Scanias neue Lkw-Generation: Editorial: Hin- und hergerissen

Ein wenig ratlos stehe ich jetzt vor dem neuen Schweden. Das also ist der Lkw, dessen Entwicklung zwei Milliarden Euro verschlungen, die zehn Jahre gedauert und um die Scania ein Geheimnis gemacht hat, als ginge es um die Ufos aus Area 51. Sieht doch ganz gut aus Gut, in natura sieht er besser aus als auf den Bildern, die ich kurz vor der Live-Präsentation noch sah. Unten noch immer ein typischer Scania, das Dach ein wenig DAF, die Seitenlinie ein Mix aus MAN und Mercedes. Über Geschmack lässt sich laut meinem Latein-Lehrer sowieso nicht streiten - oder eben trefflich ... Ich gehe mal in mich und lasse die Neuvorstellungen der letzten Jahre Revue passieren. Der Volvo FH: Einzelradaufhängung vorne, Dynamic Steering, Doppelkupplungsgetriebe. Zuvor der Mercedes Actros: Ein neuer Weltmotor, schon fit für die Schadstoffnormen nach 2020, vollgestopft mit Fahrassistenzsystemen und eine Elektronik-Plattform, die jedes Space-Shuttle daneben erblassen ließ. Und jetzt der Scania: 150.000 km Wartungsintervall. Hat Iveco schon seit Jahren. Ein drehbarer Beifahrersitz. Haben wir längst bei Renault und Volvo gesehen. Vier Außenstaufächer. Hatte Mercedes schon vor zehn Jahren. Echte Innovationen wie ein Abbiegeassistent, eine funktionierende Car-to-Car-Communication oder eine Aktivlenkung als ersten Schritt zum autonomen Fahren - Fehlanzeige. Wenn ich ehrlich bin, macht sich Enttäuschung breit. Das ist also der neue "King of the Road"? Der Porsche unter den Lastern, das Juwel im VW-Nutzfahrzeuge-Imperium. Oder habe ich etwas nicht verstanden? Vielleicht hat der Scania mehr vom DAF als nur die Optik des Daches. Die Niederländer haben sich zur Nummer drei unter den Anbietern von Sattelzugmaschinen hochgearbeitet, weil sie auf konservative Technik gesetzt haben. Andere Lkw zickten, der XF lief dagegen zuverlässig. Andererseits heißt es doch immer, in fünf Jahre fahren alle Lkw autonom. Ist der Scania dafür reif? Machmal verstehe ich die Welt nicht. Verstehen Sie das?

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