"Disruptiv und innovativ"

Every idea begins with a spark", zitierte Moderatorin Nina Ruge das Motto der IAA 2016 - also mit einem Geistesblitz. Geistesblitze hatten die Hersteller: autonomes und vernetztes Fahren, alternative Antriebe, Urban Logistics und viele mehr. Stolz könne man sein, dass die Nutzfahrzeugbranche der Pkw-Branche voranfahre. "Wo wir sind, ist vorne, und wo vorne ist, da ist er", übergab sie das Wort an den Präsidenten des Verbands der Automobilindustrie VDA, Matthias Wissmann. Zur 66. IAA begrüßte Wissmann die Top-Entscheider der Nutzfahrzeugindustrie, lobte deren Innovationskraft (330 Weltpremieren in diesem Jahr) und hob die Rekorde hervor: Mehr als 2000 Aussteller und mehr Fläche als je zuvor. Nutzfahrzeug-Branche im Umbruch "Disruptiver und innovativer" sei sie, die IAA 2016, sagte Wissmann. "Das klassische Nutzfahrzeug und die digitale Welt wachsen zusammen." Man könne fühlen, wie stark sich die Nutzfahrzeug-Branche im Umbruch befinde. OEMs, Zulieferer und Trailer-Hersteller würden zunehmend zu Mobilitätsdienstleistern. 180.000 Arbeitsplätze gebe es allein in Deutschland in der Nutzfahrzeugindustrie, lobte Wissmann. Er sei überrascht, dass man nicht viel lautere Stimmen für den Freihandel mit Kanada und auch den USA höre, denn schließlich gingen drei von vier Fahrzeugen in den Export. Effizienzgewinne durch Vernetzung Klar sprach sich der VDA-Präsident für den Diesel-Motor aus: Ohne den modernsten Diesel sei die Zukunft nicht möglich. Automatisiertes Fahren bringt nach Ansicht Wissmanns die Chance, weitestgehend unfallfrei zu fahren. Die meisten Patente dazu kämen aus der deutschen Automobilindustrie. Zudem seien durch die Vernetzung große Effizienzgewinne möglich, weshalb der VDA-Präsident seinen Appell an den EU-Kommissar für digitale Wirtschaft, Günther Oettinger, richtete: "Wir brauchen gute Rahmenbedingungen, wir brauchen einen europäischen digitalen Binnenmarkt." Stefan Schostok, Oberbürgermeister von Hannover, hob in seinem Grußwort Probleme im städtischen Bereich hervor: "Es ist schön, dass man auf der IAA Lösungen sucht. Es seien auch schon Lösungen da. Wir wissen nur noch nicht so ganz, wie wir die Stecker zusammenstecken." "Nutzfahrzeug 4.0 - Netzwerker zwischen Märkten und Menschen" war auch das Leitthema der Talkrunde mit Oettinger, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, dem Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Post DHL Group, Frank Appel, Daimler-Vorstand Trucks & Buses, Wolfgang Bernhard, und VW-Nutzfahrzeuge-Vorstand Andreas Renschler. Oettinger betonte, dass Mobilität nicht national, sondern kontinental sei. Man habe zwar in vielen Bereich harmonisierte Standards, es fehle aber die digitale Infrastruktur: Zwischen München und Brüssel gebe es nach wie vor die "bewährten Funklöcher". Man fühle sich eher wie in Uganda als in Hightech-Europa. Bis 2020 brauche man dringend den Rollout für ein flächendeckendes 5G-Netz. Man müsse den Menschen aber auch erklären, dass wir doppelt so viele Masten wie heute haben werden. Geklärt werden müssten Fragen der Datensicherheit und wessen Eigentum sie sind. "Wir brauchen mehr Europa, weniger Nationalismus und Populismus." In Sachen autonomes Fahren rechnet Andreas Renschler damit, dass das Platooning mittelfristig zum Einsatz komme, vorausgesetzt, der gesetzliche Rahmen werde geschaffen, der Mindestabstand auf zehn Meter reduziert und geklärt, ob der Fahrer andere Dinge tun darf als Fahren. Wolfgang Bernhard ergänzte, wichtig sei, dass nicht jeder Hersteller seine eigene Sprache entwickle: "Ein Mercedes muss auch mit einem Volvo und einem MAN sprechen können. Da haben wir noch Hausaufgaben zu machen." Noch ist E-Mobilität zu teuer Bei der E-Mobilität sieht Bernhard derzeit als Schwierigkeit, dass ein vollelektrischer Bus doppelt so teuer ist wie ein Diesel: "Entscheidend sind Kosten und Leistungsfähigkeit der Batterien." Einen Wendepunkt sehe er zum Ende des Jahrzehnts. In Richtung des niedersächsischen Ministerpräsidenten sagte VW-Mann Renschler, in den Städten müsse auf elektrische Busse umgestellt werden, "auch wenn es mehr kostet". Weil entgegnete: "Die Industrie sollte uns durch die Preise dabei unterstützen." Oettinger warnte vor einer "scheinheiligen Diskussion", wenn man nur das Auto im Visier habe: "... solange in Polen 70 Prozent Kohlestrom produziert wird." Frank Appel stellte klar, dass die Post kein Mitbewerber im Nutzfahrzeugmarkt sein wolle, obwohl man mit StreetScooter ein Start-up gekauft hat, das Nutzfahrzeuge nach den Bedürfnissen der Post herstellt: Keine 300 km Reichweite, sondern 80. Keine Drei- oder Vier-Sitzer, sondern Ein-Sitzer. "Die Digitalisierung bringt ein Verschwimmen der Grenzen zwischen Kunden und Mitbewerbern", sagte Appel. "Wir haben das Signal verstanden", erwiderte Andreas Renschler. Und EU-Kommissar Oettinger forderte in seinem Schlusssatz: "Morgens unter der Dusche nicht so viel über Erbschaftssteuervermeidung nachdenken, sondern über digitale Konzepte." Mehr zum Thema im Dossier Messe IAA Nutzfahrzeuge www.verkehrsrundschau.de/dossiers

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