Braunschweig. Die Stadt Braunschweig soll zum Testfeld für neue Mobilitäts- und Fahrzeugtechnologien werden, mit denen der Straßenverkehr sicherer und fließender werden soll. Bis Ende 2013 wird in der Stadt eine flächendeckende Technik-Infrastruktur installiert werden, die später Forschungseinrichtungen und Unternehmen der Autobranche für Tests und die Erprobung neuer Technologien nutzen können. Unter der Regie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) wird dieses Projekt aufgebaut.
Das Spektrum wird von neuen Fahrerassistenzsystemen bis zu fließenden "Grünen Wellen" reichen. "Etwas Vergleichbares gibt es bisher in Deutschland nicht", stellt Professor Karsten Lemmer vom DLR-Institut für Verkehrssystemtechnik fest. Bund und Land Niedersachsen fördern das Projekt AIM (Anwendungsplattform Intelligente Mobilität) zunächst mit rund 15 Millionen Euro.
Bisher würden, so sagt Lemmer, für einzelne, meist kurzfristige Verkehrsforschungsprojekte immer wieder neue und teure Testfelder installiert, die nicht nachhaltig betrieben würden. In Braunschweig soll nun ein dauerhaftes Testgebiet entstehen, dessen technische Infrastruktur für verschiedenste Projekte immer wieder genutzt werden kann.
Beispielsweise ist geplant, bis zu 500 Versuchsfahrzeuge, vom Auto bis zum Linienbus, mit Satellitennavigation und Datenrecordern auszustatten. Sie sollen kontinuierlich die Fahrten, das Verhalten des Fahrers und den Verkehr drum herum erfassen. Ampeln sollen über Funk miteinander und mit heranfahrenden Fahrzeugen kommunizieren. So könnten neue Assistenzsysteme etwa zur Vermeidung von Crashs oder die "energieoptimale" Kreuzung ohne Staus und Stopps entwickelt und erprobt werden. Letzteres sei künftig vor allem für Elektro-Autos mit ihren begrenzten Strom-Reichweiten wichtig, betont Lemmer.
Ein erstes Demonstrationsprojekt ist beim DLR-Institut in Arbeit:
Die intelligente Ampel sendet die Zeitdauer der verbleibenden Grün-Phase und gibt diese per Funk an das sich nähernde Fahrzeug. Das verknüpft diese Information mit seinen Positionsdaten und leitet daraus eine Tempoempfehlung ab, die direkt im Tachofeld des Autos angezeigt wird. Um künftig die Vernetzung verschiedener Verkehrsträger zu fördern, wäre auch eine Anzeige der Abfahrtzeiten von Zügen möglich sowie die verbleibende Zeit, die der Autofahrer noch bis zum Bahnhof hat.
"Wir planen außerdem ein großes Simulationsmodell, das realitätsnah und detailliert das Verkehrsnetz der Stadt und den Verkehrsfluss zu den unterschiedlichsten Zeiten abbildet", berichtet Lemmer. Dafür stehen im DLR mehrere Hochleistungssimulatoren zur Verfügung. Auf denen könnten dann Forscher und Industrieentwickler etwa die perfekte "Grüne Welle" - im Labor testen, bevor sie im realen Braunschweiger Straßenverkehr erprobt werden.
Ein anderes Teilprojekt: Die realitätsnahe - und nicht an der Straßenverkehrsordnung orientierte - Ermittlung des statistisch "normalen Fahrverhaltens" in unterschiedlichsten Verkehrssituationen, Tageszeiten oder Stimmungslagen des Fahrers. Das könnte die Basis für künftige Assistenzsysteme sein, die teilweise auch selbstständig in kritischen Situationen handeln sollen. (dpa)