Billiges Geld sucht Bauherrn

Klaus Finsterwalder hat es gewagt. Der Inhaber von Finsterwalder Transport + Logistik mit Hauptsitz in bayerischen Türkheim baut in Halle/ Saale ein neues Logistikzentrum (siehe Interview). Im September soll die Anlage betriebsbereit sein. Michael Müller hat es auch gewagt. Der von ihm geleitete Logistikdienstleister Kieserling baute in Bremen 32.000 Quadratmeter Hallenfläche für 18 Millionen Euro. Die Anlage läuft bereits. Teilweise nutzt der Logistikdienstleister die Flächen selbst, teilweise sind sie vermietet. Finsterwalder und Kieserling sind zwei Fälle, die eines zeigen: Der Bedarf an modernen Logistikzentren in Deutschland ist ungebrochen. Und: Die Rahmenbedingungen für Immobilienprojekte in der Logistik sind günstig. Das liegt nicht allein am niedrigen Zinssatz von zwei bis vier Prozent, der Bauund Kaufvorhaben erleichtert. Auch für die Zusammenarbeit mit Investoren und Entwicklern stehen die Zeichen nicht schlecht. "Die großen Developer haben viel Geld", sagt Thomas Steinmüller, Vorstand der Unternehmensberatung Capten. Ausländer investieren in Deutschland So bekam beispielsweise Goodman im Februar vom malaysischen Staatsfonds eine Finanzspritze von 500 Millionen Euro - für Logistikprojekte in Deutschland. "Das Interesse an neu entwickelten Anlagen, aber auch Bestandsobjekten in der Logistik ist bei Investoren hoch", bestätigt Jan Dietrich Hempel, Vorstand des Entwicklers Garbe Logistic. Seine Begründung: Logistikimmobilien seien aufgrund hoher Ausschüttungsrenditen attraktiver als andere Anlageklassen. Die Nettoanfangsrenditen bei Logistikimmobilien liegen bei rund sieben Prozent. Was Deutschland für die Investoren so interessant macht, sind neben der zentralen Lage in Europa und der soliden Konjunktur paradoxerweise fehlende Flächen in den logistischen Hot Spots. Wer in Märkten wie Hamburg oder Duisburg geeignete Flächen vorweisen kann, muss sich weder um solvente Mieter noch um das Mietniveau sonderlich sorgen. "An uns wurde ein kurzfristiges Kaufgesuch über 8000 Quadratmeter Logistikfläche in Hamburg herangetragen. Wir mussten passen", beschreibt Erik Alexander Peuschel, Mitglied der Geschäftsleitung des Maklers Engel & Völkers Commercial, die Situation in der Hansestadt. Allerdings ist es nicht immer leicht, mit den großen internationalen Entwicklern ins Geschäft zu kommen. Diese investieren in aller Regel nur in den A-Lagen. Dazu zählen neben Hamburg beispielsweise das Rhein-Ruhr-Gebiet, der Rhein-Main-Raum, Stuttgart, München und teilweise die geografische Mitte Deutschlands rund um Kassel. Die Anforderungen an die Mietlaufzeit für eine neu entwickelte Immobilie liegen bei zehn Jahren - die möglichst durch einen langfristigen Logistikkontrakt mit einem solventen Kunden hinterlegt werden sollte. Das freundliche Marktumfeld und die Menge des zu investierenden Geldes haben die starren Regeln, die sich zahlreiche Investoren in der Finanzkrise gegeben hatten, etwas aufgeweicht. "Seit mittlerweile ein bis zwei Jahren sind wieder spekulative Modelle in der Realisierung", sagt Peuschel. Garbe-Manager Hempel hat zumindest die Bereitschaft zu teilspekulativem Bauen festgestellt. Soll heißen: Die Entwickler bauen in strategisch guten Logistiklagen, ohne die Immobilie vorher komplett vermietet zu haben. "Die Investoren machen auch etwas speziellere Lösungen mit", sagt Hempel. Garbe realisiert beispielsweise ein Projekt in Salzgitter. Das ist zwar nicht gerade ein Logistik-Hot-Spot, aber ein funktionierendes Industriecluster mit hohem Logistikbedarf. In solchen Regionen könne man auch den "vermeintlich sicheren Anforderungskatalog" an Logistikimmobilien anpassen, um den dortigen Bedarf optimal zu bedienen. Beispielsweise, in dem man die Hallen für Deckenkrane auslegt. Angesichts solider Renditen und knapper Flächen sind für Garbe auch Brownfield-Investments kein Tabu. Darunter versteht die Immobilienbranche die Umnutzung von Industrieflächen, die durch Altlastenproblematik und notwendige Abbrucharbeiten weniger attraktiv ist als der Neubau auf der grünen Wiese. Die Zusammenarbeit mit Investoren ist nicht nur etwas