Der LKW ist Schweizer Zahlmeister

Der Schienengüterverkehr in der Schweiz wird klar bevorzugt: Pro Kilometer kostet der Bahntransport im Vergleich zum LKW weniger als die Hälfte Der LKW ist Schweizer Zahlmeister Während in Deutschland über eine Klage gegen die LKW-Maut noch gestritten wird, haben die Schweizer schon vorgelegt. Durch die aktuellen Zahlen zu den Transportkosten sehen sie sich in ihrem Kampf bestätigt. Aufregung beim Schweizerischen Nutzfahrzeugverband Astag. In ihrem langwierigen Kampf gegen die hohe LKW-Maut sehen sich die eidgenössischen Transportunternehmer durch neue Statistiken bestätigt. Das Schweizer Bundesamt für Statistik (BfS) hat vergangene Woche in einer Erhebung festgestellt, dass der Schwerverkehr seine Kosten in der Schweiz zu fast 100 Prozent deckt. Dies geht aus der aktuellen Transportrechnung des BfS für das Jahr 2005 hervor. Seit vergangenem Jahr kämpft der Astag gegen die hohe Schweizer LKW-Maut. Die so genannte Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) wurde zuletzt 2008 und Anfang 2009 erhöht. In einem Gutachten, das der Schweizerische Nutzfahrzeugverband in Auftrag gegeben hatte, kam das Forschungsinstitut Progtrans zum Schluss, dass die Höhe der LSVA gegen geltendes Recht verstoße. Laut Schweizer Verfassung darf der Ertrag der LSVA die ungedeckten Wegekosten und die Kosten zulasten der Allgemeinheit nicht übersteigen. Grundlage der Beurteilung ist die Transportkostenrechnung des Bundes, die auch die externen Kosten einschließt. Aus dem Progtrans-Gutachten ergab sich, dass bereits 2005 der LSVA-Satz über den Kosten lag. LKW finanziert sich nahezu vollständig Diese Sicht sieht Astag-Direktor Michael Gehrken erneut bestätigt. Wenn bereits vor vier Jahren nach offiziellen Berechnungen der LKW-Verkehr durch Abgaben und Gebühren seine Kosten zu 98,8 Prozent selbst finanziert, dann ergibt sich daraus für den Astag eine eindeutige Schlussfolgerung: „Die Erhöhungen der Schwerverkehrsabgabe in den Jahren 2008 und 2009 waren somit klar widerrechtlich.“ Überhaupt sieht Gehrken die neuen Zahlen des BfS skeptisch: „Der Bund hat in seiner Aktualisierung die Umweltkosten gegenüber 2003 massiv hochgeschraubt – insbesondere für Klimakosten und Gesundheitsschäden –, damit überhaupt noch eine Unterdeckung resultierte. Weshalb der Nutzverkehr trotz massiver Flottenerneuerung nun höhere Kosten pro Fahrzeug verursachen soll, bleibt schleierhaft.“ Das Schweizer Verkehrsministerium hat einen anderen Blick auf die Zahlen. „Es trifft nicht zu, dass der Straßenschwerverkehr seine Kosten im Jahr 2005 vollständig gedeckt hat“, heißt es auf VerkehrsRundschau-Anfrage. Der Kostendeckungsgrad betrug für die Lastwagen bekanntlich 98,8 Prozent – also fehlten ganze 1,2 Prozentpunkte. „Eine Kostendeckung von mehr als 100 Prozent beim Straßengüterverkehr ist nur dann erreicht, wenn man die externen Kosten, also die Folgen für die Umwelt, die Gesundheit der Menschen und so weiter, nicht berücksichtigt“, bekräftigt Ministeriumssprecher Dominique Bugnon. LKW-Maut nutzt der Verkehrsverlagerung Bugnon steht zum Ziel, den Güterverkehr auf die Schiene zu verlagern: „In der Schweizer Verfassung steht, dass der Transport von Gütern von der Straße auf die Schiene verlagert werden muss.“ Die LSVA diene seither einerseits dazu, die Attraktivität des Schienentransportes gegenüber dem Straßentransport zu erhöhen, andererseits aber auch die externen Kosten des Straßengüterverkehrs zu decken. Diese Maßnahme zeigt laut Bugnon Wirkung: „Ohne LSVA und die finanzielle Stützung des Bahngüterverkehrs hätten wir heute 500.000 LKW mehr, die jedes Jahr durch die Alpen fahren würden.