Damit die Chemie stimmt

Was ist drin in den Chemikalien und wie gefährlich sind sie? Die Behörden wollen es künftig ganz genau wissen Damit die Chemie stimmtDie neue EU-Chemikalienverordnung "Reach" stellt Hersteller und Importeure von Chemikalien vor große Herausforderungen. Inwieweit auch Transporteure betroffen sind. Ein stärkerer Schutz für die menschliche Gesundheit und die Umwelt – das sind die hehren Ziele, die der Gesetzgeber mit der europäischen Chemikalienverordnung Reach verfolgt. Die neuen Vorschriften sind am 1. Juni 2007 in Kraft getreten und vereinheitlichen das Chemikalienrecht europaweit. Registrierungen in HelsinkiDas Prinzip "Ohne Daten, kein Markt" setzt Hersteller und Importeure unter Zugzwang: Jedes Unternehmen, das seinen Sitz in der EU hat und chemische Stoffe in einer Menge von mehr als einer Tonne pro Jahr herstellt oder in die EU importiert, trifft gemäß den neuen Vorschriften eine Registrierungspflicht. Am 1. Juni 2008 hat zunächst die Vorregistrierungsphase begonnen. Bis zum 1. Dezember 2008 können die Unternehmen Stoffe, die sie zu registrieren beabsichtigen, der neu gegründeten Europäischen Chemikalienagentur ECHA in Helsinki mitteilen. Die Vorregistrierung soll dazu dienen, dass Hersteller oder Importeure identischer Stoffe zueinander finden und so die gemeinsame Registrierung gleicher Stoffe vereinfachen.Hersteller und Importeure tragen hinsichtlich des Umganges mit ihren Stoffen künftig eine größere Verantwortung. Sie müssen die Risiken der von ihnen hergestellten oder in Verkehr gebrachten Stoffe herausfinden und Maßnahmen vorschlagen, wie mit ihnen umzugehen ist. Die neue Rechtslage betrifft jedoch nicht nur die chemische Industrie, sondern auch so genannte "nachgeschaltete Anwender" von Chemikalien. "'Nachgeschaltete Anwender' sind Unternehmen, die Chemikalien verwenden – zum Beispiel Produktionsbetriebe, die im Rahmen ihrer Herstellungsprozesse Chemikalien einsetzen. Sie unterliegen unter anderem Informations- und Meldepflichten", erklärt Benedikt Vogt von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Südlicher Oberrhein. Damit solle gewährleistet werden, dass der Informationsfluss entlang der gesamten Absatzkette von Chemikalien aufrechterhalten wird.Die reine Beförderung von gefährlichen Chemikalien im Straßen-, Eisenbahn-, Binnenschiffs-, See- oder Luftverkehr ist laut Vogt grundsätzlich von der Reach-Verordnung ausgenommen. "Der Transport an sich ist also nicht direkt von Reach betroffen. Die Gefahrgutbestimmungen für den Transport gefährlicher Güter gelten aber unabhängig von der Reach-Verordnung weiter", betont der Experte. Nur wenn ein Transporteur zusätzlich auch für die Einfuhr von Chemikalien aus einem Nicht-EU-Land verantwortlich sein sollte, würde eine Registrierungspflicht nach Reach vorliegen. In aller Regel sei jedoch das Unternehmen, das die Chemikalie bestellt – und nicht der Transporteur – für den Import verantwortlich und damit registrierungspflichtig. Jedoch: "Sollte ein Transporteur über die reine Transporttätigkeit hinaus Chemikalien verwenden, zum Beispiel um diese in kleinere Gebinde abzufüllen, so wäre der Transporteur im Sinne von Reach ein 'nachgeschalteter Anwender' und damit von den Reach-Vorgaben betroffen", stellt Vogt fest. Und er sieht weitere mittelbare Folgen: "Indirekt können Transporteure von Reach betroffen sein, wenn Chemikalien aufgrund neuer Erkenntnisse anders eingestuft und gekennzeichnet werden sollten." Gleichfalls können laut Vogt neue Erkenntnisse dazu führen, dass im Sicherheitsdatenblatt modifizierte Vorgaben zum Arbeitsschutz beziehungsweise zum sicheren Transport gemacht werden."Grundsätzlich sind die Beförderer selbst nicht von Reach betroffen", bestätigt auch Guido Koschany vom Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL). "Der Transport gefährlicher Stoffe ist weiterhin im ADR international geregelt. Die Vorschriften gelten unverändert weiter, wenn auch demnächst aktualisiert durch das ADR 2009." Da aber Reach auch Angaben zum Sicherheitsdatenblatt respektive bei der Chemikaliensicherheitsbewertung Angaben zum sicheren Transport verlange, habe dies indirekt Auswirkungen auf die Beförderer. Lars Tietjen vom Umweltbundesamt weist ebenfalls darauf hin, dass Transporteure die Vorgaben aus dem Sicherheitsdatenblatt beachten müssen (siehe Interview unten).Konformität mit Reach abklärenDirekte Folgen für die Transportbranche sieht auch Johann Mandl von TÜV Süd nicht: "Transporteure sind nicht unmittelbar von Reach betroffen." Eine Ausnahme sei, wenn der Transporteur auch eigenverantwortlicher Importeur im Sinne von Reach ist. Und er weist darauf hin, dass die Registrierung insbesondere von Altstoffen zu einer Neubewertung der Risiken und daraus resultierenden geänderten Vorgaben an den Arbeitsschutz, die Handhabung bei Lagerung und Transport, Anwendungsbeschränkungen bis hin zu Stoffverboten führen könne. Es sei grundsätzlich zu empfehlen, für etwa in der Fahrzeugwartung verwendete Betriebsmittel und Erzeugnisse, bei denen Mitarbeiter mit chemischen Stoffen in Kontakt kommen können, durch Anfrage an den Hersteller die Konformität mit Reach, also die Verwendung ausschließlich registrierter oder vorregistrierter Stoffe beziehungsweise Zubereitungen, abzuklären. ❙❚■ Kathrin Petersen

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