Brüssel/Prag. Das grassierende Coronavirus macht den innereuropäischen Grenzverkehr zu einem Dauerthema. Nach tagelangen Mega-Staus an vielen Grenzen beruhigte sich die Lage am Sonntag zwar weiter – an vielen Übergängen verzeichnete die Polizei extrem wenige Fahrzeuge. Kontrollen, die eine Ausbreitung des Virus bremsen sollen, blieben jedoch bestehen. Etliche Mitgliedstaaten könnten von monatelangen Auswirkungen betroffen sein.
Tschechien will Grenzen mehrere Monate schließen
So sollen die tschechischen Grenzen wegen der Coronavirus-Gefahr „viele Monate“ für Ein- und Ausreisende geschlossen bleiben, mindestens aber ein halbes Jahr. Das sagte der Leiter des tschechischen Coronavirus-Krisenstabs, der Epidemiologe Roman Prymula, am Sonntag im Fernsehsender „Prima“. Ausländer dürfen ausreisen, aber nicht wieder einreisen.
Ausnahmen gelten nur für Lastwagenfahrer und grenznahe Berufspendler, die in Sachsen, Bayern und Österreich arbeiten. Tschechien hat auch gemeinsame Grenzen mit Polen und der Slowakei. Werde die Sonderregelung verbreitet von Unberechtigten missbraucht, höre die Gutmütigkeit auf, warnte Innenminister Jan Hamacek.
Die tschechische Polizei meldete nach Angaben der Nachrichtenagentur CTK am Sonntag keine nennenswerten Behinderungen mehr an der tschechisch-deutschen Grenze. Am Samstag waren in Tschechien verschärfte Grenzübertrittsregeln für Pendler in Kraft getreten. Berufspendler müssen seither ein „Ausweisbuch für grenzüberschreitende Arbeitskräfte“ vorlegen.
Lage an der deutsch-polnischen Grenze entspannt
An der deutsch-polnischen Grenze hatte sich die Lage an den meisten Grenzübergängen schon am Samstag entspannt. Am Sonntag floss der Verkehr überall ungehindert, wie der polnische Grenzschutz mitteilte. Wer hingegen aus Polen nach Weißrussland und in die Ukraine reisen wollte, musste an manchen Übergängen lange warten. Von der litauischen Grenze zu Polen meldete der Grenzschutz keine Wartezeiten mehr. Von Tschechien in die Slowakei und weiter nach Ungarn floss der Verkehr laut Polizei anders als noch am Samstag wieder ungehindert.
Der Verkehr an den Grenzen zu Baden-Württemberg verlief trotz der Kontrollen wegen der Corona-Pandemie am Wochenende ruhig. „Wir haben sehr, sehr wenige Pkw“, sagte ein Sprecher der Bundespolizei in Offenburg am Sonntag. An den Schweizer Grenzen sei es ebenfalls ruhig: „Die Straßen sind sehr leer“, sagte ein Sprecher der Autobahnpolizei Weil am Rhein am Sonntag.
Der Weg von Rheinland-Pfalz nach Frankreich oder umgekehrt ist indes wegen der Corona-Krise nur noch über drei Grenzübergänge möglich. Darauf wies das rheinland-pfälzische Innenministerium am Sonntag hin. Hintergrund sei die Einführung der vorübergehenden Binnengrenzkontrollen an den Landesgrenzen. Offen seien daher nur noch die Grenzübergangsstellen Bienwald, Schweigen und Hornbach, die von der Bundespolizei gesichert würden. „Bitte richten Sie sich dort auf längere Wartezeiten ein“, erklärte das Ministerium.
EU-Kommission warnt vor Behinderung wichtiger Ware
Die Situation an der Grenze zu Dänemark war am Wochenende ebenfalls ruhig. „Wir haben weniger als die Hälfte des normalen Verkehrs“, sagte Brian Fussing, Chef der dänischen Grenzpolizei in Südjütland. „Die Leute haben verstanden, dass sie nicht reisen sollen.“ Lastwagen würden so schnell wie möglich abgefertigt.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte am Samstag gewarnt, dass Lastzüge mit wichtiger und verderblicher Fracht feststeckten. Da entspannte sich die Lage vielerorts schon. „An einigen Grenzen gibt es aber immer noch Probleme“, sagte sie. (dpa)