Wächter im Hintergrund für die Kleinen

Fast könnte man meinen, Transporter seien so etwas wie das ungeliebte Kind der Fahrzeughersteller. Zumindest beim Thema moderne Assistenzsysteme. Die fanden sich schließlich schon bei schweren Lkw und Personenkraftwagen in den Preislisten, als mancher Transporterhersteller noch nicht mal das ESP serienmäßig verbaute. Das ist immerhin in der populären 3,5-Tonnenklasse mittlerweile bei allen Fabrikaten an Bord. Ansonsten seien in diesem preislich extrem sensiblen Segment aber zu wenige Kunden bereit, in weitere elektronische Helfer zu investieren, rechtfertigen sich die Hersteller. Trotzdem finden sich in den Preislisten große Unterschiede bei Angebot und Serienstand. Vorreiter auf dem Gebiet der Assistenzsysteme und in Summe der Hersteller mit dem größten Angebot an Systemen ist klar Mercedes, nachdem die Stuttgarter im Rahmen des letzten Sprinter-Facelifts vor knapp zwei Jahren (siehe VR 20/2013) ein komplettes Paket an Assistenzsystemen nachschoben. Zum Aufpreis von 1005 Euro erhält der Sprinter-Kunde Totwinkel- und Fernlicht-Assistent sowie einen Spurhalte-Wächter. Letzterer schlägt Alarm, sobald der Sprinter vom rechten Weg abzukommen droht, wurde für enge Landstraßen aber eine Spur zu sensibel abgestimmt und meldet sich mit häufigem Gepiepse. Dem werden nicht wenige gestresste Kurierfahrer mit der Betätigung des Deaktivierungsschalters in der Mittelkonsole begegnen. Aktiver Notbremsassistent bei Mercedes Wer noch mal knapp 200 Euro mehr investiert, erhält beim Sprinter zusätzlich den Collision Prevention Assist, der den Fahrer im Falle einer drohenden Kollision zunächst akustisch sowie optisch "weckt" und in der nächsten Stufe den Bremsdruck auf das nötige Maß erhöht, sollte der Fahrer zu zaghaft auf die Bremse treten. Auf eine automatische Bremseinleitung, wie beim Active-Brake-Assist im schweren Lkw, verzichtet Mercedes hier übrigens bewusst. Bei den leichteren Transportern sei Ausweichen oftmals die bessere Lösung als eine Vollbremsung. Serienmäßig verlässt jeder Sprinter zudem das Werk mit einem Seitenwindassistenten, der den Van bei Windböen in der Spur hält sowie mit adaptiven Bremsleuchten, die bei starken Bremsungen blinkend den nachfolgenden Verkehr warnen. Aufpreis kostet beim Klassenprimus dagegen die Berganfahrhilfe (90 Euro), die bei der Konkurrenz meist zum Standard gehört. Der Ford Transit warnt mit Vibrieren Deutlich bescheidener fällt das Angebot beim VW Crafter aus, auch wenn er aus dem gleichen Werk wie der Sprinter stammt und in vielen Punkten baugleich ist. Bei Volkswagen arbeitet man aber bereits mit Nachdruck an der nächsten Crafter-Generation, die dann ohne Mercedes entsteht und voraussichtlich ab 2016 im polnischen Posen montiert werden soll. Dem bestehenden Modell noch Assistenzsysteme zu adaptieren, schien den Verantwortlichen nicht mehr lohnenswert. Der Neue soll dann aber ein umfangreiches Paket mit auf den Weg bekommen. Bis dahin müssen VW-Kunden mit Licht-und Regensensor (280 Euro) und der Berganfahrhilfe (80 Euro) vorliebnehmen. Die neueste Konstruktion am Markt ist der im letzten Jahr vorgestellte Ford Transit. Bei dem kann der Kunde für 850 Euro einen Spurhalteassistenten samt Müdigkeitserkennung hinzubuchen. Anders als bei Mercedes arbeitet das Ford-System nicht akustisch, sondern warnt per vibrierendem Lenkrad vor dem Verlassen der Spur. Immer an Bord sind dagegen adaptive Bremslichter. Ein Alleinstellungsmerkmal ist der Notruf-Assistent, der Teil des SYNC-Entertainmentsystems ist. Voraussetzung für dessen Funktion ist allerdings ein per Bluetooth verbundenes Mobiltelefon. Dann wird nach dem Auslösen des Airbags oder dem automatischen Abschalten der Dieselpumpe in Folge eines Unfalls automatisch ein Notruf abgesetzt, bei dem auch die GPS-Position des Fahrzeugs an die Rettungsorgane übermittelt wird. Anders als Ford führte Fiat beim Ducato nur ein größeres Facelift durch. Mit dem fand auch ein akustisch arbeitender Spurhalte-Assistent ins Programm (350 Euro). Gleiches System gibt es auch für die (fast) baugleichen Brüder Citroën Jumper und Peugeot Boxer (PSA). Hier kostet der Wächter allerdings 100 Euro weniger. Dafür bieten die Franzosen aber die zuverlässig funktionierende Verkehrszeichenerkennung nicht an, die Fiat für den Ducato bereithält. Gerade geltende Tempolimits oder Überholverbote werden dem Fahrer im Zentraldisplay angezeigt, das allerdings nur monochrom darstellt. Totwinkelspiegel in der Sonnenblende Ebenfalls im letzten Jahr runderneuert wurde der Iveco Daily. Seitdem bieten die Italiener ebenfalls einen Spurhalte-Assistenten (900 Euro) an. Wer weitere 160 Euro in Nebelscheinwerfer investiert, kann sich bei Abbiegevorgängen im Dunkeln zudem über eine besser ausgeleuchtete Straße freuen, weil Iveco die Nebellampen um eine Abbiegelicht-Funktion erweiterte. Bleiben noch die drei Transporter-Geschwister Renault Master, Opel Movano und Nissan NV 400. Hier ist vor allem Renault für die Entwicklung zuständig. Und die Franzosen spendierten ihrem Master im vergangenen Jahr eine kleine Produktaufwertung, die vorrangig neue Biturbo-Motoren brachte und von Opel und Nissan mehr oder weniger mitgetragen wurde. Eine typische französisch-clevere Idee ist der neue Totwinkelspiegel in der Sonnenblende, der bei allen drei Herstellern Serie ist. Bei runtergeklappter Blende wird der kritische Bereich rechts neben dem Fahrzeug sichtbar, den die Außenspiegel nicht abdecken. Auf diese Weise gibt dieses elektronikfreie Assistenzsystem den Blick beispielsweise auf nebenstehende Radfahrer frei. Ansonsten fällt das Angebot an Assistenten allerdings eher bescheiden aus. Immerhin bieten Renault und Opel optional Abbiege- beziehungsweise Kurvenlicht (200 beziehungsweise 500 Euro) an. Für den Nissan ist das nicht zu haben. Der asiatische Ableger lässt sich lediglich mit Licht- und Regensensor sowie einer Rückfahrkamera ausstatten. Beides praktische Optionen, die übrigens auch (fast) alle Konkurrenten in petto haben.

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