der Kfz-Steuer entlastet werden, und zwar auf den Cent genau in Höhe ihrer Maut.

„Es ist still geworden um die Pkw-Maut. Statt sich leise von dem CSU-Prestigeprojekt zu verabschieden, sollte Dobrindt sein Scheitern eingestehen und die Pkw-Maut komplett einstampfen. Sie war keine gute Idee und wird auch keine mehr. Jetzt kann es für die CSU nur noch darum gehen, den Schaden zu minimieren. Alternativ droht die große Blamage und das gleiche Schicksal wie beim Betreuungsgeld", sagte FDP-Präsidiumsmitglied Christian Dürr.

Warten auf Post aus Brüssel

Zwischen Berlin und Brüssel gehen nun erst einmal Schriftsätze hin und her. Auf den ersten der Kommission antwortete die Bundesregierung Mitte August - und muss jetzt auf die nächste Post warten, um dann noch ein letztes Mal entgegnen zu können. Die Kommission analysiert derzeit noch die erste deutsche Replik, um über die nächsten Schritte zu entscheiden, wie der Sprecher erläutert.

Dabei rechnen sowieso alle damit, dass das Verfahren keine Einigung bringt und die Maut beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) landet. Die große Frage ist nur wann. Dobrindt, der die Maut ursprünglich 2016 „scharf stellen“ wollte, sitzt so lange auf heißen Kohlen. Denn sofort nach der Intervention aus Brüssel stoppte er weitere Vorbereitungen zum Beispiel für die geplante Suche eines privaten Mautbetreibers. Auch politisch wären größere Ausgaben auf einer offenkundig strittigen Rechtsgrundlage zu riskant gewesen.

Um die Umsetzung noch vor der Bundestagswahl 2017 starten zu können, wird die Zeit jedenfalls knapp. Denn nach dem erhofften grünen Licht müssten die Maut und die nötigen Vorbereitungen erst wieder „aufgetaut“ werden. Vorhersagen wagt auch die SPD nicht, die das erklärte CSU-Projekt nach einigen Änderungen aus Koalitionsräson mittrug. „Durch das Verfahren der EU-Kommission ist derzeit vollkommen offen, wann die Pkw-Maut endgültig kommen wird“, sagt SPD-Fraktionsvize Sören Bartol. „Es kommt jetzt auf die Gespräche der Bundesregierung an, um die Bedenken der EU-Kommission auszuräumen.“

Dobrindt fühlt sich sicher

Rechtliche Zweifel gekommen sind Dobrindt zwischenzeitlich aber nicht. Die Maut müssten ja In- wie Ausländer zahlen, lautet seine Argumentation. Und was Deutschland mit der Kfz-Steuer mache, sei allein nationale Hoheit. „Brüssel irrt, die Maut kommt, Gerechtigkeit siegt!“, verkündete der Minister im September zackig im Bundestag. Auf Nachbesserungen in der Sache will er sich auch nicht mehr einlassen. „Keine“, lautete die knappe Antwort auf eine parlamentarische Anfrage, welche Kompromissvorschläge vielleicht noch gemacht werden.

Die Opposition setzt darauf, dass der im CSU-Wahlkampf als „Ausländermaut“ gestarteten „Infrastrukturabgabe“ europäisch noch der Garaus gemacht wird. Die Maut „war und ist der größtmögliche Blödsinn der großen Koalition“, schimpft Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer.
Da sei es gut, „dass uns am Ende wenigstens noch die EU-Kommission vor dem in ein Gesetz gegossenen Populismus einer bayrischen Regionalpartei schützt.“ Der EuGH werde die Maut aller Voraussicht nach kassieren, erwartet Linke-Politiker Behrens. „Und dann wird es um Dobrindt sehr einsam.“ (dpa)

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