Der TÜV meint: Vorsicht!

Die Klasse bis 3,5 Tonnen ist seit jeher ein Sorgenkind im TÜV Report Nutzfahrzeuge. Die Leichten weisen viel mehr Mängel auf als die schweren Lkw. Immerhin: Im Vergleich 2014/15 zu 2013/14 verbesserte sich die Quote der Fahrzeuge ohne Mängel um 3,9 Prozent. Teilweise schlechte Ergebnisse Schon bei den Ein- bis Zweijährigen fallen zehn Prozent der Transporter mit erheblichen Mängeln durch (siehe Grafik Seite44). Bei den Neun- bis Zehnjährigen steigt diese Quote auf 36,1 Prozent - trotzdem ist das aber eine Verbesserung gegenüber dem Vorjahr, wo der Wert noch bei 36,5 Prozent lag. Ein Aspekt für die besseren Ergebnisse liegt sicher auch in der steigenden Zahl an Fahrzeugen mit Full-Service-Leasing begründet. Die Leasinggeber achten vermehrt auf durchgängige Wartungsbiografien. Für die Käufer von gebrauchten Transportern heißt es trotzdem: Aufpassen und Prüfen! Zu den Mängelklassikern gehören nach wie vor Probleme in den Bereichen Licht- und Bremsanlage, wobei auch Defekte an den Vorder- und Hinterachsen häufiger zutage treten. Ursache bei älteren Fahrzeugen: die oft schlechte Pflegementalität - speziell in der "Sprinter-Klasse", in der mit viel Gewicht und viel zu schnell quer durch die Republik gehetzt wird. Wenige Kilometer, viele Probleme Selbst niedrige Laufleistungen sind beim Kauf kein Garant für Mängelfreiheit. Schwere Anhänger und massig Übergewicht fordern ihren Tribut: Die Transporter fallen negativ durch - gemessen am Durchschnitt aller Nutzfahrzeuge - mit dreimal so vielen Mängeln bei der Bremse und doppelt so viele Motoren mit Ölverlust, defektem Abgassystem, undichten Kraftstoffanlagen und doppelt so vielen Defekten an den Beleuchtungsanlagen. Dabei gibt es durchaus auch in diesem Segment noch Fahrzeuge, die besser liegen als der Durchschnitt. Aber eben auch Kandidaten, die man als Gebrauchte besonders genau untersuchen sollte. VW ist top, Iveco schwächelt Bei den leichten Transportern hat laut TÜV der relativ teure VW Caddy die wenigsten Schwächen. Wobei neben der soliden Basis sicher auch die Pflegementalität der Besitzer eine wesentliche Rolle spielt. Selbst den ordnungsgemäßen Zustand der Beleuchtungsanlage scheinen VW-Fahrer intensiver zu kontrollieren. Das alles sorgt dafür, dass auch nach zehn Jahren und im Schnitt 133.000 Kilometern noch über die Hälfte der VW-Vans mängelfrei über die Straßen rollt. Womit der Caddy weit vor seinen Konkurrenten liegt. Zuverlässiger Sternenträger Auch der Mercedes Vito hinterließ beim TÜV einen überzeugenden Eindruck. Auch nach zehn Jahren und im Verhältnis mit hoher Kilometerleistung kamen immer noch 47 Prozent aller Mercedes-Vans mängelfrei zur Hauptuntersuchung. Womit sich der in Spanien montierte Schwabe im Vergleich gut schlägt. Vor allem die Beleuchtungsanlage, die Radaufhängungen, die Lenkung und die Abgasanlage erwiesen sich als erfreulich robust. Problemzonen gibt es trotzdem: Etwa die Ölundichtigkeiten am 2,1-Liter-CDI-Diesel, die Prüfer mitunter bereits bei dreijährigen Exemplaren feststellten. Oft lag auch der Zustand der Feststellbremse nicht mehr im Soll. Der Opel Vivaro ist eng mit dem Renault Trafic verwandt. Weshalb auch die Mängellisten ein ähnliches Bild aufweisen. Kein anderer Kleintransporter hat mehr erhebliche Mängel an Bord (42,5 Prozent bei den neun- und zehnjährigen Fahrzeugen). Größtes Sorgenkind: die labil konstruierte Achsaufhängung, die manchem Vivaro schon bei der ersten Hauptuntersuchung zum Verhängnis wurde. Auch die Lenkgelenke und die Bremsscheiben erwiesen sich als auffällig anfällig. Als Einziger im Segment baut der Iveco Daily auf einem robusten Leiterrahmen auf. Beim TÜV half das aber wenig. Kaputte Abblend- und Rücklichter, defekte Radaufhängungen, Stoßdämpfer und Federn sowie ein verölter Motor sind typische Mängel. Was alles in allem der Grund dafür ist, dass nur 69,3 Prozent aller Dailys die erste HU ohne Mängel