Bericht aus Berlin

Bericht aus Berlin Digitale Infrastruktur und der Rest Bei der Aussprache Verkehr und digitale Infrastruktur gab Alexander Dobrindt seinen Minister-Einstand im Bundestag. Die geschrumpfte Opposition gab sich harmlos. Lässig und gut gelaunt präsentierte sich der neue Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) während seiner ersten Rede als Ressortchef im Bundestag. Was die Grünen-Abgeordnete Tabea Rößner an dessen Vereidigung im Dezember erinnerte. „Hier ist ein Mann, der es gar nicht erwarten kann, Minister zu werden“. Dobrindt sprach gleich zu Beginn vom „Bundesministerium für Mobilität und Modernität“, um eigene Akzente zu setzen. Der Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, so die aufgrund der Erweiterung veränderte Amtsbezeichnung, unterschied bewusst zwischen der „digitalen Infrastruktur“, der er sich in seiner Rede ausführlich widmete, und der „klassischen Infrastruktur“, also den Verkehrsträgern Straße, Schiene, Wasserweg. CDU/CSU-Fraktionsvize Arnold Vaatz sprach später über das „Brot- und Buttergeschäft der Verkehrspolitik“, die nicht in den Hintergrund geraten dürfe. Bei der digitalen Infrastruktur sei eine „Aufholjagd“ nötig, sonst gerieten Deutschland und Europa in Gefahr, technisch abgehängt zu werden, betonte Dobrindt. Er bekräftigte, dass die LKW-Maut Schritt für Schritt ausgeweitet werde. Konkrete Hinweise auf die geplante PKW-Maut, die nur Ausländer belasten soll, gab der CSU-Politiker nicht, dem der Koalitionspartner SPD den Beifall an dieser Stelle versagte. Union und SPD demonstrieren Einigkeit Die LKW-Maut werde „auf alle außerörtlichen Bundesfernstraßen ausgedehnt und die zusätzlichen Einnahmen sollen eins zu eins in die Infrastruktur investiert werden“, bekräftigte auch SPD-Fraktionsvize Sören Bartol. Bei den Infrastrukturinvestitionen gelte der Grundsatz Erhalt vor Neubau. Trotz der Differenzen bei der PKW-Maut reichte Bartol demonstrativ die Hand: „Herr Dobrindt, wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Ihnen“. Kirsten Lühmann, Bartols Nachfolgerin als verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, widersprach „ganz ausdrücklich“ der Parteiikone Helmut Schmidt, der einst als Kanzler den Satz prägte: „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen“. Lühmann hielt dagegen: „Wer Visionen hat, sollte Infrastrukturpolitik betreiben, am besten mit dieser Bundesregierung“. Auch die zahlenmäßig kleine Opposition kam in der bald zweistündigen, ohne Polemik oder Bosheiten geführten Debatte zu Wort. Die Verkehrspolitikerin der Linken, Sabine Leidig, beklagte endlose „LKW-Lawinen …mit immer mehr Lärm, Dreck, Staus und kaputten Straßen“. Dieser „Transportwahnsinn“ müsse zugunsten einer regionalen Strukturpolitik beendet werden, die kurze und ortsnahe Transportwege begünstige. Der verkehrspolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Stephan Kühn, erinnerte an die Bodewig-Kommission, die einen zusätzlichen Sanierungsbedarf bei der Infrastruktur von gut sieben Milliarden Euro jährlich festgestellt hatte. Davon sei im Koalitionsvertrag leider keine Rede. Da die Klimapolitik bei Schwarz-Rot kaum eine Rolle spiele, befürchte er „vier verlorene Jahre in der Verkehrspolitik“. Alle beklagen den Geldmangel Immerhin, auch Koalitionspolitiker räumten ein, die zur Verfügung stehenden Infrastrukturmittel könnten höher sein. Der neue verkehrspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Ulrich Lange, lobte zwar die geplante Aufstockung von fünf Milliarden Euro in den nächsten vier Jahren, sprach aber auch von der „nicht gerade üppigen Ausstattung in der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung“. Deutlicher wurde Fraktionskollege Vaatz: „Wir wissen alle – das sage ich hier ausdrücklich –, dass wir im Infrastrukturbereich unterfinanziert sind“. ❙❚■ Jörg Kürschner, VR-Korrespondent in Berlin Das „neue“ BMVI Das seit Dezember von Ressortchef Alexander Dobrindt geleitete Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) geht zurück auf das 1949 gegründete Bundesministerium für Verkehr. 1998 wurde dieses von der rot-grünen Regierung mit dem Ministerium für Bau- und Wohnungswesen zusammengelegt und hieß fortan Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW). 2005 wurde es von der großen Koalition umbenannt in Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS). Dobrindt ist der 17. Verkehrsminister. jök Beim Thema PKW-Maut bleibt der zustimmende Applaus des Koalitionspartners aus