Corona sorgt für mehr Geschäft

Thorsten Müller kann über einen Mangel an Arbeit nicht klagen. Müller ist Geschäftsführer und Inhaber des Entsorgungsdienstleisters Recycling & Baustoffe Hellerwald in Boppard. 35 Mitarbeiter, 15 Lkw, 800 Container, ein Wertstoffhof mit Recyclinganlage für Bauschutt, ein Baustoffhandel und ein eigenes Tiefbauunternehmen. "Wir haben seit der Coronakrise viel zu tun und einen starken Zulauf", sagt Müller. Kurzarbeit: für ihn ein Fremdwort. Für das deutlich höhere Aufkommen bei Hellerwald gibt es verschiedene Ursachen. Zum einen nutzen die Menschen die viele Zeit zu Hause, ihren Hausstand zu entrümpeln oder den Garten auf Vordermann zu bringen. Dabei fällt so einiges an Müll an, der entsorgt werden muss. Zum anderen hatten viele kommunale Wertstoffhöfe geschlossen oder die Öffnungszeiten deutlich eingeschränkt. "Beides hat dazu geführt, dass wir zeitweise überrannt worden sind und sich die Fahrzeuge stauten", sagt Müller. Ein Mitarbeiter wurde ausgestattet mit Weste und Funkgerät, um einen geordneten Ablauf zu gewährleisten. Aber vor allem hatte er die wichtige Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Menschen im Fahrzeug bleiben. Gesundheit: oberste Priorität Denn Müller hat allergrößten Wert darauf gelegt, dass in seinem Betrieb kein Coronafall auftritt. Zum Schutze seiner Mitarbeiter, aber auch zum Schutze seines Unternehmens. "Denn dann hätte die Gefahr bestanden, dass die Gesundheitsbehörden den Betrieb schließen", sagt Müller. Das wäre der GAU für ihn gewesen - und auch für seine Angestellten. Deshalb wird bei ihm im Schichtbetrieb gearbeitet, hat eine Disponentin ihr Büro komplett nach Hause verlegt und müssen die Lkw-Fahrer bei der Abholung von Containern keine Unterschriften mehr einholen, um den Kontakt auf ein Minimum zu beschränken. Es gibt noch einen weiteren Grund, warum Hellerwald keine Einbußen verzeichnet. Das Unternehmen hat sich bei den gewerblichen Kunden stark auf die Baubranche und das Handwerk konzentriert. Derzeit gibt es in diesen beiden Segmenten kaum Einschränkungen. Daher hat Müller sogar zum 1. April zwei neue Mitarbeiter eingestellt. Allerdings war dieser Schritt schon vor der Corona-Krise geplant. Kommen also die Entsorgungsdienstleister unbeschadet durch die Krise? Nein, so pauschal kann man das nicht sagen. Es hängt stark davon ab, in welchem Segment die Unternehmen tätig sind und welche Kunden sie haben. Dafür ist die Abeln & Sohn Entsorgung und Transporte ein Beispiel. Das Unternehmen hat seinen Sitz in Aschendorf im Emsland, beschäftigt 68 Mitarbeiter und bietet neben Entsorgungsdienstleistungen auch speditionelle Dienstleistungen an. "Seit März haben wir im Bereich Entsorgung 30 Prozent Rückgang", sagt Frank Abeln, Geschäftsführer und Mitinhaber von Abeln & Söhne. Anders als Hellerwald hat Abeln fast ausschließlich gewerbliche Unternehmen als Kunden, darunter auch Hotels, Gaststätten und Restaurants. Und die haben ihr Geschäft geschlossen. Auch bei den Baustellen stellt Abeln einen Rückgang fest, gerade bei Privatbauten. "Hätten nicht einige Privatpersonen einen Container bestellt, weil sie zu Hause aufräumen oder renovieren, sähe es noch schlechter aus", sagt Abeln. "Aber das macht man auch nur einmal", weiß er, dass dies ein Sondereffekt war. Aber immerhin, noch hat das Unternehmen für die nächsten ein bis zwei Monate ausreichend zu tun. Was danach kommt, weiß Abeln nicht. Daher haben die Mitarbeiter im März bereits Resturlaub und Überstunden abgebaut. "Jetzt haben wir Kurzarbeit beantragt und werden in den kommenden Tagen dazu eine Entscheidung fällen müssen", sagt er angesichts der verhaltenen Nachfrage. Die jetzt beschlossenen Lockerungsmaßnahmen begrüßt Abeln, er hält sie aber nicht für ausreichend. "Wenn das nur scheibchenweise passiert, wird das nicht die große Wende bringen", gibt er sich skeptisch. Und bleibt Hellerwald vollkommen von der Pandemie und seinen Folgen verschont? "Gute Frage", antwortet Müller. Er geht davon aus, dass sein Unternehmen zeitversetzt auch die Krise spüren wird. Wenn die Menschen zunehmend sparen. Oder wenn es weniger Bauausschreibungen gibt, weil auch der Staat die Ausgaben umschichtet. Mehr zum Thema finden Sie unter #Entsorgung www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Die Coronapandemie sorgt dafür, dass die Menschen ihre Keller aufräumen oder den Garten auf Vordermann bringen. Für Entsorgungsdienstleister bedeutet das Mehrarbeit. Allerdings leiden andere Entsorger wie die von Schrott und Eisenwaren unter dem Shutdown. Gewerbeabfallverordnung: eine Regelung für den Müll? Abseits der Corona-Krise gibt es auch andere Themen, die die Entsorgungsdienstleister beschäftigen."Vielen macht vor allem die Gewerbeabfallverordnung zu schaffen", sagt Werner Baumann, Geschäftsführer der Entsorgergemeinschaft Regionaler Wirtschaftsverkehr (EGRW). Die Verordnung ist zwar bereits 2017 in Kraft getreten. Aber: Seit Februar 2019 gibt es neue Vollzugshinweise zur Gewerbeabfallverordnung und vor allem soll seit Jahresbeginn 2020 vermehrt kontrolliert werden, ob die Sortier- und Recyclingquoten auch tatsächlich eingehalten werden.Dienstleister müssen mit Kontrollen rechnenFür die Entsorgungsdienstleister ist damit nicht nur ein hoher Aufwand bei der Sortierung verbunden. Sie müssen jetzt auch genau dokumentieren, ob sie die Sortier- und Recyclingquoten, die je nach Abfallart unterschiedlich sind, auch einhalten."Das ist ein enorm hoher bürokratischer Aufwand für die Dienstleister", sagt Baumann. Die Intensität der Kontrollen kann je nach Bundesland und der zuständigen Behörde im Landkreis unterschiedlich sein. Baumann ist zu Ohren gekommen, dass mit Beginn des Jahres in einigen Bundesländern verstärkt solche Dokumentationen verlangt werden.Frank Abeln von dem Entsorgungsdienstleister Abeln & Sohn hält die Vorgaben der Gewerbeabfallverordnung nicht für sinnvoll. "Für die mit diesen hohen Recyclingquoten verbundenen Mengen gibt es vielfach gar keinen Markt", kritisiert er. Es finden sich also keine Abnehmer, die diese Produkte wiederverwerten, weshalb die Sortierung überflüssig sei und der Abfall häufig exportiert werde oder dann doch am Ende in Verbrennungsanlagen lande. Und wofür dann der Aufwand? Schon jetzt ist laut Abeln in seinem Unternehmen ein Mitarbeiter mit nichts anderem beschäftigt als der Koordinierung des Müllsortierungsprozesses. cd