Hamburg/Frankfurt/Main. Die Deutsche Bundesbank hat vor Risiken für Banken infolge der schweren Krise in der Schifffahrtsbranche gewarnt. Die Finanzierung immer größerer Schiffe und ein „Absturz der Frachtraten in ungeahnte Tiefen“ stelle ein beträchtliches Risiko für Geldinstitute dar, sagte Bundesbank-Vorstandsmitglied Andreas Dombret am Montag in einer Rede in Hamburg. Mittlerweile betrachte die Bundesbank die Krise der Reedereien aus einem „breiteren Blickwinkel, der die Stabilität des gesamten Finanzsystems im Auge hat“.
Mitte 2012 habe das Volumen aller Darlehen der wichtigsten Kreditgeber der Schifffahrtsbranche etwas mehr als 100 Milliarden Euro betragen, so Dombret. Bisher habe die zumeist robuste Konjunktur den deutschen Banken geholfen, die Probleme aus den Kreditgeschäften mit Reedereien aufzufangen. Seit einiger Zeit würden betroffene Banken dennoch besonders aufmerksam analysiert, so Dombret. Ein Cocktail aus viel zu optimistischen Erwartungen und einer nicht tragfähigen Kreditaufnahme habe zur Krise in der Schifffahrt geführt. Nach dem Einbruch der Weltkonjunktur 2008 stehe die gesamte Branche vor der Aufgabe, ihr Geschäftsmodell in einem schwierigen Marktumfeld zu überprüfen, sagte Dombret.
Die Reeder beklagen umgekehrt, dass die Banken kaum noch neue Schiffskredite vergeben. Das gelte auch dann, wenn ein Schiff weitgehend ausfinanziert oder mit einem langfristigen Chartervertrag ausgestattet sei, so dass für die Bank kaum ein Risiko besteht. Bei einigen Instituten hat sich ein sogenanntes Klumpenrisiko gebildet, so dass nach den Regeln der Finanzaufsicht in diesem Sektor keine neuen Kredite vergeben werden können. Die HSH Nordbank hat zum Beispiel mehr als 30 Milliarden Euro an Schiffskrediten vergeben und ist wegen der hohen Risikovorsorge für diesen Bereich tief in die roten Zahlen geraten. Die Commerzbank hat das Schiffsgeschäft im vergangenen Sommer komplett aufgegeben. Auch bei anderen Banken wie der Nord-LB ist das Neugeschäft weitgehend zum Erliegen gekommen.
Weil die Frachtraten und die Charterraten niedrig sind, die Reedereien finanziell ausgezehrt und die Anleger in Schiffsfonds nichts mehr nachschießen, leidet der gesamte Schifffahrtssektor inzwischen an Geldmangel. Ein Ende der Krise ist nicht absehbar, weil immer noch neue und größere Schiffe auf den Markt kommen, die in guten Zeiten bestellt wurden. Immer mehr Schiffsfonds gehen in Insolvenz oder in die Sanierung oder die Schiffe werden gebraucht verkauft – zum Teil zum Schrottwert. (dpa/bw)