Bremen. Obwohl die konjunkturellen Zeichen zum Jahresauftakt weiterhin auf Expansion stehen, hat sich das Geschäftsklima in der deutschen Logistikwirtschaft im ersten Quartal weiter eingetrübt. Dies geht aus der jüngsten Erhebung (Märzbefragung) zum Logistik-Indikator hervor, den das Institut für Weltwirtschaft im Auftrag der Bundesvereinigung Logistik (BVL) ermittelt. Die Statistiker befragen alle drei Monate etwa 100 Logistikdienstleister und 100 Industrie- und Handelsunternehmen zur derzeitigen wirtschaftliche Lage und ihren Erwartungen in den kommenden zwölf Monaten.
Der Klimaindikator, der Aussagen zu beiden Teilbereichen zusammenfasst, sank im Vergleich zum Vorquartal um knapp 7 Punkte auf 115,2 Zähler. Er bewegt sich damit aber immer noch oberhalb der neutralen 100er-Marke. Während sich die Erwartungen insgesamt nur unwesentlich veränderten, wurde die Lage nach Ablauf der Wintermonate deutlich schlechter eingeschätzt (Rückgang um 12,9 auf jetzt 115,6 Punkte). Die Eintrübung des Geschäftsklimas liegt vor allem an den Logistikdienstleistern, wogegen die Stimmung unter den Verladern seit der letzten Befragung wieder leicht stieg.
Logistikdienstleister weniger zuversichtlich
Die Einschätzung der Logistikdienstleister verschlechterte sich im Vergleich zum Vorquartal sowohl hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage als auch in Bezug auf die Erwartungen für die kommenden zwölf Monate – der Teilindikator für diese Seite des Marktes sank um jeweils rund 20 Punkte. Das sind die niedrigsten Werte seit dem dritten Quartal 2012. „Sie erreichen beinahe das Normalniveau des Indikators – damals der Beginn einer halbjährigen Flaute“, erläuterte Raimund Klinkner, Vorsitzender des BVL-Vorstands, dazu am Montag.
Die verschlechterte Stimmungslage zieht sich durch sämtliche Faktoren der Erhebung: von der Auftragslage über die Kapazitätsauslastung bis zum geplanten Personaleinsatz. Unwägbarkeiten hinsichtlich verstärkter Grenzkontrollen im Schengenraum machen die Logistikdienstleister laut der BVL derzeit vorsichtig. „Sie erwarten neue kostenintensive Herausforderungen“, sagte Klinkner. Hinzu kämen Unsicherheiten über die Entwicklung der Weltwirtschaft und die Intensität des digitalen Wandels.
Verlader sehen optimistisch in die Zukunft
Die Lageeinschätzung bei den Unternehmen in Industrie und Handel verschlechterte sich zwar leicht gegenüber dem Vorquartal. Allerdings waren die Erwartungen an die nähere Zukunft zuletzt deutlich positiver (plus 17 Zähler). Laut den aktuellen Einschätzungen wird der Bedarf an Logistikleistungen sowohl im Inland als auch grenzüberschreitend steigen. Auch rechnete ein deutlich größerer Anteil der befragten Verlader mit einem Aufbau von Personal- und Sachkapazitäten.
Je nach Wirtschaftsbereich zeichnete die Märzumfrage zum Logistik-Indikator laut Klinkner aber ein sehr heterogenes Bild. „Handel und Konsumgüterhersteller berichten von guter Geschäftslage und besten Perspektiven.“ Die Automobilhersteller und ihre Zulieferer würden hingegen unter dem rückläufigen China-, Südamerika- und Russland-Geschäft leiden. Während der internationale Warenverkehr mengen- und preismäßig auf niedrigem Niveau verharre, eile der Internethandel im Inland von einem Rekord zum nächsten, erklärte er.
Die Unternehmen „fahren auf Sicht“
Die Aussichten für das kommende Quartal beurteilten 22 Prozent der Logistikdienstleister und 28 Prozent der Verlader positiv – und damit deutlich mehr als bei der Dezemberbefragung im vergangenen Jahr. Die guten allgemeinen Konjunkturaussichten in Deutschland dürften auch die Geschäftserwartungen der hiesigen Logistikwirtschaft im weiteren Jahresverlauf zusätzlich beflügeln, schätzt die BVL.
Klinkner fasst die Aussagen von Industrie, Handel und Dienstleistung zur Drei-Monats-Perspektive wie folgt zusammen: „Die Geschäfte werden gut laufen.“ Alle befragten Marktteilnehmer seien kurzfristig optimistischer als im Dezember 2015, langfristig aber pessimistischer. Die sei „ein typisches Phänomen, wenn Unternehmen auf Sicht fahren würden, erklärte der Vorsitzende des BVL-Vorstands. (ag)