für Logistikkonzerne oder Mittelständler mit einem Flächenbedarf ab 10.000 Quadratmetern. Engel & Völkers-Experte Peuschel: "Es gibt lokale Investoren, die bereit sind, in Logistikimmobilien in Paderborn oder Osnabrück zu investieren." Selbst für kleine Flächen ab 1000 Quadratmeter fänden sich Investoren. Insbesondere für Logistikdienstleister ohne eigene Immobilienexpertise kann die Zusammenarbeit mit einem Immobilienentwickler Sinn machen. Dieser hat in der Regel das bessere Wissen über verfügbare Flächen und den Kontakt zu erfahrenen Baufirmen. Allerdings gibt es auch einen Wermutstropfen: Je spezieller die Anforderungen des Logistikers, desto schwerer tut sich der Entwickler. "Wir brauchen Immobilien, die nachvermietbar sind", sagt Garbe-Mann Hempel. Auf Vorgaben, die nur mit erheblichen Umbauten nachvermietbar werden, wird sich ein Investor entweder gar nicht einlassen - oder einen langen Mietvertrag fordern. Nicht länger mieten, als der Auftrag läuft Die Länge der Mietverträge ist ein kritischer Punkt für die Logistikdienstleister. Gerade in der Kontraktlogistik liegt die Vergabedauer nur bei drei bis fünf Jahren. Wenn der Auftraggeber vom Logistikdienstleister dann einen Immobilienstandort in der Nähe der eigenen Produktion fordert, kann es eng werden. Wird der Logistikkontrakt nicht verlängert, steht der Logistikdienstleister mit der leeren Anlage da, die er entweder selbst gebaut und finanziert oder langfristig gemietet hat. Diese Anlage profitabel auszulasten, ist ein Problem. Die Notsituation spricht sich in Windeseile am Markt herum und wird bei Vertragsverhandlungen von den Verladern gnadenlos ausgenutzt. "Logistikdienstleister sind bei Immobilien nicht emanzipiert. Sie reagieren opportunistisch auf Forderungen von Verladern und bauen deshalb nicht immer da, wo es strategisch optimal wäre", bedauert Berater Steinmüller. Dies treffe allerdings für Kontraktlogistiker eher zu als für Netzwerklogistiker in der Stückgut- oder der KEP-Branche. Wer sich nicht über die Länge seines Logistikkontraktes hinaus an eine Immobilie binden lassen will, wird sein Heil eher in der Anmietung einer Gebrauchtimmobilie suchen müssen. Dieser Markt ist nicht in jeder Region einfach - gerade an den Hot Spots fehlt mitunter das Angebot an "brauchbaren Immobilien", so Hempel. Darüber hinaus steht die Bonität des Mieters weniger im Vordergrund als bei einem Entwicklungsprojekt für eine Neuimmobilie. Mittelständler sind als Mieter durchaus gerne gesehen. Sie gelten beim Abschluss von Mietverträgen als pragmatischer als die Logistikkonzerne, die sich an teilweise starre Regeln halten müssen. Die gute Nachfrage nach logistischen Dienstleistungen und der niedrige Zinssatz für Immobilienprojekte erleichtern insbesondere Mittelständlern die Investitionen in die eigene Anlage. "Das ist vernünftig, wenn man strategisches Interesse an einem Standort hat und diesen zum operativen Zentrum für das Unternehmen machen will", sagt Garbe-Manager Hempel. Die Vorteile eines Baus: Der Bauherr kann die Immobilie so ausgestalten, wie es für sein Geschäft optimal ist. Daraus können im operativen Geschäft durchaus Kostenvorteile entstehen. Wer die Individualisierung zu weit treibt, bekommt Probleme, wenn die Geschäftslage doch den Verkauf oder eine Vermietung der Immobilie erfordert. Die Finanzierung eigener Bauvorhaben ist nicht immer einfach. "Es gibt das Geld so günstig wie nie - aber es kriegt nicht jeder", bringt es Steinmüller von Capten auf den Punkt. Gerade bei regionalen Banken fehlt oft das Logistik-Know-how, um das Projekt richtig beurteilen zu können. Das geht im Zweifelsfall zulasten des Kunden. Nach Meinung von Engels- & Völkers-Mann Peuschel sollten die ersten Schritte dennoch immer zur Hausbank führen. Diese kenne zumindest das Unternehmen gut. Peuschel warnt davor, das Kreditvergabeverfahren zu unterschätzen. Eine Hürde sind die Eigenkapitalanforderungen der Banken "Je nach Standort und Bonität werden 20 bis 40 Prozent Eigenkapital gefordert", sagt Peuschel. Kapital, dass eventuell an anderer Stelle fehlen kann.

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