Der König ist tot - es lebe der König

Satte 266 Kilogramm wiegt die schwerste, jemals von einem Menschen bewegte Last. Dieser Weltrekord im Gewichtheben (Stoßen) besteht seit knapp 30 Jahren. Sieben- bis zehnmal so viel nehmen die im Lager gebräuchlichsten Stapler auf die Gabel - Elektrostapler, versteht sich. Aber für Hochleistungsstapler, die mit sechs Tonnen und mehr das 25- bis 30-Fache dessen tragen, was der stärkste Mensch der Welt hebt, ist im Lager selten Platz. Die Einsatzgebiete der Schwergewichtsstapler liegen in der Schwerindustrie, Bau-, Papier- und Getränkeindustrie - und überwiegend im Außeneinsatz. Dort bieten die Gegengewichtsstapler der Königsklasse mit hochfesten Chassis, kraftvollen Dieselmotoren, Zinkenverstellung und Seitenschieber hohe Produktivität und Flexibilität. Der Anteil dieser XL-Modelle am Gesamtmarkt ist mit etwa fünf Prozent überschaubar. 80 bis 85 Prozent davon werden verbrennungsmotorisch angetrieben. Denn "aufgrund des hohen Eigengewichts und der schweren Lasten sowie der in der Regel sehr hohen Betriebsstundenzahlen kommen Elektrostapler mit Blei-Säure-Batterietechnik in dieser Klasse an ihre Leistungsgrenze", urteilt Frank Bergmann, Produktmanager Gegengewichtsstapler Marketing Deutschland bei Hersteller Linde. "In Einsätzen mit hoher Leistungsanforderung können verbrennungsmotorische Stapler mit Hydrostat nach wie vor dauerhaft mehr leisten." So weit die Ist-Aufnahme der aktuellen Marktsituation. Doch die befindet sich gegenwärtig offenbar im Umbruch. "Generell ist eine steigende Nachfrage bei den elektrisch betriebenen Gabelstaplern in der Gewichtsklasse von fünf bis acht Tonnen erkennbar", sagt Markus Alberts, Spezialist Produktmarketing Gegengewichtsstapler Toyota Material Handling Deutschland (TMHD). "Die Stückzahlen in diesem Segment haben sich innerhalb der letzten fünf Jahre verdreifacht." Jungheinrich schätzt die Nachfrage für die Klasse von fünf bis zehn Tonnen in Europa auf etwa 4000 Gegengewichtsstapler pro Jahr - 600 bis 800 Stück davon inzwischen mit Elektromotor, Tendenz steigend. "Diese Entwicklung wird sich - davon sind wir überzeugt - in Zukunft noch beschleunigen. Niedrige Energiekosten und der niedrige Wartungsaufwand führen zu einer erkennbar ansteigenden Akzeptanz bei den Kunden", erklärt Stefan Pfetsch, Linienleiter EFG Jungheinrich Moosburg. Gesetzliche Emissionsvorgaben Die Hintergründe der Marktveränderung sehen die Hersteller sowohl in ökonomischen als auch ökologischen Aspekten. "Der durch staatliche Regularien und selbst auferlegte CO2-Ziele beeinflusste Trend hin zur Elektromobilität wirkt als Treiber", analysiert Alberts. Überdies trage die in den vergangenen Jahren gesteigerte Leistungsfähigkeit der elektromotorisch betriebenen Schwergewichtler zu einer wachsenden Nachfrage bei. Die kommt gegenwärtig besonders aus der Lebensmittelindustrie. Dort machen gesetzliche Vorgaben im Bereich Abgasemissionen und hohe Anforderungen an Sauberkeit den Einsatz von verbrennungsmotorischen Staplern tendenziell komplizierter und teurer. Überdies verfügen Elektrostapler inzwischen über beachtliche Leistungskennzahlen und höhere Wirtschaftlichkeit als noch vor wenigen Jahren. So ermöglichen die Drehstromfahrmotoren höhere