Das Lastenrad erobert die Citys

Wenn heute von urbaner Logistik oder Citylogistik die Rede ist, fallen fast immer die Schlagworte Minidepots und City-Hubs. Für die Zukunft können sich viele Experten innerstädtische Distributions- und Abholverkehre ohne solche Standorte nicht mehr vorstellen. Grund dafür ist: "Von hier aus werden vor allem Lastenräder oder auch Fahrzeuge mit alternativen Antrieben starten", ist Professor Rolf Jansen vom Dortmunder Institut für Distributions- und Handelslogistik (IDH) überzeugt. Bei einem Zustellradius von nur einem Kilometer sind laut Jansen Lastenfahrräder auf jeden Fall sinnvoll. Bei einem Zustellradius darüber hinaus hänge dies aber immer vom Einzelfall ab und sei zu prüfen. Zu wenig Logistikflächen in der Stadt Alle namhaften KEP-Größen nutzen bereits Lastenräder oder haben zumindest Testbetriebe in verschiedenen Städten laufen. Beispiel GLS und DPD: Sie testen aktuell in Nürnberg Mikrodepots - unter wissenschaftlicher Leitung von Professor Ralf Bogdanski aus der Fakultät Betriebswirtschaft der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm. UPS setzt bereits seit zwei Jahren ein City-Logistikprojekt in Hamburg um, für das das Unternehmen in der Innenstadt jeden Morgen an zentralen Stellen Container aufstellt, die als Zwischenlager dienen. Von dort aus stellen dann Mitarbeiter die Pakete und Stückgüter per Cargobike den Empfängern zu. Und auf dem Rückweg holen sie Sendungen bei den Kunden ab und deponieren sie im Container, der dann am Abend in die zuständige UPS-Niederlassung transportiert wird. Aber nicht nur die großen Paketnetze haben das Thema "Lastenrad" für sich entdeckt. Auch kleine und mittlere KEP-Dienste nutzen in der Innenstadt-Belieferung E-Lastenräder, wie unter anderem die Praxisbeispiele auf den folgenden Seiten zeigen. Die dort aufgezeigten Lösungen machen Mut und zeigen, dass im Thema urbane Logistik viel Musik ist. Eine der zentralen Herausforderungen für innovative Lösungen in der innerstädtischen Logistik ist indes, monieren KEP-Experten, dass Städte und Kommunen häufig zu wenig Flächen zur Verfügung stellen, etwa für Mikrodepots oder auch für Container-Standorte à la UPS. Bei ihrer Suche nach dauerhaften Standorten könnten KEP-Dienstleister bei Four Parx, Dreieich, fündig werden. Der auf Logistik- und Gewerbeimmobilien spezialisierte Projektentwickler plant aktuell unter dem Markennamen "Urban 4" in rund 30 Großstädten Logistikdepots mit bis zu 1600 Quadratmeter Fläche, die sich mehrere Mieter teilen können. Der erste Urban-4-Standort macht demnächst in Darmstadt auf. "Wir wenden uns mit Urban 4 vor allem an KEP-Dienste, die sich in der Citylogistik engagieren", sagt Four-Parx-Vorstand Francisco Bähr. Er glaubt, dass trotz grassierender Flächenknappheit in den meisten Städten ausreichend Baulücken und Brachareale für innerstädtische Depots vorhanden sind. An der Standortfrage sollten Pläne von Unternehmen, die jetzt in die urbane Logistik einsteigen wollen, also nicht scheitern. Für ebene Lagen empfehlen Experten im Übrigen den Einsatz dreirädriger Lastenräder, für hügelige hingegen zweirädrige Lastenräder - der Fahrer soll seine Muskelkraft ja so ökonomisch wie möglich einsetzen. Ansonsten gibt es neben bekannten Marken wie Christiana, Larry vs. Harry (Bullitt), Radkutsche Mössingen und Riese & Müller zahlreiche kleinere Hersteller, die vor allem mit neuen Schwerlasträdern Aufsehen erregen. Solche Modelle können inzwischen weit mehr als 100 bis 150 Kilogramm laden. Zu nennen ist zum Beispiel der spanische Hersteller Evolo, dessen Fahrzeuge mit einem Verbrauch von lediglich 1 Kilowattstunde (kWh) auf 100 Kilometern als besonders sparsam gelten. "Außerdem überrascht der Anhängermarkt mit interessanten Neuerungen", unterstreicht Wasilis von Rauch, Vorstand des Verkehrsclubs Deutschland (VCD). So entwickelte der Anbieter Carla Cargo in Freiburg eine gezogene Einheit mit Elektroantrieb, die auch aus einem konventionellen Kurierfahrrad ein Cargobike mit bis zu 150 Kilogramm Nutzlast macht. "Solche Innovationen führen aber nur zum Erfolg, wenn ein Geschäftskonzept für schwere Ladungen existiert", mahnt von Rauch. Großes Problem dabei ist nur, dass gerade in kleineren Städten unter 100.000 Einwohnern der Spotmarkt für schwere Ladungen, so die bisherigen Erfahrungen von KEP-Unternehmen, viel zu wenig abwirft. Mit der bitteren Folge, dass mancher Kurierdienstleister schon das Handtuch geworfen hat und sein Cargobike nurmehr ausschließlich für private Einkäufe nutzt. