Leipzig. Dicke Luft in Leipzig. Trotz vielfältiger Bemühungen bekommt die Kommune die Probleme mit der Luftqualität nicht in den Griff. Besserung erhofft sich die Rathausspitze von einer Umweltzone. Sie gilt ab diesen Dienstag und umfasst etwa 60 Prozent des städtischen Territoriums. Damit ist Leipzig die erste Kommune in Sachsen, die sich zu dieser Maßnahme entschlossen hat. Bundesweit gibt es inzwischen rund 40 Umweltzonen. Ihre Einführung wird indessen in Leipzig durchaus auch kontrovers diskutiert. Immer wieder wurde in der Stadt der von der EU festgelegte Grenzwert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft bei Feinstaub überschritten - an bis zu 100 Tagen im Jahr. Erlaubt sind nur 35.
Allein am Messpunkt Lützener Straße wurden 2010 nach den Angaben des Umwelt-Landesamtes die Grenzwerte 49 Mal überschritten. Das war der negative Spitzenwert im Land. Ordnungsbürgermeister Heiko Rosenthal (Die Linke) ist deshalb davon überzeugt, dass es zur Umweltzone keine Alternative mehr gibt, allerdings sei sie nur eine von insgesamt 48 Maßnahmen im Luftreinhalteplan. Die Stadt arbeitet auch daran, den Verkehr mit intelligenter Regeltechnik flüssiger zu machen.
Laut Rosenthal hatten Anfang 2010 von 14.300 Nutzfahrzeugen in der Region 8600 keine grüne Plakette, mit der die Umweltzone befahren werden darf. Von 190.000 Personenwagen waren es 16.000. "Damit ist eine Vielzahl der Autofahrer gar nicht betroffen. Für die anderen gibt es unter Umständen Ausnahmeregelungen", sagte Rosenthal. Mit Stand 1. Februar 2011 seien 1208 Ausnahmeanträge gestellt worden, davon wurden 327 positiv beschieden, 16 abgelehnt, der Rest ist noch in Bearbeitung.
Für Unternehmen bietet die Stadt die sogenannte Flottenregelung. Es wird konkret vereinbart, in welchen Schritten und bis zu welchem Zeitpunkt eine jeweilige Fahrzeugflotte umgerüstet oder ersetzt werden muss. Davon macht auch Leipzig selbst Gebrauch, wie Rosenthal sagte. Denn auch die Kommune muss stadteigene "Stinker" loswerden. Bis 2014 will sie ihren Fuhrpark komplett auf umweltfreundlich umgerüstet haben. Allein in diesem Jahr investiert die klamme Kommune dafür 350.000 Euro.
Skeptisch bleibt die Wirtschaft. Der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Leipzig (IHK), Thomas Hofmann, kritisiert den hohen bürokratischen Aufwand, vor allem beim Ausnahmeregelwerk. Es fehle zudem an einer klaren Definition, wann konkret ein betriebswirtschaftlicher Härtefall vorliegt.
Inzwischen können Unternehmen, denen eine Ablehnung nach der Härtefallregelung droht, eine Stellungnahme der IHK einholen, die dann in die abschließende Entscheidung des Ordnungsamtes einfließt. Die IHK macht sich indessen für ein Ausstiegsszenario stark. «Wir werden Analysen zur Wirksamkeit der Umweltzone intensiv studieren», sagte Hofmann. Sollten sich die Schadstoffwerte nach einem Jahr nicht signifikant verbessert haben, will die IHK, dass die Umweltzone wieder aufgehoben wird. (dpa)