bestehen. Kein anderer Transporter liegt schlechter. Grundsätzlich solide zeigt sich der Namensgeber seiner Klasse: der Sprinter. Dass er bei den Mängeln ein wenig über dem Durchschnitt liegt, ist seiner im Vergleich hohen Laufleistung geschuldet. Liegen vierjährige Crafter im Mittel bei 77.000 Kilometer, bringt es der Mercedes im gleichen Zeitraum auf 88.000 Kilometer - mithin 14 Prozent mehr. Probleme des Sprinter liegen bei der Beleuchtungseinrichtung, beim Auspuff, aber auch im Bereich Bremsschläuche und -leitungen. Zudem missfällt der in den Werken Düsseldorf und Ludwigsfelde gebaute Transporter durch Öl-Inkontinenz. Nicht anders als die leichteren Brüder glänzen auch die "Gemeinschafts-3,5-Tonner" von Opel, Nissan und Renault nicht unbedingt mit Bestergebnissen in der HU. Vor allem Fahrzeuge mit fünf und mehr Jahren fallen durch hohe Abgasemissionen und schlecht funktionierende Handbremsen auf. Mit zunehmenden Jahren verlieren auch Bremsleitungen- und -schläuche ihre Mängelfreiheit. Dass viele Köche der Qualität des Breies nicht unbedingt zuträglich sind, zeigt sich auch bei der anderen Gemeinschaftsproduktion: Boxer, Ducato, Jumper. Bei Citroen, Fiat und Peugeot ist die Beleuchtung ein Problem. Zudem machen öfter als im Durchschnitt die Lenkgetriebe schlapp. Dafür zeigt sich das Trio robust in den Kapiteln Achsen, Federn und Bremsanlage. Letztlich ist die Qualität eines Transporters - ganz unabhängig vom Fabrikat, vor allem von der Pflegementalität des Besitzers abhängig. Sicherheit schafft letztlich nur ein Gutachten einer der namhaften Prüforganisationen. Zumindest aber sollte man die Ratschläge von TÜV SÜD (siehe Kasten links) beherzigen. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier TÜV Report www.verkehrsrundschau.de/dossiers Experten-Tipps zum Transporterkauf von TÜV SÜD Serviceheft und Probefahrt sind eine Notwendigkeit vor dem Kauf - Lassen Sie sich beim Kauf eines gebrauchten Transporters unbedingt das Kundendienstheft zeigen. Wurden die Wartungsdienste nicht korrekt durchgeführt, ist der Wert des Fahrzeugs deutlich geringer.- Prüfen Sie das Kombiinstrument, wie lange es noch bis zum nächsten Wartungsdienst dauert. So können Sie kalkulieren, welche Wartungskosten demnächst anfallen.- Auf den HU-Termin achten. Der Prüfbericht muss vorgelegt werden können. Fehlt er, wird auch das Ummelden bei der Zulassungsstelle schwierig.- Komplette Ausrüstung zeigen lassen: Verbandskasten, Warndreieck, Bordwerkzeug, Feuerlöscher, Warnleuchte - nicht kaufentscheidend, aber es sagt aus, wie der Vorbesitzer mit dem Fahrzeug umgegangen ist.- Thema Reifen: Die Profiltiefe sollte mindestens noch fünf Millimeter betragen. Jeden Reifen genau ansehen: Schäden an den Flanken erkennbar? Reifenabrieb gleichmäßig? Die Reparatur kann ins Geld gehen.- Bremsen checken: Häufig sind die Fahrer flott unterwegs. Das kostet Bremsbeläge und -scheiben. Natürlich ist die Bremse ein Verschleißteil. Aber ein Auto zu kaufen, bei dem diese Reparaturen anstehen, ist nicht wirklich sinnvoll.- Machen Sie in jedem Fall eine Probefahrt - und nicht nur 500 Meter die Straße rauf und runter. Zieht das Fahrzeug nach links oder rechts bei Geradeausfahrt? Bleibt es beim Bremsen ruhig und stabil? Sind bei 100 km/h auffällige Vibrationen feststellbar? Ja? Dann Vorsicht!- Viele Käufer - vor allem Unternehmensgründer - sind sich zudem nicht im Klaren, dass Sie"gewerblich" kaufen. Das Geschäft ist B2B. Da gilt nicht die gleiche Gewährleistung wie für Privatpersonen!- Die Motoren sowie Fahrwerke sind heute allgemein unkritisch. Zumindest sollten aber im Unterbodenbereich keine optischen Massivschäden erkennbar sein. Falls man eine Grube oder Hebebühne hat, ist der Auspuff einen kritischen Blick wert - ein Punkt, der in die Preisverhandlung eingebaut werden kann.Tom Lewanowski, Gutachter Schaden & Wert, TÜV SÜD

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