Die richtige Wahl für alle Abteilungen

Irgendwann dürfte jedes Logistikunternehmen mit einer gewissen Fuhrparkgröße vor der Frage stehen, ob und wie der Einsatz eines Telematiksystems die eigenen Prozesse optimieren könnte. Nun gibt es Telematikanbieter in großer Anzahl, neben den Lkw-Herstellern buhlen eine Menge Drittanbieter um die Gunst der Speditionen. Aber auch telematikerfahrene Anwender stehen mitunter vor der Qual der Wahl, sollte die eingesetzte Lösung nicht mehr taufrisch sein. So auch Gübau Logistics aus Wolfsburg. Der Mittelständler ist viel für die Automobilindustrie unterwegs, aber auch in der Baustoff-, Chemie- und der Getränkeindustrie tätig. Ein wichtiges Standbein des Logistikunternehmens ist das Just-intime-Geschäft. So fährt Gübau Logistics etwa Mittelkonsolen just-in-time oder Seitenteile just-in-sequence ins VW-Werk Wolfsburg. In Ludwigsfelde, einem Industriezentrum südlich von Berlin, ist Gübau Logistics zudem seit den Siebzigerjahren als Gebietsspediteur für Volkswagen im Einsatz. 1990 wurde die Tochtergesellschaft Logtrans Spedition + Logistik in Kooperation mit Spedition Schnellecke gegründet. Hier erfolgt die Steuerung der Sammel- und Verteilerverkehre für den Großraum Berlin/Brandenburg. Ein hochkomplexes Geschäft also. Seit 2010 arbeitet Gübau mit dem belgischen Telematikanbieter Trimble zusammen. Anfangs kam die fest installierte Unit Trimble CarCube und die Fleet XPS App, die über das Smartphone genutzt wird, in 35 Fahrzeugen zum Einsatz. Mittlerweile sind mehr als 80 Fahrzeuge an das Telematiksystem angeschlossen. Aber nach sechs Jahren im Einsatz stellten die Wolfsburger ihre vorhandene Telematik auf den Prüfstand. "Angesichts unseres in die Jahre gekommenen Telematiksystems haben wir uns zwei zentrale Fragen gestellt: Ist Trimble überhaupt noch der richtige Anbieter für uns und was gibt es aktuell auf dem Markt?", erklärt Kai Hausherr, Projektleiter Telematik. Zunächst informierte sich Hausherr auf Messen über diverse Systeme und ließ sie sich demonstrieren. Zur Marktsondierung sicher der erste logische Schritt, aber eben nur der erste. "Must-have-Features wie Track & Trace oder Tachoverwaltung bringen eigentlich alle Anbieter mit. Ich habe bei der Suche nach einem neuen Telematiksystem daher alle relevanten Abteilungen ins Boot geholt, um genau definieren zu können, welche Anforderungen die Firma an ein neues System hat", erzählt Hausherr. Dabei setzte der Projektleiter Telematik auf ein Score-Card-System, in das die sechs Abteilungen Spedition, Justin-time, Fuhrparkleitung, Werkstatt, Fahrer sowie die kaufmännische Leitung mit Personalabteilung und Buchhaltung eingebunden wurden. Die Top-5-Anbieter, die in die engere Auswahl gekommen waren, wurden nach den Top-Anforderungen der einzelnen Abteilungen mit Punkten bewertet. "Insgesamt zählten wir über das ganze Unternehmen hinweg 37 Anforderungen. Durch diese Herangehensweise konnte aber sichergestellt werden, dass sich derjenige Anbieter durchsetzt, der diesen mannigfaltigen Anforderungen am nächsten kommt. Trimble lag im Score-Card-System am Ende deutlich vorn. Für uns war klar, dass der Weg mit Trimble weitergeht", so Hausherr. Analyse der Just-in-time-Fahrer Im Zuge des Auswahlprozesses kamen die verschiedensten Bedürfnisse der einzelnen Abteilungen ans Licht. In Sachen Fuhrparkmanagement und Fahrerbewertung beispielsweise musste das System die diversen Einsatzszenarien, in denen Gübau-Fahrzeuge unterwegs sind, bestmöglich abdecken. "Hier in Wolfsburg sind wir im Just-in-time-Bereich besonders aktiv, in Ludwigsfelde bei Berlin transportieren wir Stückgut mit einem hohen Volumen", erklärt Hausherr. Wie aber die Performance eines Nahverkehrsfahrers, der immer einen höheren Verbrauch haben wird als ein Fahrer, der überwiegend im Fernverkehr unterwegs ist, sinnvoll vergleichen? Der Fuhrparkleitung war denn auch eine flexibel konfigurierbare und transparente Fahreranalyse immens wichtig. Das aktuelle Telematiksystem bringt dieses Feature nun mit: Im neuen, onlinebasierten Driver Performance Portal können Key Performance Indicator (KPI) und Vergleichsparameter genau an unser Tagesgeschäft angepasst und laufend nachjustiert werden, sagt Hausherr. "Dank der Einteilung der Fahrer in verschiedene Gruppen kann nun endlich auch die Performance der Just-in-time-Fahrer sinnvoll analysiert werden", freut sich der Projektleiter. Der große Vorteil des Driver Performance Portals sei zudem, dass es verschiedene Herangehensweisen gebe. So kann die Analyse aus Sicht der einzelnen Fahrer oder aus Sicht der Fahrzeuge betrachtet werden. Die Geschäftsführung erhalte zudem eine Gesamtübersicht