Berlin. Die vier großen Verbände der Transport- und Logistikwirtschaft haben am Dienstag für die nächste Legislaturperiode ihre Forderungen an die künftige Bundesregierung veröffentlicht. Nachdem in Berlin die Sondierungsgespräche für eine mögliche Jamaika-Koalition begonnen haben, verweisen der Bundesverband Möbelspedition und Logistik (AMÖ), der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), der Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL) und der Deutsche Speditions- und Logistikverband (DSLV) auf die Bedeutung von Güterverkehr und Logistik für die deutsche Wirtschaft. „Für den überwiegend mittelständisch geprägten Wirtschaftssektor ist es entscheidend, auch in Zukunft unter sicheren, fairen und verlässlichen Bedingungen arbeiten zu können“, betonen die Branchenvertreter in dem gemeinsamen Positionspapier. Sie haben darin sechs wichtige Themenbereiche ausgemacht, um die sich die Politik kümmern sollte.
Folgende Forderungen stellen AMÖ, BGL, BWVL und DSLV anlässlich der Koalitions-Verhandlungen:
1. Logistikstandort Deutschland stärken, Wettbewerbsfähigkeit sichern
Der Logistikstandort Deutschland muss weiter gestärkt und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen im europäischen Straßengüterverkehr gesichert werden. Hierzu sind folgende Maßnahmen notwendig:
- Herstellung fairer Wettbewerbsbedingungen im europäischen Straßengüterverkehr durch kontrollierbare einheitliche europäische Regelungen, effektive Rechtsdurchsetzung und Kontrolle der Vorschriften unter verstärkter Nutzung digitaler Instrumente
- Geltung der Markt- und Berufszugangsregelungen für alle Marktteilnehmer, die gewerblichen Güterkraftverkehr betreiben
- Unbürokratische Ermöglichung dreiwöchiger Rundläufe in Europa mit anschließender Verpflichtung zur Rückkehr zum Heimatstandort
- Konsequente Bekämpfung illegaler Anbieter (Schwarzarbeit)
2. Nachwuchsmangel offensiv angehen, Berufsbild des Kraftfahrers attraktiver machen
Der Nachwuchsmangel in der Transport- und Logistikbranche muss offensiv angegangen und die Branche dabei unterstützt werden, die Attraktivität des Berufsbildes Kraftfahrer zu steigern. Hierzu sind folgende Maßnahmen notwendig:
- Gezielte, an den Bedürfnissen der Kraftfahrer ausgerichtete arbeitsmarktpolitische Strategien
- Anpassung des gesetzlichen Rahmens zur Steigerung der Attraktivität der Berufsbilder in der Logistik und Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Fahrer
- Verbesserung der Situation an den Laderampen durch Gewährleistung des Zugangs zu Sanitär- und Pausenräumen für Fremdpersonal
3. Kostenwahrheit bei der Maut durch echte Finanzierungskreisläufe europaweit sicherstellen, externe Kosten zweckgebunden reinvestieren
Für die verlässliche Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur und die langfristige Sicherung des derzeitigen Investitionsniveaus muss die Nutzerfinanzierung unter Wahrung des staatlichen Auftrags zur Daseinsvorsorge weiter gestärkt und der Weg zur Schaffung echter Finanzierungskreisläufe konsequent fortgesetzt werden. Hierzu sind folgende Maßnahmen notwendig:
- Lkw-Maut klimabewusst weiterentwickeln, orientiert am spezifischen CO2-Austoß, der zulässigen Achslast der Fahrzeuge und den Euro-Abgasnormen
- Zweckbindung der Lkw-Maut für die Finanzierung der Straße sowie der externen Kosten für Reinvestitionen entsprechend dem Abgabezweck
- Gleichbehandlung aller Nutzer entsprechend dem Straßenverschleiß und dem Emissionsausstoß
4. Ausbau der digitalen Infrastruktur
Die digitale Infrastruktur in Deutschland muss schnellstmöglich flächendeckend und belastbar ausgebaut werden, um die Effizienzpotenziale neuer Kommunikations- und Fahrzeugtechnologien für logistische Anwendungen ausnutzen zu können.
5. Fahrplan für einen Mobilitätswandel zielsicher angehen, Investitionssicherheit gewährleisten, Steuerdifferenzierung für (Gewerbe-)diesel erhalten
Um das Ziel eines weitgehend klimaneutralen Verkehrssektors im Jahr 2050 zu erreichen, sind folgende Maßnahmen notwendig:
- Fester Fahrplan für einen klimabewussten, berechenbaren und realitätsnahen Mobilitätswandel, der Planungssicherheit schafft, Investitionssicherheit gewährleistet und in Abstimmung mit den EU-Mitgliedstaaten die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen nicht gefährdet
- Freie Wahl des Verkehrsträgers und Förderung der Komodalität
- Technologieoffener Ansatz für alternative Antriebe und flächendeckend verfügbare Energieträger mit gezielten Investitionsanreizen für die Nutzer
-Steuerdifferenzierung für gewerblich genutzten Diesel erhalten, um Wettbewerbsverzerrungen zulasten deutscher Unternehmen zu verhindern
6. Sicherheit in der Transportlogistik erhöhen
Die Sicherheit für Fahrer, Fahrzeug und Ladung muss dringend erhöht werden. Hierzu sind folgende Maßnahmen notwendig:
- Ausbau einer geeigneten Park- und Rastinfrastruktur an Autobahnen
- Aufbau spezialisierter polizeilicher Infrastrukturen mit Präventions- und Interventionsinstrumentarien
- Ladungsdiebstahl und Frachtraub sind als eigenständiges Kriminalitätsphänomen zu erfassen (ag)
Herbert Müller