Begleitetes Fahren: Editorial: Kinder am Lenkrad

Kennen Sie die Geschichte vom Bauern, der mitten in der Erntezeit seine Frau beim Fremdgehen mit dem Knecht auf der Wohnzimmercouch erwischt? In seiner Rage überlegt er, dass er - sofern er sich von der Frau trennt - niemanden mehr hat, der den Haushalt führt. Falls er den Knecht feuert, müsste er die ganze Arbeit alleine machen. Ergo: Er schmeißt die Couch auf den Müll. Diese Strategie erinnert mich stark an die Idee, mehr Berufskraftfahrer-Azubis zu bekommen, wenn man ihnen mit 17 das (begleitete) Lkw-Fahren erlaubt. Natürlich sind die Jungs und - die wenigen Mädels - scharf aufs Fahren und das könnte auch ihre Motivation steigern. Und auch beim B-Führerschein hat sich gezeigt, dass begleitetes Fahren mit 17 ein probates Mittel ist, Routinen aufzubauen und Unfallzahlen zu senken. Und trotzdem ist es - ebensowenig wie die Couch auf dem Müll - die Lösung des Problems. Der Schuss könnte sogar nach hinten losgehen. Vielleicht steigt die Abbrecherquote der Azubis sogar noch, wenn die jungen Menschen noch früher mitbekommen, wie schlecht man als Fahrer an der Laderampe teilweise behandelt wird, wie schwierig sich nachts ein Parkplatz finden lässt und dass man im Verkehr als Übel und Hindernis betrachtet wird. Ordentliches Gehalt Und das ist der Punkt. Es muss sich grundsätzlich etwas ändern. Lkw-Fahren ab 17 ist nicht allein das seligmachende Instrument. Logistik-Prozesse müssen sich wandeln, weil die Jugend - zu Recht - ein planbares Privatleben haben will. Gottgleiche Rampenkönige müssen zurechtgewiesen werden. Und vor allem: Die Azubis, aber auch die bereits in Lohn und Brot stehenden Fahrer müssen ordentlich Geld verdienen. Und der Griff in den Geldbeutel könnte sich lohnen: Denn wer demnächst die Fahrer hat, wird der König sein.

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