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Grüne Logistik www.verkehrsrundschau.de/dossiers Praxislösung Kiezkaufhaus Stetig steigende Bestellungen Jährlich kaufen die Einwohner von Wiesbaden Waren für 180 Millionen Euro (2015) auf Amazon und anderen Plattformen. Seit Kurzem können sie viele Produkte auch bei lokalen Händlern online ordern und per Cargobike zustellen lassen. Eine Kooperation der Werbeagentur Scholz & Volkmer, Wiesbaden, und des KEP-Dienstes Expressenger, Mainz, macht dies möglich. 2015 gründete die Agentur die Einkaufsplattform Kiezkaufhaus, der sich bislang 30 regionale Handelshäuser angeschlossen haben.Für die Endkundenauslieferung kaufte sie zwei Cargobikes ein, die von Expressenger-Kurieren gefahren werden."Wir stellen Montag bis Freitag Waren, die bis 14 Uhr bestellt worden sind, zwischen 16 und 21 Uhr zu", sagt Geschäftsführer David Kurtze. Die Zahlen der Bestellvorgänge schwanken stark, steigen aber kontinuierlich. "An manchen Tagen fahren unsere Mitarbeiter über 30 Adressen an", berichtet Kurtze."Ohne Tourenplanung ist dies nicht möglich."Für jede Tour ermittelt die firmeneigene Software unter Berücksichtigung des vom Endkunden gewünschten zweistündigen Zustellfensters die optimale Route. "In Zukunft könnten dem Kunden per SMS oder Messenger genaue Zustellzeitpunkte mitgeteilt werden", plant der KEP-Dienst. Genau wegen solcher Services hat Scholz & Volkmer Expressenger engagiert. Der ursprüngliche Plan, Studenten und andere Aushilfskräfte mit der Auslieferung zu beauftragen, erwies sich wegen der schnell wachsenden Nachfrage als unrealistisch.Vor allem Lebensmittel werden im Kiezkaufhaus eingekauft. Gegen eine einmalige Gebühr von fünf Euro pro Tour kann der Verbraucher bei weiteren Händlern einkaufen. Die Expressenger-Mitarbeiter sammeln die Bestellungen und nehmen bei der Zustellung auch Zahlungen bar oder per EC-Karte entgegen. Jetzt planen Scholz & Volkmer und Expressenger ein Kiezkaufhaus für Mainz. Und vor Kurzem hat der Kurierdienst ein Bullitt mit Anhänger gekauft. bot Praxislösung Postljohann "Auch Stückgut per Cargobike" Wohl nur wenige Gründer eines Fahrradkurierdienstes haben so viel körperliche Fitness wie Johannes Struck. Über acht Jahre lang radelte der 31-Jährige für die Straßen-Radbundesliga, bevor er 2013 seine Firma Postljohann in Rosenheim gründete. Mit zwei Rädern, darunter einem Bullitt, erschließen Struck und zwei Mitarbeiter einen schwierigen Markt.Da ihr Einzugsgebiet - Rosenheim und zwei Nachbargemeinden - mit 90.000 Einwohnern recht klein ist, können sie mit konventionellen Kuriersendungen nicht ausreichend Umsatz einfahren. Deshalb hat Struck ein Cargobike gekauft."Damit transportieren wir bis zu 100 Kilogramm schwere Sendungen und können auch Stückgut zustellen", sagt er. Regelmäßig nimmt er etwa Möbel, Tresore, Pakete in Übergröße an."Das Angebot, diese in 15 bis 20 Minuten mit einem ökologischen Fahrzeug zuzustellen, überzeugt immer mehr Kunden."Alternativ können diese eine Ein-Stunden-Option zum günstigeren Preis wählen. Mit weiteren Services, die ebenfalls ein Cargobike voraussetzen, will Struck dauerhaft an seinen Betrieb binden. So bietet er Postfachleerungen an. Für mehrere Firmen in der Region holt Postljohann zu Festpreisen Briefsendungen ab oder stellt sie der örtlichen Postfiliale zu."Geben meine Kunden mehr als 1000 Briefe auf einmal auf, kann ich solche Sendungen nur mit zwei und mehr Touren transportieren", sagt Struck. Zudem ist er fast täglich für seine zweite Firma, eine Online-Buchhandlung, unterwegs. bot

Elektromobilität: Hamburg will Ladepunkte auf 10.000 erhöhen

Bürokratieentlastung: Bundesrat stimmt neuer Verordnung zu

Automobilzulieferer: Bosch will weitere Stellen streichen

A7 wird zeitweise gesperrt

Schwerpunktkontrollen: Viele Verstöße von Lkw und Bussen

Alle Schlagzeilen

Das Lastenrad erobert die Citys

HASHTAG

#KEP

PaketButler startet bundesweit

Paketzusteller erwarten erneut Ansturm zur Weihnachtszeit

Nachts, elektrisch und autonom

MEISTGELESEN

Emons Spedition siedelt sich am c-Port an

Duvenbeck übernimmt Sander Logistics

Who is Who Logistik: Themen und Trends für 2025

STELLENANGEBOTE

Head of Logistics (w/m/d) mit fundierter Erfahrung im internationalen Versand

Koordinator (m/w/d) Intralogistik mit Teamleitungsfunktion

Leiter (w/m/d) Logistik Teilbereich Warenausgang

Schichtleiter (w/m/d) Logistik - Warenausgang

Area HR Business Partner

WEITERLESEN

NEWSLETTER