“ Wenn alleine die Kosten über die Verkehrsmittelwahl entscheiden würden, dürfte es keinen Straßengüterverkehr in der Schweiz mehr geben. Laut Berechnungen der Statistiker kostet der Gütertransport mit dem LKW pro Kilometer mehr als doppelt so viel wie per Bahn – 57 Rappen (37,5 Cent) gegen 24 Rappen (15,8 Cent). Trotzdem erbringt der Straßengüterverkehr auf allen Schweiz-bezogenen Hauptrelationen den Löwenanteil der Transportleistungen, betont Progtrans-Geschäftsführer Stephan Rommerskirchen. „Selbst wenn man den Straßengüterverkehr weiter verteuert – obwohl dafür eigentlich die gesetzliche Grundlage fehlt – oder den Schienengüterverkehr weiter subventioniert – wofür es zumindest mit dem Verkehrsverlagerungsgesetz eine Handhabe gibt –, wird man den Straßengüterverkehr offensichtlich nicht im erwünschten Maß eindämmen können“, zeigt er sich sicher. Der Astag fordert deshalb ein Umdenken in der Politik: „Das Transportgewerbe und mit ihm die Wirtschaft brauchen jetzt dringend Entlastungen. Vor allem wenn man sieht, dass der Straßentransport 90 Prozent aller Waren in der Schweiz befördert“, fordert Gehrken. Zudem müsse dringend das Straßennetz ausgebaut werden, nachdem die Schweiz jahrelang Gel-der von der Straße in die Schiene umgelagert habe. Mit seinem Protest kann sich der Astag auf breite Unterstützung im heimischen Gewerbe stützen. Mit Stand Januar 2009 hatten die Besitzer von 27.000 von insgesamt 44.000 in der Schweiz zugelassenen Fahrzeugen Einspruch gegen die LSVA-Erhöhung eingelegt, bestätigt das Verkehrsministerium. Im Gegensatz dazu wurden von ausländischen Fahrzeughaltern kaum Einsprüche erhoben. Glaube an Erfolg ist gering Ob die Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht Erfolg haben wird, ist unsicher. „Wenn ausschließlich nach der Faktenlage entschieden wird, müsste nach den Ergebnissen unseres Gutachtens für den Astag der Klage stattgegeben werden“, sagt Progtrans Chef Rommerskirchen. „Vermutlich wird die Entscheidung aber nicht alleine auf der Sachebene gefällt“, schränkt er seine Zuversicht ein. „Meine persönlichen Erfahrungen haben mich gelehrt, dass der Unterschied zwischen Recht haben und Recht bekommen sehr oft auch entscheidend groß sein kann.“ ❙❚■ Sebastian Bollig Eine hohe Maut soll den Verkehr auf die Schiene zwingen Gesamtkosten Straße und Schiene (2005) in Millionen Franken Total VerkehrsmittelInfrastrukturSicherheitUmwelt Straße 70,5 47,4 7,2 9,8 6,1 Schiene 11,4 6,2 4,5 0,2 0,4 Gesamterträge Straße und Schiene (2005) in Millionen Franken Total Eigenleistungen (Selbstfinanzierung)TarifeinnahmenAbgabenAbgeltungen für gemeinwirtschaftliche Leistungen Straße 64,7 53,6 1,2 8,8 1,1 Schiene 10,5 1,4 6,0 0,0 3,1 2005 betrugen die gesamten Kosten des Straßen- und Schienenverkehrs in der Schweiz rund 82 Milliarden Franken (54 Milliarden Euro). Davon entfielen laut Schweizer Bundesamt für Statistik 70,5 Milliarden Franken auf den Straßen- und 11,4 Milliarden Franken auf den Schienenverkehr. Die Kosten werden dabei zum größten Teil durch die Verkehrsteilnehmer selbst finanziert. Insgesamt erreichte aber keiner der beiden Verkehrsträger eine vollständige Kostendeckung. Mitverantwortlich dafür sind vorwiegend externe Kosten, die von der Allgemeinheit getragen werden. Der Kostendeckungsgrad der Straße lag bei 92 Prozent, der der Schiene bei 93 Prozent. sb Aktuelle Transportrechnung

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