Fahrgeschwindigkeiten, erlauben schnelle Richtungswechsel und ein sanftes Beschleunigungsmoment. Bei den Fahr- und Hubmotoren sorgt Drehstromtechnik für zuverlässigen Einsatz bei langen Schichten mit anspruchsvollen Arbeitsgängen. Wartung kostet weniger Darüber hinaus machen die gegenüber verbrennungsmotorischen Staplern geringeren Geräusch- und Abgasemissionen sowie niedrigere Kosten für Energie, Service und Wartung die grundsätzlich höheren Anschaffungskosten für Elektrostapler auch im Schwerlastsegment offenbar wett. Berechnungen von Jungheinrich zufolge liegen allein die Wartungskosten für die E-Stapler "etwa ein Drittel unter denen eines Verbrenners", so Pfetsch. Tatsächlich macht auch bei den Elektro-Hochleistungsstaplern der Kaufpreis lediglich einen Bruchteil der Gesamtbetriebskosten aus. Unter Verweis auf den langfristigen Profit durch niedrigere Lebenszykluskosten eines E-Staplers gegenüber den Verbrennern weist Hersteller Kalmar einen Zeitraum von zwei Jahren aus, nach denen Kalmar-Elektrostapler die Gewinnschwelle erreichen. "Kombiniert mit Einsparungen durch weniger und kürzeren Stillstand, schnellere Wartung und längere Lebensdauer wird der E-Stapler in der Königsklasse zu einer sehr attraktiven Investition", wirbt der Hersteller. Bei den Personalkosten spreche jedoch aufgrund ihrer höheren Umschlagleistung einiges für die Diesel- und Treibgasstapler, betont Linde-Produktmanager Bergmann. "Batteriewechsel beziehungsweise die Batterieladezeiten benötigen mehr Zeit und mehr Platz als der Tankvorgang." Erledige ein Fahrer seine Arbeit in kürzerer Zeit, rechnet der Produktmanager vor, würden zum einen die Aufwendungen für Lohn und Gehalt sinken. Zum anderen wirke sich die geringere Einsatzdauer positiv auf die Energie- und Servicekosten aus. "Am Ende der Laufzeit verbleibt ein höherer Restwert", so Bergmann. Auch bei Batterieleistung, -wechsel und Ladezeiten tut sich einiges. So verweist Jungheinrich-Mann Pfetsch beispielsweise auf die Energiekosteneffizienz der neuen Schwerlastträger. "Messungen gemäß VDI-Zyklus haben gezeigt, dass die neuen Stapler EFG der Baureihe 5 bis zu 20 Prozent weniger Energie als vergleichbare Modelle verbrauchen." Zudem bietet Jungheinrich auch seinen Vierradstapler für die schwereren Gewichte mit "2Shifts1Charge-Garantie" an. Damit gewährleistet der Hersteller, dass ein Stapler zwei Schichten am Stück schafft, ohne dass Batteriewechsel oder Zwischenladung notwendig sind. Das spart Zeit und wirkt sich nicht zuletzt positiv auf Personalkosten aus. E-Stapler punktet bei Betriebsdauer Manche Rekorde und Rekordhalter sind über Dekaden beständig - andere verändern sich schnell. Auch in der Königsklasse der Gegengewichtsstapler von mehr als sechs Tonnen Traglast sind E-Stapler im Kommen. Bei der Beurteilung, für welche Anwendungen ihr Einsatz wirtschaftlich sinnvoll ist, argumentieren die Anbieter uneinheitlich. Gleichwohl: Im Inhouse-Einsatz sowie in der Lebensmittelindustrie sind sie unabdingbar. Und: "Über die Betriebsdauer spricht die Bilanz für den elektrischen Stapler", resümiert TMHD-Spezialist Alberts. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Gabelstapler www.verkehrsrundschau.de/dossiers

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