Digitalisierung gegen Verkehrsinfarkt

Die rasante technische Entwicklung im Straßenverkehr - Stichwort Digitalisierung - hat die Infrastruktur-Initiative Pro Mobilität zum Anlass genommen, um die Verkehrspolitik auch mit Blick auf die nächste Legislaturperiode für dieses Thema zu sensibilisieren. Experten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft lud sie vergangene Woche in Berlin zu einer Diskussion mit dem Titel "Intelligente Infrastruktur für vernetzte Mobilität". 2015 hätten die meisten der rund 200 Zuhörer Facebook noch nicht gekannt, Twitter für ein Vogelgeräusch gehalten und bei 3G an einen Stellplatz im Parkhaus gedacht, illustrierte Verbandspräsident Eduard Oswald den Wandel. Mit dem Thema Mobilität werde "man nie fertig" und deshalb ging es bei der Veranstaltung um die Frage, wie zusätzliche Daten das Infrastruktur-Management verbessern können. Herausforderungen im Verkehrssektor Der Hauptredner Thomas Bendig, Forschungskoordinator beim Fraunhofer-Verbund IUK-Technologie, machte deutlich, dass der Straßenverkehr an seine Grenzen stößt. Parkraumknappheit, Staus, Luft- und Klimabelastung seien die Stichworte, die neue Lösungen notwendig machten. Eine Herausforderung bedeuten auch die veränderte Arbeitswelt mit weniger starren Zeiten und das spontanere Mobilitätsverhalten der Smartphone-Generation. Erste Lösungsansätze seien in Sicht: Dazu zählen etwa die durch Sensoren übermittelte Information an den Verkehrsteilnehmer, ob eine Ampel frequentiert ist oder nicht. Auf dem digitalen Testfeld Autobahn zwischen Nürnberg und München werde erprobt, wie Lkw- und Pkw-Fahrer rechtzeitig von Wanderbaustellen erfahren, berichtete Andreas Reich, bei der Audi AG zuständig für die Vorentwicklung der Elektronik. Bereits in Auftrag gegeben sei auf der A 9 ein Pilotprojekt, das Falschfahrer im Bereich der Anschlussstellen automatisch erkenne und sie visuell und akustisch warne, so Tobias Miethaner, zuständiger Leiter der Abteilung Digitale Gesellschaft im Bundesverkehrsministerium. Einig waren sich die Diskussionsteilnehmer in der Prognose, dass der Schwerlastverkehr in Deutschland enorm wachsen wird. Ein Problem könne entstehen, wenn die zunehmende Zahl ausländischer Lkw nicht über den gleichen Datenstandard verfüge wie die hiesigen. Sämtliche technischen Innovationen kämen dem Lkw zugute, zeigte sich Adalbert Wandt, Präsident des Bundesverbands Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) überzeugt. Markus Oeser, Leiter des Instituts für Straßenwesen an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (RWTH), warnte auf dem Podium von Pro Mobilität vor einem übertriebenen Umweltschutz und beklagte ein Missverhältnis an Innovationen zwischen Lkw und Pkw sowie der Infrastruktur. Während der Fahrt in der Berliner Innenstadt sei er gegen 16 Uhr wegen einer Baustelle, auf der nicht gearbeitet wurde, in einen längeren Stau geraten, empörte er sich. Mit dem entschuldigenden Hinweis, die Arbeiter hätten womöglich schon in der Frühe mit ihrem Tageswerk begonnen, gab Moderator Volker Wieprecht wohl eher unfreiwillig Einblick in die Hauptstadt-Mentalität. Das Verkehrsnetz sei die Hauptschlagader des Landes, gab Oeser unter dem Beifall der Zuhörer zurück. Dass der Wohlstand nur gesichert werden könne, wenn die Infrastruktur "in Schuss sei", hatte auch Pro Mobilität-Präsident Oswald gemahnt und die Bilanz des Verkehrsministeriums zum Ende der Wahlperiode gelobt. Staatssekretär Norbert Barthle (CDU) nahm das erfreut zur Kenntnis und betete die Aktivitäten des Ressorts in den vergangenen vier Jahren herunter.

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