über die einzelnen Niederlassungen, was wiederum die Transparenz erhöhe und viele getrennte Analysen erspare. Ein weiterer wichtiger Aspekt, bei dem Trimble offenbar punkten konnte, ist die Sicherheit vor Datenverlust selbst bei Abriss der Verbindung. "Das Gerät speichert standardmäßig die Daten zwischen und lässt sie wieder mit einfließen, sobald die Verbindung wieder da ist", sagt Hausherr. Handlungsfeld Spesenerfassung Der Personalabteilung war dagegen unter anderem die bestehende Anbindung zur Datev sowie eine Zertifizierung in Richtung MiLoG sehr wichtig. Ein großes Handlungsfeld ist für Gübau zudem die handschriftliche Spesenerfassung. "Diese bedeutet einen erheblichen Schreibaufwand für den Fahrer, eine lange Bearbeitungszeit in der Personalabteilung und birgt das Risiko für Fehleinträge", so Hausherr. Derzeit stellt Gübau auf das von Trimble mitgelieferte Spesenmodul der Firma Logicway um, bei der die Spesen über die Telematik erfasst und automatisch an die Software gemeldet werden. Ein weiterer Vorteil des neuen Systems sei, dass sich Workflows genau auf die individuellen Anforderungen anpassen lassen. Auf diese Weise wurden beispielsweise Unfall- und Schadensmeldungen sowie Abfahrtskontrolle über Telematik eingeführt. Hinter den erstellten Workflows wurden spezielle Berichte generiert, die automatisch an die zuständigen Personen im Haus gesendet werden. Nach der Entscheidung, dem bisherigen Telematikanbieter die Treue zu halten, ging es an die Installation der neuen Hardware. Im Just-in-time-Bereich nutzt Gübau Truck4U, die "kleine" Telematik-Lösung ohne audiovisuellen Output, die mit dem digitalen Fahrtenschreiber und dem FMS-CAN-Bus verbunden ist. Bei den großen Verkehren kommt Carcube V6 mit Display zum Einsatz. "Neben Navigation, Track & Trace in Echtzeit, manueller und automatischer Fahreridentifikation sowie Fahrstilanalyse bringt die Telematik-Lösung auch die Funktion Remote Tacho Download mit. Um unseren Fuhrparkleiter zu entlasten, der bislang manuell die Tachodaten aus dem digitalen Kontrollgerät auslesen musste, war uns dieses Feature sehr wichtig", berichtet Hausherr. Von der Performance der neuen Navigation zeigt er sich ebenfalls angetan: "Die Positionierung ist auf ein bis zwei Meter genau, was für uns in den Just-in-time-Bereichen ein Muss war. Gerade bei einem Konzern wie Volkswagen mit mehreren Entladestellen muss diese sehr genau arbeiten. Wir haben unsere einzelnen Entladestellen mit einem Geofence festgelegt, um den Fahrplan besser zu organisieren", so Hausherr. Fünf Sprachen zur Auswahl Um den Fahrern aus mehreren Nationen die Arbeit einfacher zu machen, sind mehrere Sprachen hinterlegt. Neben Deutsch und Englisch erhält der Fahrer auf Wunsch seine Anweisungen auf Portugiesisch, Rumänisch und Polnisch aufs Display. Die Übersetzungen wurden inhouse angefertigt. Die Umrüstung auf die neue Telematik verlief laut Hausherr reibungslos: "Die On-Board-Unit lässt sich sehr schnell und einfach im Lkw verbauen, da die Hardware nach DIN-Norm angefertigt ist. Unsere Mechaniker aus der Werkstatt wurden eingehend von Trimble geschult und sind somit zertifiziert den Einbau der Telematik vorzunehmen." Dank Schulung und der individuellen Einbausätze je Lkw-Typ sei ein Einbau innerhalb von cirka zweieinhalb Stunden abgeschlossen. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Telematik www.verkehrsrundschau.de/dossiers Projektmanagement Tipps zum Finden eines neuen Telematiksystems - Nehmen Sie sich ausreichend Zeit für die genaue Analyse Ihrer Prozesse. Halten Sie akribisch fest, wer in welcher Weise für welche Abläufe im Unternehmen zuständig ist. Holen Sie im Auswahlprozess so viele Prozessbeteiligte wie möglich ins Boot, um deren Anforderungen an ein Telematiksystem zu definieren und auch zu priorisieren.- Informieren Sie sich im Vorfeld über möglichst viele Kanäle über die aktuellen Anbieter im Markt, seien es Messen, Anwenderberichte in der Fachpresse oder auch Erfahrungen von Kollegen oder befreundeten Unternehmen.- Achten Sie auf Service und Support. Gibt es einen konkreten Ansprechpartner zur akuten Problembehandlung? Werden Schulungen, etwa zum Einbau fest installierter Hardware, angeboten?- Lassen Sie sich vor Ort ihre Favoriten ausführlich vorstellen. Legen Sie Ihre IT-Infrastruktur offen, sodass Schnittstellen für die Einbindung vom Anbieter erkannt und berücksichtigt werden können. Vereinbaren Sie eine Testphase.- Es muss nicht immer ein komplett neues System sein. Auch die Integration neuer Module können schon für die Optimierung der Prozesse zielführend sein. mh

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