Die beste Route nach Süddeutschland

Warum einen Umweg machen, wenn's auch kürzer geht? Gerade in der Transportwirtschaft zählt jeder Kilometer, jede Stunde, manchmal sogar jede Minute. Zumindest dann, wenn es um zeitkritische Sendungen geht. Südhäfen verbessern ihre Anbindung Deshalb wird in den letzten Monaten immer häufiger die Frage gestellt: Welcher ist der beste Hafen, wenn es darum geht, Container zwischen Süddeutschland und Asien zu transportieren? Die Seeschiffe fahren ja sowieso durch das Mittelmeer. Da die dort beheimateten Häfen - hier vor allem Genua, La Spezia, Triest und Koper, auch Südhäfen genannt - mittlerweile nicht nur über die entsprechenden Krananlagen verfügen, sondern auch ihre Hinterlandanbindungen verbessern, spielen Reeder, Verlader und Speditionen zunehmend mit dem Gedanken, ihre Container über das Mittelmeer zu routen. Das auf Seeschifffahrt spezialisierte Beratungsunternehmen Drewry hat jetzt in einer Studie untersucht, welche Seehäfen die besten sind, wenn es um den Transport von Boxen zwischen Süddeutschland und Asien geht. Wie fast zu erwarten war: Eine eindeutige Antwort gibt es nicht. Es kommt halt immer darauf an, was der Versender will: eine schnelle Verbindung oder lieber doch einen möglichst günstigen Preis oder vielleicht eine absolut zuverlässige Verbindung? Hinzu kommt, Süddeutschland ist nicht gleich Süddeutschland. München als Abgangs- oder Zielort hat ganz andere Möglichkeiten als beispielsweise Stuttgart oder Ulm. München mit seinem Einzugsgebiet ist aber sicher ein interessanter Standort, um sich die Zahlen genauer anzusehen: Die Entfernungen zu den Seehäfen betragen 510 Kilometer (Koper, Triest), 650 Kilometer (Genua), 790 Kilometer (Antwerpen und Hamburg) und 840 Kilometer (Rotterdam). Zu allen Häfen gibt es Zugverbindungen, die besten bestehen nach Hamburg: Abfahrt an Tag A, Ankunft an Tag B, und das sieben Tage die Woche. Rotterdam und Antwerpen haben A-C-Verbindungen, und zwar fünf Mal die Woche (Rotterdam) beziehungsweise drei Mal die Woche. Unter den Südhäfen schneiden Koper und Triest am besten ab (jeweils A-C-Verbindungen fünf Mal die Woche). Wichtig ist für die Auftraggeber aber auch, wie häufig die Häfen aus Fernost angelaufen werden. Hier ist Rotterdam im Vorteil: Von 16 Verbindungen, die es wöchentlich zwischen Asien und Europa gibt, gehen 15 über Rotterdam. Hamburg ist 13 Mal dabei, Antwerpen sechs Mal. Mit fünf (Genua), vier (La Spezia) und drei Anläufen (Triest, Koper) sind die Südhäfen deutlich im Nachteil im Vergleich zu den Nordhäfen. Für die Kosten ist entscheidend, welchen Tiefgang die Häfen haben. Denn je mehr Container auf ein Schiff passen, desto geringer sind die Kosten pro Container. In Rotterdam und Antwerpen, aber auch in Hamburg können 18.000-TEU-Schiffe abgefertigt werden. In den Südhäfen ist die Größe auf 13.000 TEU beschränkt. Einzige Ausnahme ist Triest, wo auch die großen Ozean-Riesen einlaufen können. Rechnet man nun die Kosten für die Seefracht und den Bahntransport zusammen, ist Rotterdam mit 1874 US-Dollar (derzeit 1661 Euro) für einen 40-Fuß-High-Cube-Container zwischen Shanghai und München am günstigsten (siehe Grafik). Die Route via Hamburg ist um 70 Dollar (62 Euro) teurer, der Weg über Antwerpen kostet 150 Dollar (133 Euro) mehr. Wer Container über Koper zieht, muss laut Drewry 2036 Dollar (1804 Euro) zahlen. Triest liegt in der gleichen Preiskategorie, während Genua und La Spezia spürbar teurer sind. Der Preis ist das eine, die Fahrtzeit das andere. Gemessen an der schnellsten maritimen Verbindung und einer durchschnittlichen Transitzeit im Inland kann Koper mit einer Fahrtzeit von 29 Tagen punkten. Über Antwerpen benötigt der Container 30 Tage, Hamburg wie Triest 32 Tage und für Rotterdam wurden 33 Tage berechnet. "Für uns ist nach wie vor Hamburg der Hafen des Vertrauens", sagt Knut Sander, Geschäftsführer der Spedition Kukla. Das Unternehmen mit Sitz in München hat sich auf Containertransporte im Hinterlandverkehr spezialisiert und ist in allen wichtigen Häfen präsent. Sanders Präferenz rührt zum einen aus der Vergangenheit ("Hamburg war schon immer unser wichtigster Partner"). Aber er nennt weitere Gründe: "So gibt es von Hamburg aus viele Direktverbindungen in andere benachbarte Terminals wie nach Burghausen", sagt Sander. Und viele Unternehmen mit Sitz in Deutschland würden eine Verzollung hierzulande bevorzugen. Allerdings registriert Sander schon die Bemühungen nicht nur der Südhäfen, sich im Wettbewerb zu Hamburg zu positionieren, sondern auch von Antwerpen und Rotterdam. Mit Interesse beobachtet er, dass die Reederei Cosco die Mehrheit am Hafen in Piräus übernommen hat und davon die Rede sei, dass Cosco eine Hinterlandanbindung über den Balkan bis nach Tschechien aufbauen will. Hamburg zeigt sich zuversichtlich Hamburg habe auch deshalb Probleme, so Sander, weil die Elbe doch ein Engpass für die ganz großen Schiffe sei. Er hat wenig Hoffnung, dass es zu wesentlichen Verbesserungen kommt. Damit hätten die anderen Häfen die Chance, Boden gutzumachen. In Hamburg hingegen beurteilt man die Studie anders. "Hamburg schneidet in fast allen betrachteten Märkten besser ab als Rotterdam, als Antwerpen und als die Südhäfen im Mittelmeer", heißt es in einer Stellungnahme des Hafen Hamburg Marketing zu den Ergebnissen der Drewry-Studie. Im Vorteil sieht man sich aufgrund der "Vielzahl an direkten Verbindungen, der hohen Abfahrtsfrequenz und der schnellen Transitzeit von und zur Hamburger Kaimauer". Zumindest, was die anderen Städte in Süddeutschland betrifft, trifft diese Feststellung zu. Aber bezogen auf München holen die anderen Häfen zunehmend auf. Weshalb Sander auch die Einschätzung vertritt: "Hamburg wird es in Zukunft schwerer haben." Vermutlich selbst dann, wenn die Elbvertiefung doch kommt. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Seehäfen www.verkehrsrundschau.de/dossiers

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