Drei Mal Startbahn, drei Mal Fracht

Im Luftfrachtverkehr gehört München mit knapp 310.000 Tonnen geflogener Luftfracht pro Jahr nicht zu den führenden Flughäfen. Zum Vergleich: Frankfurt hat im Jahr 2014 2,1 Millionen Tonnen Fracht umgeschlagen, Leipzig 904.000 Tonnen. Dabei gebe es, wenn man einer aktuellen Studie der Industrie- und Handelskammer (IHK) München und Oberbayern glaubt, durchaus Nachfrage nach größeren Kapazitäten. Die 80-seitige Studie soll den Bedarf einer dritten Startbahn am oberbayerischen Airport nachweisen. Für die Analyse befragte Unternehmen aus verladender Wirtschaft und Logistik gaben an, dass sie derzeit viel Luftfracht nach Frankfurt oder an andere Flughäfen bringen müssen. Denn es fehlen wichtige Verbindungen im Münchner Flugplan. Hinzu komme, dass das potenzielle Frachtaufkommen in der Region steigt. Doch laut der Studie stößt der Flughafen bereits jetzt an seine Kapazitätsgrenzen. Ohne den Bau einer dritten Startbahn könne der Frachtbereich somit nur unterdurchschnittlich wachsen. Für das Jahr 2025 prognostiziert die Studie in diesem Fall eine Luftfrachtmenge von 472.000 Tonnen. Mit dem Bau der zusätzlichen Startbahn sollen es 810.000 Tonnen sein, wenn die Wirtschaft sich günstig entwickelt sogar rund eine Million Tonnen: mehr als drei Mal so viel wie heute. Heute besteht der Luftfrachtverkehr des Flughafens aus Verbindungen der Kurierund Expressdienste zu ihren europäischen Drehkreuzen wie Köln/Bonn und Leipzig sowie aus den Beiladekapazitäten auf den Langstreckenflugverbindungen des Passagierluftverkehrs, die mit Großraumflugzeugen geflogen werden. Regelmäßige, mit Nurfrachtern geflogene Interkontinentalflüge gibt es nur wenige. Durch die Zusammenarbeit mehrerer Logistikunternehmen könnten sich laut der Studie aber Nurfrachterverbindungen von und nach Hong Kong und Shanghai lohnen. Um für die Unternehmen das Risiko zu minimieren und sie zu motivieren, in diesem Bereich zu investieren, sei aber eine klare Wachstumsperspektive notwendig. Die dritte Startbahn könne diese Perspektive bieten, schreiben die Autoren. Damit wären die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass mehr Unternehmen München als Konsolidationspunkt für ihre Luftfracht ausbauen und somit weniger Luftfracht per Lkw zu anderen Flughäfen transportieren. Das Einzugsgebiet des Münchner Flughafens könnte größer werden: Fracht nicht nur aus Bayern, sondern aus großen Teilen Österreichs, der Schweiz und Polen könnte laut der Studie in München umgeschlagen werden. Bei den Startbahngegnern stößt die IHK-Studie jedoch auf Kritik: Der Landtagsabgeordnete Christian Magerl (Grüne) zweifelt an ihrer Glaubwürdigkeit: Sie sei "ein bestelltes Gutachten" und die "Rechenakrobatik" der Autoren ändere nichts daran, dass die Flugbewegungen am Münchner Flughafen seit Jahren rückläufig seien. Der Hintergrund Streit um die Startbahn Seit der Flughafen München im Jahr 2007 das Planfeststellungsverfahren für die dritte Startbahn beantragt hat, gibt es Streit. Die Flugbewegungen sind rückläufig, der Ausbau nicht notwendig, argumentieren die Startbahngegner. Zudem steige die Lärmbelästigung.Anwohner, Gemeinden und Naturschutzverbände reichen Klage ein, die Verfahren ziehen sich hin. Voraussichtlich in diesem Jahr wird das Bundesverwaltungsgericht entscheiden, ob die Beschwerden zugelassen werden.Selbst wenn alle Klagen abgelehnt werden, ist das Projekt nicht in trockenen Tüchern, denn dabei geht es nur um die Baugenehmigung. 2012 stimmten die Münchner in einem Bürgerentscheid gegen die dritte Startbahn. Damit muss die Landeshauptstadt als Miteigentümerin des Flughafens in der Gesellschafterversammlung gegen das Projekt stimmen. ks