Eidgenössisches Konzept

Andere Länder, andere Gewichtsbeschränkungen. Dürfen LKW-Fahrgestelle hierzulande maximal 32 Tonnen wiegen, sieht das im Nachbarland Schweiz anders aus. Dort sind enge, kurvige Bergstraßen eher die Regel als Ausnahme - für lange Sattel- oder Hängerzüge bleibt da wenig Platz. Als logische Konsequenz erlauben die Eidgenossen auch Fahrgestelle bis zu 40 Tonnen. Natürlich vorausgesetzt, dass eine fünfte Achse, entweder als Vorlauf- oder - wie in diesem Fall - als Nachlauf-Aggregat das Gewicht mitträgt. Genau in diese "Schweizer Nische" passt der Arocs 4446, dessen Fahrgestell in der Spezial-Manufaktur im französischen Molsheim ensteht. Dort wird einem Vierachs-Fahrgestell mit kurzem 4550-Millimeter-Radstand eine luftgefederte Neun-Tonnen-Nachlaufachse angehängt. Rein technisch verkraftet der Arocs dann sogar bis zu 44 Tonnen, die sich zum Beispiel im Grubenbetrieb nutzen lassen ... Wendig wie kein anderer 40-Tonner Ihren größten Vorteil offenbart die entlast-, liftbare und vor allem mitlenkende, letzte Achse aber vorrangig im normalen Straßenverkehr: Spielerischer und wendiger lassen sich 40 Tonnen mit keinem anderen Fahrzeug bewegen und reversieren. Lediglich 19,6 Meter beträgt der Wendekreis-Durchmesser des 9,6 Meter langen Boliden. Das spürt der sattelgewöhnte Fahrer vor allem bei den ersten Abbiegungen. Vor denen holt man die ersten Male viel weiter aus, als es die drei gelenkten Achsen benötigen. So ragt die Arocs-Front bereits in den Gegenverkehr, während auf der Kurven-Innenseite verschwenderisch viel Platz bleibt - entsprechend "verwirrt" reagieren entgegenkommende Verkehrsteilnehmer. Einen Großteil zum leichten Handling trägt die elektronisch geregelte Lenkkraftunterstützung Servo-Twin bei, mit der sich der Fünfachser im wahrsten Sinne des Wortes mit dem kleinen Finger rangieren lässt. Die 3950 Euro Aufpreis für die Servo-Twin sollte man deshalb nicht scheuen. Beim Getriebe spendiert Mercedes elektronische Unterstützung dagegen serienmäßig in Form des automatisierten Powershift-Getriebes. Das wechselt seine zwölf Fahrstufen auch im Kipper schnell und durchdacht - zumindest auf Asphalt. Brav wählt die Elektronik bei 65 km/h verbrauchsorientiert den zwölften Gang und bezieht die Kraft der 476 PS und vor allem die 2300 Newtonmeter Drehmoment des OM 471 souverän in ihre Berechnungen mit ein. Lediglich den auf unübersichtlichen und hüge ligen Strecken eher kontraproduktiven Eco-Roll-Modus sollte man auf kleinen Straßen über die Lenkradtasten deaktivieren. Auch wenn das leider nach jedem Motorstart umständlich neu erfolgen muss. Verbesserungen am Meiller-Kipper Vor Einfahrt in ungefestigte Gruben empfiehlt sich aber der Wechsel in den manuellen Modus. Damit vereitelt man das Hochschalten an steilen Rampen oder in engen Kurven bei voll beladener Kippbrücke. Letztere hat Meiller extra für das Fünfachs-Fahrgestell neu entwickelt und ließ dabei mehrere Verbesserungen einfließen: Die Aluprofile glänzen ab sofort mit einer glatteren Oberfläche, die Auflagen der Brücke sind jetzt geschraubt anstatt geschweißt und die Bordwände lassen sich dank neuer Scharniere ab sofort um 180 Grad abklappen. 17 Kubikmeter passen in den Dreiseitenkipper. Zugegeben: Entsprechend konfiguriert, fällt der Aufbau eines 8x4-Vierachsers nur rund einen Kubikmeter kleiner aus. Klar geschlagen ist der 32-Tonner aber bei der Zuladung. Mit 17 Tonnen dürfen knapp sechs Tonnen weniger legal mitgenommen werden als beim leer 17 Tonnen schweren 10x4. Preislich ist der Fünfachser dafür kein Schnäppchen, wie Mercedes und Meiller zugeben, ohne allerdings genaue Zahlen zu nennen. Dennoch würde der 40-Tonner in "einem Stück" auch diesseits der Schweizer Grenze vielen gefallen. Enge und steile Straßen gibt es schließlich auch hier. Alle Tests und Fahrberichte seit dem Jahr 2008 für Premium-Abonnenten unter www.verkehrsrundschau.de/testdatenbank Technische Daten MotorOM 471 LA; wassergekühlter R6-Motor mit Single-Turbolader und LLK; vier Ventile pro Zylinder; BohrungxHub (mm): 132x156 mm; Hubraum: 12.809 cm3 ; Einspritzsystem: Common-Rail; Leistung PS (kW) bei U/min: 476 (350) bei 1800; max. Drehmoment (Nm) bei U/min: 2300 bei 1100; Euro 6 mit AGR/SCRKraftübertragungautomatisiertes Zwölfgang-Schaltgetriebe Powershift 3, Typ: G-330-12/11.63-0.77Fahrwerk & Bremsen1.+2. Achse: 7,5-t-Starrachsen in gekröpfter Ausführung, Parabelfedern, 3.+4. Achse: 13-t-Außenplaneten-Achsen, Luftfederung; 5. Achse: 9-t-Starrachse, lift- und lenkbar mit Anfahrhilfe, Luftfederung, Scheibenbremsen rundum, Voith-Sekundär-WasserretarderMaße & GewichteRadstand (mm): 4500, LxBxH (mm): 9610x 2500x3572, zul. Gesamtgewicht: 40.000 kg, Leergewicht (Testfzg. mit Aufbau, vollem Tank, Fahrer (80 kg)): 17.000 kg, Nutzlast: 23.000 kg