E-Maut in Polen

Die neue elektronische Maut gilt ab dem 1. Juli für Fahrzeuge mit zulässigem Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen sowie für Busse mit mehr als neun Sitzen. Die Abrechnung erfolgt per elektronischer „On-Board-Unit“ (OBU), die in Polen „Viabox“ heißt und hinter die Windschutzscheibe geklebt wird. Sie entrichtet bei Einfahrt an den Mauttoren automatisch die Gebühren. Sie gilt nur in dem Fahrzeug, das vorher bei besonderen Vertriebs- oder Servicestellen (meistens Tankstellen) oder bei einem Callcenter registriert worden ist. Die genauen Informationen über gebührenpflichtige Strecken, Tarife oder Ausgabe-orte für die „Viabox“ finden sich – auch auf Deutsch – auf der Website des Betreibers. Dort kann man sich bereits jetzt registrieren. Wenn die Einzelheiten feststehen, wird der Betreiber registrierte Unternehmen per Mail informieren. Die Website: http://www.viatoll.pl Das telefonische Auskunft und Callcenter: +48 22 521 10 10 aus Deutschland und per Handy kostenpflichtig, vom polnischen Festnetz aus kostenlos sowie unter der Nummer 801 101 101, die zwar ebenso kostenlos ist, die sich aber nur vom polnischen Festnetz aus anwählen lässt. bec E-Maut in Polen Die Ruhe vor der E-Maut Jetzt ist es auch in Polen soweit – dem größten Markt in Mittel-Osteuropa: Die Regierung führt ab dem 1. Juli eine elektronische Maut ein. Auch wenn die Abrechnung moderner wird, gibt es keinen Fortschritt für die Transporteure. Polen wird in knapp zwei Monaten auf ausgewählten Strecken ein elektronisches Abrechnungssystem in Betrieb nehmen. Das Land folgt damit den Nachbarstaaten Tschechien und Slowakei, die sich bereits 2007 und 2010 zu diesem Schritt entschlossen haben. „Dieses neue System heißt ‚viaToll’ und ersetzt zum großen Teil die alte Vignette, die die Transporteure bisher erwerben mussten“, sagt der Sprecher der staatlichen Straßenverkehrsbehörde GDDKiA, Marcin Hadaj, im Gespräch mit der VerkehrsRundschau. Es gelte auf ausgewählten Straßen wie Autobahnen, Schnell- und Landesstraßen. Die genauen Trassen und Tarife will die Behörde im Mai im Internet veröffentlichen. Spediteure können sich jedoch bereits jetzt auf der Website der Behörde unter www.viatoll.pl/de registrieren. „Jedes Fahrzeug, das ein zulässiges Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen hat oder ein Bus mit mehr als neun Sitzen ist dazu verplichtet“, betont Hadaj. Vorläufigen Informationen der Regierung zufolge werden die Tarife zwischen 0,20 und 0,53 Zloty (0,05 bis 0,13 Euro) für Autobahnen und Schnellstraßen liegen. Auf den Landesstraßen soll die Gebühr zwischen 0,16 und 0,42 Zloty (0,04 bis 0,11 Euro) betragen – je nach Gewicht und Emissionsklasse. Polen rechnet zwischen 2011 und 2018 mit Maut-Einnahmen von rund sechs Milliarden Euro. Die E-Maut soll insgesamt auf 2000 Kilometern Autobahn, 5000 Kilometern Schnellstraße und 600 Kilometern Landesstraße gelten. Allerdings befindet sich der Großteil davon noch in Bau oder erst in Planung (siehe Karte rechts). Keine Einigung mit privaten Betreibern Fehlende finanzielle Mittel und Probleme bei der Umsetzung von EU-Recht waren bislang die Hauptursachen dafür, dass die Modernisierung der Straßeninfrastruktur in Polen nie richtig vorangekommen ist. So verfügt das Land aktuell gerade einmal über rund 854 Kilometer Autobahn. Zusätzlich ist das Netz unübersichtlich und unterbrochen, weil davon ein kleinerer Teil auch noch von privaten Konzessionären betrieben wird, die bereits heute eine Maut eintreiben. Und hier gibt es noch ein Problem. Es gilt zwar, dass die E-Maut die alte Vignette ablöst. Sie hat damit auf allen Trassen Gültigkeit, wo man bisher mit Vignette bezahlt hat. Und zu diesen Strecken gehören grundsätzlich auch Abschnitte der Privaten. Aber die Regierung hatte bis Ende April über die Einführung des neuen Systems mit den privaten Konzessionären noch keine Einigung erzielt. Folglich sind diese Trassen vorerst vom neuen System ausgenommen, sodass die Unternehmen für diese Abschnitte extra bezahlen müssen. Das sorgt noch einmal zusätzlich für Unruhe unter den Unternehmen. „Die Tarife der neuen E-Maut sind generell viel zu teuer“, ärgert sich Jan Buczek – der Vorstandsvorsitzende der LKW-Vereinigung ZMPD. Diese Gebühren ähneln nach seinen Aussagen zwar in ihrer Höhe der LKW-Maut, die Deutschland auf seinen Trassen verlangt. „Doch ist der Zustand der deutschen und der polnischen Autobahnen komplett anders“, betont Buczek. Wesentlich sei, dass das deutsche Netz durchgängig befahrbar sei. „In Polen gibt es doch nur ein paar Strecken, die auch noch unterbrochen sind“, erklärt Buczek. Deswegen dauere die Fahrt in Polen für die gleiche Anzahl von Kilometern wesentlich länger. Viel Geld für schlechte Qualität „Polen hat diese Mauteinführung sehr schlecht vorbereitet“, kritisiert Oliwier Wielich, Geschäftsführer der Kölner Spedition WL-logistik. Man hätte schon Anfang des Jahres damit beginnen sollen, die Geräte auszugeben. „Eine Vorbereitungszeit von nur zwei Monaten ist einfach zu wenig“, erklärte der Spediteur. Wie diese Abrechnungsgeräte technisch funktionieren sollen, sei ihm auch noch nicht klar. „Es gibt einfach zu wenig Informationen“, findet Wielich. Und eins steht für ihn fest: „Die Fahrtkosten durch Polen werden sich erheblich erhöhen, und das wird eindeutig zulasten der Spediteure gehen, weil die Kunden nur teilweise bereit sind, diese höheren Kosten mitzutragen“, ärgert er sich. Dies bestätigt auch Christian Weber von der Krug-Gruppe aus Alheim. Der Manager ist für Finanzen und Controlling verantwortlich. „Es dürfte kaum gelingen, diese Mehrkosten auf die Kunden umzulegen, weil diese dafür kein Verständnis haben“, sagt Weber. „Da die Infrastruktur schlecht ist, werden wir zudem für etwas bezahlen, das nur eine unzureichende Qualität hat“, ärgert sich Weber. „Das Preis-Leistungs-Verhältnis für diese Maut wird mit Sicherheit nicht stimmen.“ ❙❚■ Sebastian Becker, Korrespondent in Polen In ganz Polen existieren bisher nur rund 850 Kilometer Autobahn E-Maut in Polen Polnisches Schnellstraßennetz Das Schnellstraßennetz in Polen soll ausgebaut werden Das Autobahn- und Schnellstraßennetz in Polen ist noch sehr lückenhaft. Geplant sind im Wesentlichen drei Hauptachsen. Auf der Karte befinden sich in grüner Farbe die Strecken, die es bereits gibt. Ein Teil davon – die A 1 und sowie Katowice bis Krakau der A 4 und ein größerer Zwischenteil auf der A 2 von Nowy Tomysl bis Konin – wird privat betrieben. bec