BGL-Jahrestagung

BGL-Jahrestagung Nichts bleibt wie es war Dass Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer an der BGL- Jahrestagung in Mainz letzte Woche teilnahm, ist mittlerweile schon Tradition. Besondere Aufmerksamkeit erzeugte daher ein anderer Gast – zumindest auf der Pressekonferenz. Wer vor – sagen wir mal – zehn Jahren das letzte Mal auf einer Mitgliederversammlung des Bundesverbandes Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) war und nun dem Verband auf der Jahrestagung in Mainz wieder einen Besuch abstattete, der wird sich womöglich verwundert die Augen gerieben und sich gefragt haben: Moment mal, was ist denn hier los? Denn mittlerweile gibt es einige Gäste und Themen, die vor zehn Jahren unvorstellbar gewesen wären. Zwar haben sich die BGL-Delegierten und ständigen Gäste mittlerweile an die Anwesenheit von Peter Ramsauer (CSU) gewöhnt. Seit seiner Wahl hat er alle Tagungen des Verbandes besucht. Aber man sollte sich in Erinnerung rufen, dass das alles andere als selbstverständlich ist. Die Vorgänger von Ramsauer haben sich eher rar gemacht, wenn der BGL eingeladen hatte – was auch daran gelegen haben mag, dass man beim BGL einen direkten Umgangston pflegt und sich ein Bundesverkehrsminister auch schon mal Pfiffe anhören durfte; aber das ist mehr als zehn Jahre her. Ramsauer kam spät am Vorabend direkt von den Sondierungsgesprächen zu einer möglichen Regierungskoalition zwischen CDU/CSU und Bündnis 90/Die Grünen nach Mainz eingeflogen, ließ sich aber die Festgala nicht entgehen. Ohne Frage, er hätte einen guten Grund gehabt, nicht zu erscheinen. Aber Ramsauer war da und – ganz Politprofi – wusste er, wie er das Publikum in seinem Grußwort am nächsten Tag für sich gewinnt: „Ich fühle mich bei Ihnen unglaublich wohl“, sagte der Minister gleich zu Anfang und erntete damit den ersten Applaus. Ramsauer verspricht Kontinuität Natürlich erwarteten die Zuhörer auch eine Einschätzung zu den Sondierungsgesprächen. CDU und vor allem CSU und Grüne in einer Regierung: Noch so etwas, das man sich vor zehn Jahren nur schwer hätte vorstellen können. Allerdings bezweifeln nicht wenige, dass diese Konstellation 2013 Aussichten auf Erfolg hat. Ramsauer gab sich keine Blöße: „Die Gespräche sind keine taktischen Sperenzchen“, sagte er. Es würden mit SPD und den Grünen „ernsthafteste Gespräche“ geführt. Inhalte verriet er nicht, aber zum weiteren Ablauf sagte er, dass noch vor der konstituierenden Sitzung des Bundestages am 22. Oktober entschieden sein soll, mit wem die CDU/CSU eine Regierungskoalition plant. Auch wenn der permanente Wandel offenbar ein Begleiter der heutigen Zeit ist, versuchte sich Ramsauer als Fels in der Brandung und versprach den Unternehmern bezüglich der künftigen Verkehrspolitik „Kontinuität“ und „keinen Politikwechsel“: „Eine Berechenbarkeit und Verlässlichkeit ist notwendig für Ihre Investitionsentscheidungen.“ Das gute Wahlergebnis von CDU/CSU bei der Bundestagswahl sieht er als Bestätigung für die Politik der letzten vier Jahre. Dazu gehört auch die Erhöhung der Finanzmittel für die Verkehrsinfrastruktur, die er als ein zentrales Ziel für die kommende Legislaturperiode nannte. Doch um den Mehrbedarf abzudecken, sei die Haushaltsfinanzierung alleine nicht ausreichend. „Es muss auch eine zusätzliche Nutzerfinanzierung hinzukommen“, so das Plädoyer Ramsauers. Nicht bei der LKW-Maut überdrehen Da schrillten bei vielen Zuhörern die Alarmglocken: Aha, soll also wieder die Melkkuh LKW herhalten. Ramsauer