VR: Warum braucht es einen Arbeitskreis Schienengüterverkehr im DSLV?
Axel Plaß: Viele DSLV-Mitglieder operieren verkehrsträgerneutral und stehen der Bahn grundsätzlich positiv gegenüber. Allerdings kann die Bahnspedition nur dann wirtschaftlich lohnend sein, wenn die Bedingungen stimmen. Es gibt ja leider viele Probleme im Bahntransport, mit denen sich andere Verkehrsträger nicht herumschlagen müssen. Eine wesentliche Hürde ist die fehlende Flexibilität im Schienengüterverkehr. Um Hindernisse wie diese zu beseitigen, hat der DSLV den Arbeitskreis Schienengüterkehr ins Leben gerufen.
Aber Ihrem Arbeitskreis wird es nicht gelingen, zu jedem Unternehmen Schienengleise zu verlegen.
Das ist uns klar. Aber wir sehen uns einem System gegenüber, das nicht nur mit infrastrukturellen Nachteilen kämpft, sondern in dem die Bahnen sich deutlich unflexibler zeigen als die Akteure bei allen anderen Verkehrsträgern.
Können Sie ein Beispiel nennen?
Das fängt schon bei der Umsetzung neuer Verkehre auf der Schiene an: Wie lange brauche ich von der Idee bis zur ersten Fahrt auf der Schiene? Da zeigt sich ein Straßentransporteur viel offener als die Bahn. Hinzu kommt, dass ein neues Produkt nur dann von der Bahn akzeptiert wird, wenn man sich verpflichtet, es für einen langen, oft für Verlader und Spediteur unkalkulierbaren Zeitraum zu betreiben.
Wie soll der Koloss Bahn flexibler werden?
Das wird sicherlich schwer werden. Aber wir haben nur dann eine Chance, wenn wir unsere Interessen und unsere Wünsche bündeln und gemeinsam vortragen. Wir erhoffen uns als Arbeitskreis eine höhere Durchschlagskraft.
Der vordringliche Adressat Ihrer Bemühungen im Arbeitskreis ist also die Bahn.
Nein. Die Bahnen sind ein ganz wichtiger Adressat, keine Frage. Aber wir wollen auch die Politik ansprechen und unsere Kunden. Die Politik deshalb, weil sie als Eigentümer der Deutschen Bahn natürlich Einfluss nehmen kann auf die Abläufe des wichtigsten Anbieters im Markt. Wir müssen aber auch den Dialog mit dem Kunden führen und ihnen den Verkehrsträger nahebringen.
Ist ein diskriminierungsfreier Zugang zum Bahnsystem gewährleistet?
Auf dem Papier ja. Aber der Elan nach der Bahnreform, als viele kleine Privatbahnen mit neuen Angeboten für frischen Wind sorgten, der ist verflogen. Mittlerweile bestimmen wieder die Logistik-Töchter der Staatsbahnen den Markt und wir erleben einen Rückfall in alte Zeiten. Wir brauchen keine Produkte von der Stange, sondern Angebote nach unseren Bedürfnissen. Die dazu erforderlichen Gespräche finden aber mit den Bahnen kaum noch statt. Deshalb haben wir als Zippel-Gruppe beispielsweise, zusammen mit einer kleinen Privatbahn, unser eigenes Rangierunternehmen gegründet, da wir mit den Leistungen der arrivierten Anbieter im Hafen Hamburg nicht zufrieden waren.
Welches Potenzial sehen Sie für Schienengüterverkehre in Deutschland?
Ein sehr großes. Wenn man beispielsweise die Lage im Hamburger Hafen beobachtet, dann ist bei den prognostizierten Zuwachsraten absehbar, dass es in absehbarer Zeit zu einem Verkehrsinfarkt kommen wird. Da ist die Bahn als mögliche Entlastung wichtiger denn je. Und es gibt immer noch Verlader, die pro Tag mehr als 50 LKW in eine Richtung schicken: das ideale Aufkommen für die Bahn. Daher ist meine Einschätzung, dass man ohne Weiteres ein Viertel des derzeitigen Volumens auf der Straße per Bahn transportieren könnte.
Das Interview führte VR-Redakteur Michael Cordes
Hintergrund:
Im Dezember 2014 hat erstmals der neue Arbeitskreis (AK) Schiene des Deutschen Speditions- und Logistikverbandes (DSLV) getagt. Mit dabei: Axel Plaß, Spediteur in Hamburg und Vorsitzer des Fachausschusses Bahn beim Verein Hamburger Spediteure (VHSp). Der Arbeitskreis will sich vor allem mit dem Kombinierten Verkehr und dem Ganzzugverkehr befassen. Einen Sprecher haben die Unternehmer noch nicht gewählt. cd