Transportplattformen: Editorial: Transportplattformen - nach eigenen Regeln spielen

Nie mehr Kunden um Ladung anbetteln, mit ihnen um Transportpreise feilschen und ausstehende Rechnungsbeträge anmahnen müssen - so macht das Leben als Transportunternehmer Spaß. Nur geträumt? Von wegen! Schenker verspricht seinen Transportpartnern genau das (siehe Seite 22). Ab 2017 soll die gesamte Zusammenarbeit im Teil- und Komplettladungsgeschäft zwischen Schenker und seinen Frachtführern über eine Internetplattform ablaufen: Vom Hochladen des Transportauftrags, der Preisvereinbarung, Vergabe an den Frachtführer, Transport-Monitoring bis hin zur elektronischen Abrechnung mit dem Frachtführer. Nur noch fahren müssen Schöne neue Welt also, und vor allem so unendlich bequem. Ein Transportunternehmer muss dann nur noch fahren. Oder aber, um es mit den Worten von Schenker zu formulieren: "Die Fahrer werden mittels Fahrer-App direkt zum Beladepunkt der Ladung gelotst." Allerdings sei die Frage erlaubt, was dies noch mit Unternehmertum, also eigenständigem Entscheiden, zu tun hat? Wer seine Preise nicht mehr selbst kalkuliert, seine Leistungen nicht abrechnet und auch die Konditionen mit Lkw-Händlern nicht mehr selbst aushandelt, hat mit eigenständig handelnden Unternehmern wenig gemein. Natürlich sagt sich dies leicht, wenn man nicht selbst im umkämpften Transportgeschäft tätig ist, in dem ein Unternehmer das Spiel mitspielen muss, um dabei zu bleiben. Wichtig ist nur, dass sich ein Unternehmer der Risiken solcher Neuerungen bewusst ist. Vor allem aber ist wichtig, dass er trotz dieser technischen Möglichkeiten nicht zu bequem wird, sondern seine Kosten nach wie vor selbst ermittelt, Transportpreise nachkalkuliert - kurz: den Unterschied zwischen rentabler und ruinöser Fracht erkennen und diese gegebenenfalls ablehnen kann. So viel Unternehmertum muss sein - auch in Zeiten von Plattformen. Deshalb ist man Unternehmer geworden und nicht Fahrer.

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