warnte jedoch davor, die positiven Wachstumsprognosen im Straßengüterverkehr zum Anlass zu nehmen, „den LKW zum Zahlmeister zu verdonnern“. Er versprach, dass die neue Regierung bei der LKW-Maut berechenbar bleiben werde. „Wir dürfen und werden bei der LKW-Maut in keiner Weise überdrehen“, sagte der Minister. Was genau das heißt, verriet er nicht. Doch bleibt Ramsauer überhaupt in seinem Amt? Dazu machte er keine Angaben. Er äußerte zum Abschluss seiner Rede nur den Wunsch, „dass wir auf der Jahrestagung 2014 wieder in alter Frische zusammenkommen.“ Ob Ramsauer im nächsten Jahr zum fünften Male dabei sein wird, bleibt also abzuwarten. Gute Chancen auf ein Wiedersehen hat hingegen ein Gast, der bislang noch nie auf einer BGL-Tagung war: die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Andrea Kocsis. Dass auf einer Tagung eines Unternehmerverbandes eine ranghohe Gewerkschaftsvertreterin mit dabei ist, ist an sich schon ungewöhnlich. Dass sie auch an der Podiumsdiskussion (zum Thema Nachhaltigkeit, ebenfalls ein Novum) und an der Pressekonferenz des BGL teilnimmt, eine solche Konstellation wäre vor zehn Jahren ebenfalls unvorstellbar gewesen. Aber: Die Teilnahme von Kocsis hat natürlich schon ihren Grund. Denn es galt, das gemeinsame Bündnis gegen Sozialdumping zu bestärken (siehe VR 29/2013, Seite 15). BGL und Verdi haben dabei zunächst mal die Kabotage im Blick. Auslöser für die ungewöhnliche Allianz sind die vielen LKW, vor allem aus Osteuropa, die in Deutschland unterwegs sind, den hiesigen Unternehmen Aufträge und damit Arbeitsplätze wegnehmen mit dem Einsatz von Fahrern, die nicht nur schlecht bezahlt werden, sondern die auch unter sozial inakzeptablen Bedingungen ihre Arbeit verrichten müssen. BGL und Verdi wollen vor allem eine weitere Freigabe der Kabotage verhindern, wie sie von der EU-Kommission forciert wird. Um dieser Entwicklung einen Riegel vorzuschieben, planen die beiden Bündnispartner eine Veranstaltung mit EU-Abgeordneten im Vorfeld der Europa-Wahl nächstes Jahr, um auf die Problematik Kabotage als einen wesentlichen Verursacher des Sozialdumpings aufmerksam zu machen. Prinzipiell sei das Bündnis für andere Organisationen und Verbände offen, so Wandt. Aber BGL-Hauptgeschäftsführer Karlheinz Schmidt äußerte Zweifel, dass sich Verlader- oder Speditionsverbände der Allianz anschließen. Denn eine Konsequenz der Forderungen sei, dass die Kabotage stärker kontrolliert werde bei den Auftraggebern, den Verladern und Spediteuren. Wandt gestand, dass die Kooperation BGL/Verdi vor wenigen Jahren undenkbar gewesen sei. Aber das gemeinsame Ziel, gegen die schlechten Arbeitsbedingungen der Fahrer vorzugehen, habe beide zusammengeführt. „Es gibt auch keine Bedenken vonseiten der Mitglieder“, sagte Wandt, weil die Unternehmen den Kampf gegen das Sozialdumping unterstützen würden. Viele Veränderungen also beim BGL. Nur auf eines scheint Verlass: die Dominanz der Männer. Zwar wird das durchaus bedauert. Aber dass tatsächlich jemand auf die Idee käme, auf der Jahrestagung einen Antrag für eine Frauenquote zu stellen, wie es Bernd Klug in seiner Dankesrede anlässlich seiner Auszeichnung mit der goldenen Ehrennadel des BGL humoristisch forderte, davon ist man im BGL weit entfernt. Aber wer weiß, vielleicht müssen nur zehn weitere Jahre ins Land ziehen. ❙❚■ Michael Cordes Ramsauer kam direkt von den Sondierungsgesprächen zu einer möglichen Regierung eingeflogen BGL und Verdi planen eine gemeinsame Veranstaltung zum Problem Kabotage